spielbar.com

Spaß is just a four letter word

Die Frage „Macht das Spiel Spaß?“ hat einen schlechten Ruf.

Eine der neueren Kritikpunkte ist, dass „Spaß“ nicht das einzige Kriterium sein darf, an dem Spiele gemessen werden. Das wird damit begründrt, dass Spiele ja auch andere Enotionen fördern können: So werden insbesondere in den Diskussionen um „Serious Games“ auf Spiele hingewiesen, die bei den Spielenden Frust oder Wut produzieren sollen. Und natürlich wird auch Brenda Romeros Trains genannt, das Performance Art – Projekt, das auf den Schockeffekt bei der Aufläsung setzt. Ich stimme diesen Argumenten oft zu, bin aber mittlerweile nach fast 20 Jahren Tätigkeit als Spieleautor wieder am Anfang gekommen: Trotz aller Intention und Kunst:  Spaß bleibt zentral für ein Spiel. Der Wiederspruch liegt dabei in der begriffliche Unschärfe des Begriffes „Spaß“.

Vergleicht man Spielen mit einem anderen Medium, so merkt man, dass dort der Begriff des „Spaßes“ eine wenn überhaupt nur untergeordnete Rolle spielt: Man kann sich in ein Buch vertiefen, weil es spannend ist, weil es leicht ist, weil die Prosa gefällt oder das Thema interessant ist. „Ich lese das Buch nur aus Spaß“ heißt eher, dass einem keine Begründung einfällt; man fragt nicht nach dem „Spaßfaktor“ eines Buches. Anders bei Spielen: Ich habe Spaß an Descent, Schach oder Tabu, obwohl die Quelle des Spaßes genauso unterschiedlich ist wie die Freude an Per Anhalter durch die Galaxis, Herr der Ringe oder Die verlorene Stadt Z. Tatsächlich steht „Spaß“ in allen Fällen einfach nur für positiv empfundenes, emotionales Feedback, anders ausgedrückt: Für die Motivation ein Spiel zu spielen. Ob man das anders oder genauso nennt wie die Freude am Lesen eines Buches ist dabei völlig Banane.

Insofern ist die Eingangsfrage nicht deswegen ungünstig, weil sie Dinge unter den Tisch fallen lässt oder gar das Kulturgut Spiel auf simple Kindereien reduziert, sondern weil sie unpräzise ist. „Spaß“ wird leider oft mit „kindlichem Spaß“ gleichgesetzt. Und natürlich ist die Freude an einem komplexen Euro nicht dasselbe wie Spaß mit „Pie Face“. Das dennoch beides mit demselben Wort beschrieben wird, ist unsere Sprachunschärfe – und etwas an dem sich Kulturbeschreibende schon seit Urzeiten die Zähne ausbeißen: Man denke an die Unterscheidung zwischen E und U – Musik oder der Diskussion, ob Kinderbuchautor:innen den Literaturnobelpreis bekommen sollten. Das heißt nicht, dass man die unterschiedlichen Arten von Spaß alle gleichsetzen sollten, sondern im Gegenteil, genauer benennen, was es ist, dass Spaß bereitet.

Vor allem  aber muss klar sein, dass ein Spiel eine Motivation bieten muss, sich damit wiederholt zu beschäftigen. Das kann ganz explizit auch eine Beschäftigung mit einem Thema oder auch die Herausforderung sein, die ein frustrierendes oder besonders schwer zu gewinnenes oder gar unfaires Spiel bieten kann (wohl wissend, dass nicht alle Leute auf alle Spaßquellen gleich oder überhaupt anspringen). Ganz ohne eine solche Spaßquelle kommt aber kein Spiel aus. Das oben erwähnte Trains etwa, wird nicht noch einmal gespielt, wenn der Twist bekannt ist – es macht dann keinen Spaß mehr (und soll es ja auch nicht, der Zweck dieses Spieles ist es ja nicht, mehrfach gespielt zu werden). Ein anderes Spiel ist die Painstation, bei der man beim Spielen Schmerz verspürt. Spaß macht das nicht. Und zwar wird es gerne einmal aus Neugier ausprobiert, aber eben nicht dauerhaft gespielt. Auch hier ist also die Frage nicht : Macht es Spaß? Sondern: Will das Spiel häufiger gespielt werden?

Diese Präzisierung mag man als rein intellektuelle Übung bezeichnen, aber als Autor stelle ich immer wieder fest, dass mir bei „Konzept-Ideen“ oft der Spaß-Teil fehlt. Selbst mit ambitionierteste Projekte will sich aber erst einmal beschäftigt werden, sonst stehen sie im Schrank und werden bewundert und ob ihrer Ausrichtung gelobt, aber nicht gespielt. Denn dazu ist Spaß in irgendeiner Form nötig.

Das ist nichts anrüchiges.

ciao

peer

 

 

Peer Sylvester
Letzte Artikel von Peer Sylvester (Alle anzeigen)