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Mlem: Schachtel

Mlem -Die Astrokatzen

Autor: Reiner Knizia

Verlag: Rebel / Asmodee

Für 2-5 Spielende ab 8 Jahren

Spieldauer: 30-60 Minuten

Die spielbar mit Katzencontent! Die Astrokatzen aus Mlem sind in Berlin gelandet, wo sie ihre schwierigste Mission bewältigen müssen: Gegen Can´t Stop zu bestehen.

Georgios hatte vor kurzem beklagt, dass Spiele zu oft mit anderen Spielen verglichen werden, statt sich darauf zu konzentrieren, was die die Spiele eigentlich auf den Tisch bringen. Ich stimme dem theoretisch zu, ignoriere das aber aus Prinzip trotzdem. Wenn ein Spiel mit einem Can´t Stop – Mechanismus auftaucht, möchte ich schon wissen, warum ich nicht einfach Can´t Stop spielen soll. Außerdem bieten Can´t -Stop– Spiele sowieso immer und grundsätzlich alles dasselbe: Man wird verleitet zu überbieten, man macht mehr, als man eigentlich sollte und dann Bäm!– Schlägt das Schicksal zu und Schadenfreude und so. Oder umgekehrt: Es klappt wider Erwarten und Bäm! – man hat einen großen Coup gelandet. Hähä- Nehmt das Mitspielende!

Mechanisch orientiert sich Mlem aber nun nicht nur am Namensgeber des Genres (Würfel werfen und rechtzeitig aussteigen, sonst verliert man alles in der Runde erreichte), sondern vor allem auch an Celestia/Cloud 9 (das wiederrum aus Diamant und Game of Greed entstanden ist). Das bedeutet vor allem, dass man nicht nur für sich alleine würfelt, sondern dass immer alle mitgenommen werden und das eine wesentliche Spielentscheidung darin liegt, wann man aussteigt bzw. wie lange man dem aktuell Würfelenden vertraut, den Karren (bzw das Raumschiff) voranzubringen: Wenn keine passende Zahl gewürfelt wird, stürzen alle ab. Ausgestiegende verbleiben aber da, wo sie ausgestiegen sind. Ja, diese Struktur ist schon sehr dich an Celestia dran (sorry, Georgios).

Auch von der Ausstattung her erinnert Mlem an Celestia (Sorry, Georgios): In beiden Fällen haben wir es mit einem eigentlich einfachen „Hoffen&Bangen“-Spiel zu tun, dass für Puristen eigentlich mehr als Genug Emotion und Zock beinhaltet, dass jedoch mit einer Menge Zeugs und einer Menge Material vermeidlich aufgewertet wird. Das Zeugs erschwert den Zugang zum Spiel etwas, zum Glück  wurde die gute Entscheidung getroffen, einen Teil der Regel in optionale Module auszulagern. Das Grundspiel ist erst einmal solide genug, um Lust auf mehr (ergo: Die Module) zu machen, ohne sich selbst im Wege zu stehen.

Das Material ist natürlich schick, kommt aber ebenso natürlich mit einem Preis. Gut, dank hoher Auflage liegt dieser unter 40€, aber so ganz kann man den Eindruck nicht abschütteln, dass die Spielidee auch in eine sehr viel kleinere, unauffälligere Schachtel gepasst hätte, wo sie eventuell eher von der Zielgruppe mitgenommen worden wäre – So wie es die Heckmeck-Reihe bei Zoch geschafft hat (Sorry, Georgios). Die Gefahr einer großen Schachtel mit viel Material und vielen (wenn auch z.T. optionalen) Regeln ist immer, dass auch ein entsprechend schweres Spiel hinter dem Material erwartet wird- was Mlem nun definitiv nicht ist. Tatsächlich ist Mlem ziemlich genau das, was man sich ein CelestiaCant-Stop-Spiel (Sorry, Georgios) von Reiner Knizia vorstellt:

Alle fahren mit, aber alle dürfen entscheiden mit welcher Katze sie mitfahren und alle haben leicht unterschiedliche Eigenschaften  (die Katzen, nicht die Mitspielenden).

