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Im sorry Dave, Im afraid I cant do that – KIs und Spiele

Immer wenn eine neue Technologie im Mainstream angekommt oder es zumindest den Anschein erweckt, sie könnte dies tun, hat dies auch Auswirkungen auf die Spieleszene. Selbst so obskure Dinge wie Blockchain oder Krypto haben die Spieleszene das eine oder andere mal tangiert. AIs/KIs sind da keine Ausnahme.

Die Frage für mich ist erst einmal :  Kann man AIs für die Spieleentwicklung nutzen? Dabei möchte ich die Möglichkeit „AI-Mitspielende“ einmal ausklammern, da auch hier die Grenzen zwischen „AI“ und „Bots“ fließend sind und es Bots nun ja schon länger gibt. Es hat ja länger gedauert, bis anständige Hybride erschienen sind, die aus den Möglichkeiten der modernen Smartphone/Tablet-Technologie sinnvolles machen. Gehts bei AIs schneller? Das wird man natürlich sehen müssen, im Moment sind wir in der „Schnellschuss“-Phase jeder neuen Technologie, bei der erstmal irgendwie versucht wird, die neuen Möglichkeiten einzubauen, anstelle etwas zu entwickeln, dass auf den neuen Möglichkeiten basiert. Zwei aktuelle Beispiele demonstrieren das deutlich:

In Pictionary vs AI versuchen die Spielerinnen zu erraten, ob eine AI ein Bild errät. Ich würde ja sagen, dass man nicht mehr als diesen Satz schreiben muss, dass dieser Satz In Pictionary vs AI versuchen die Spielerinnen zu erraten, ob eine AI ein Bild errät für sich steht, dass man tatsächlich spürbar dümmer wird, wenn man den Satz liest, aber offensichtlich hat eine Markentingabteilung diesen Titel mit dieser Beschreibung durchgewunken, also der Hinweis: Das „Spiel“ nimmt alles was an Pictonary potentiell Spaß macht, raus und ersetzt es durch den Tipp ob ein Computerprogramm ein Bild erkennen kann. Was vor allem Zufall ist, weil man ja nicht weiß, woran diese AIs Bilder erkennt.

Keinen Schritt weiter geht die neue (angekündigte) Version von Rankster: Hier rät man wie die AI drei Personen (fiktiv oder real) in einem bestimmten Zusammenhang rankt. Auch hier ersetzt die AI den Teil des Spieles der Spaß macht: Die Überlegung, ob Mahatma Gandhi oder Marie Curie bessere Imker wären als Taylor Swift und ob das die anderen auch so sehen. Man könnte sogar argumentieren, Rankster ist eine noch schlechtere Anwendung als Pictonary, könnte letztere zumindest noch einen kurzen Überraschungsmoment bieten. was die AI noch erkennt (oder eben nicht). Ein Ranking dreier Personen durch eine AI ist schlicht eine Zufallsreihenfolge, die man zu erraten versucht.

Beide Beispiele machen denselben Denkfehler: Sie setzen die AI ein, um den Teil zu entfernen, in dem die Spielenden agieren. Die AI nimmt den Spielenden hier quasi die „Arbeit“ ab. Nur ist die „Arbeit“ hier eben keine Arbeit sondern die Spielhandlung,ergo der Teil, der Spaß macht. Anders ausgedrückt: Der Teil, der bei einem anderen Produkt durch die AI übernommen wird, um die Tätigkeit zu verinfachen, ist hier genau der Teil, der nicht vereinfacht werden soll, weil sonst das Spiel keinen sinn mehr hat. Eine AI in einem Spiel müsste eine andere Aufgabe haben: Entweder die Übernahme von Admin oder spontanes Erzeugen von überraschenden Ereignissen zum Beispiel. Eine AI sollte in einem Spiel das Spielprinzip nicht ersetzen, sondern erweitern. Diesen Sachverhalt nicht zu verstehen ist ein Denkfehler, der von einer AI hätte kommen können.

Natürlich denken die meisten beim Thema AI an Graphiken. Viele Firmen – insbesondere kleinere – nutzen gerne AIs um gerade bei graphikintensiven Spielen Geld zu sparen. Das Argument „ohne Midjourney & Co könnten wir kein Spiel produzieren“ wird gerne genutzt, um den AI-Einsatz zu rechtfertigen.  Ausgerechnet Wizards of the Coast fiel gerade auf Twitter mit offensichtlich AI-generierten Graphiken auf, die für Promomaterial erstellt wurden. Dabei ging es explizit um Magic: The Gathering, dem Goldesel unter den Spielen und vor allem ein Spiel, dass die Illustrator*innen der zahlreichen Karten durchaus in den Mittelpunkt stellt und etwa Autogrammstunden organisiert. Wenn es einen Verlag gibt, der es eigentlich besser wissen müsste, dann Wizards. Entsprechend hoch war der Backlash, infolge dessen Wizards die Graphiken löschte, sich dazu genötigt fühlte ein Statement abzugeben und Starzeichner Dave Rapoza aus Protest seine Arbeit für den Verlag einstellte. Der Verlag berief sich darauf, dass die Graphiken von einem Illustratoren mit einem AI-Tool hergestellt wurden, also wo ein Zeichner die AI nur als Werkzeug genutzt hat. Auf den ersten Blick ist die Grenze zwischen AI-Graphik (mit jemanden, der immer genauere Prompts erstellt) und AI-Tool fließend. Allerdings kann man prinzipiell dieselbe Grenze ziehen, wie bei den Spiele oben:  Ein Tool erleichtert die Arbeit, automatisiert die Teile, die sonst schwierig zu erstellen sind und vor allem erweitert die Möglichkeit des Menschen, der ein Bild malen will. Sie nimmt der kreativen Person die Teile ab, die keine Freude bereiten. Eine AI dagegen automatisiert genau diesen kreativen Prozess, den Prozess der Freude bereitet, den Teil, den ein Mensch gut kann. Für den Verlag vermag der seelenlose, freudlose Prozess das Bezahlen von Menschen sein, der von einer AI obsolet gemacht wird – was dann auch die Philosophie des betreffenden Verlages deutlich macht.

ciao

peer

 

 

 

 

 

Peer Sylvester
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