Captain Katze würfelt und versucht bestimmte Zahlen zu treffen. Gelingt das: Juchu! Das Raumschiff bewegt sich vorwärts, aber die entsprechenden Würfel gehen weg. Außer die eine besondere Zahl, die Würfel nicht verschwinden lässt. Das sorgt nicht nur für Spannung, sondern auch für bemerkenswert unterschiedliche Verläufe: Manch Kater kommt kaum aus dem Muspott, der nächsten Katze gelingt dagegen alles, ohne dass Würfel verloren gehen.

Mlem Spielsituation, Rakete auf erstem Feld es werden 4 Einsen gewürfelt.
Wir wollen hoch hinaus, aber wir verlieren gleich vier Würfel um lediglich 4 Felder zu schaffen. Das reicht nicht mal, um die Umlaufbahn zu verlassen!

Siegpunkte gibt es für erreichte und auch tatsächlich betretende Ziele, manche sofort, manche ermöglichen das Erfüllen von Aufträgen und bei Spielende gibt es noch eine Mehrheitenwertung für Planetenbesucher. Das ergibt insbesondere für eine geringe Mitspielendenanzahl keinen ganz eng sitzenden Wertungsanzug, sondern wirkt ein paar Nummern zu groß. Nicht weil es zu kompliziert für diese Art Spiel wäre (die Wertungen sind einfacher als einige der Sonderfähigkeiten bei ähnlichen Spielen), sondern weil vieles kaum oder gar nicht richtig genutzt wird. Selten kommt es tatsächlich zu einem Wettkampf auf einem Planeten, nicht alle Aufträge werden erfüllt und auch die Katzenfähigkeiten kommen z.T. deutlich weniger zu tragen, als erwartet. So wirken die Regeln nicht passgenau – für ein Kniziaspiel schon ungewöhnlich. Vor allem aber trennt das Spiel die Emotion von der Endwertung. So schön die Punktechips auch sind, so unübersichtlich sind diese und daher endet das Spiel mit einem längeren Zusammenzählen von Punkten. Eine schlichte Siegpunktleiste hätte die Dramaturgie bis zum Ende halten können (gerade weil die Planeten erst am Ende Punkte abwerfen, fühlt man sich nicht wirklich abgehängt), so wie es ist,  folgt auf die Emotionsachterbahn des Spieles eine reine Buchhaltungsphase. Selbst wenn man sich für das eigene Abschneiden interessiert, ist das Ausrufen der Punktestände am Ende antiklimatisch. Das ist so als würde die Achterbahn der Gefühle nicht mit einer Steilkurve enden, sondern mit einer langen Geraden, in der man 10 Minuten lang im Schritttempo vor sich hin tuckert, bevor man aussteigen darf.Das Zusammenzählen von extrem unübersichtlichen Punktechips passt mMn nicht zum emotionalem Spiel davor. Hier haben wir wirklich den  Bruch zwischen Spiel und Spielendewertung, der so gerne bei Eurogames bemängelt wird (dort aber eher passt, weil diese Spiele ja eh auf Punkteoptimierung ausgelegt wurden). Meist sind die Punkteabstände gering (logisch, weil ja alle zusammen auf KaperRaumfahrt fahren), aber da man während der Partie aufgrund der Streuwertung keine Ahnung hat, wo man steht, werden die Punkte eher zur Kenntnis genommen, anstelle dass man der Wertung entgegenfiebert. Ein „Schaff ichs noch?“ á la Cant Stop (Sorry Georgios), fehlt hier deswegen.

Dieser emotionale Bruch mag zwar mein größter Kritikpunkt an Mlem sein, aber es ist kein Dealbreaker, Knizia hat wieder durchaus solides abgeliefert. Allerdings fragt man sich schon ein  wenig, warum die Module einfach nur „More of the same sind“: Geheime Aufträge, zusätzlich zu den offenen oder Plättchen, die auf bestimmten Feldern Sondereffekte oder Siegpunkte bringen, wenn man dort landet, vergrößern den Siegpunktsalat zwar, verfeinern ihn aber nicht. Nur durch das Ufo werden die Ausgangslagen vor den einfachen Flügen etwas (sic) asymmetrischer, was dem Spiel guttut.

Mich amüsiert übrigens enorm, dass der Titel nirgendwo aufgelöst wird (nein, es ist NICHT die Organsiation, die Katzen ins Weltall jagd). Hier hilft nur Captain Suchmaschine!

 

 

 

 

Peer Sylvester
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