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[Plagiatswatch] Bamboo Bash und mehr Negatives von Kickstarter

Es ist die alte Geschichte: Ein Verlag -in diesem Fall Mayday Games – hat ein erfolgreiches Produkt – in diesem Fall Toc Toc Woodman (auch Tac Tac Jack)  – im Programm. Dann verlieren sie die Lizenz an die Konkzrrenz und bringen dann eine leicht veränderte Auflage auf den Markt – In diesem Fall Bamboo Bash und der „Markt“ ist Kickstarter. Die erste Kampagne lief den Machern zu langsam an und wurde gestoppt, aber eine weitere soll Ende März starten, weswegen ich das hier einmal aufwerfen möchte. Das es sich um eine Bearbeitung des Spieles handelt, wird sogar in den verlinkten Rezensionen beschrieben: Es handelt sich um ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem (je nach Version) mit einer Axt oder einem Hammer gegen einen Stapel Baumteile geklopft wird. Haut man gerade richtig, rutschen Rindenteile ab, die Punkte bringen. Haut man zu wenig, passiert nichts und der Zug ist zu Ende. Haut man zu stark, fällt der ganze Baumring ab und es gibt Minuspunkte.

Die Änderungen beschränken sich nun auf größeres und potentiell besseres Material (schwer zu sagen, ohne es zu kennen) und eine Wertungsänderung: Zusätzlich zur Wertung des Originals zählen bestimmte Rindenteile mehr. Das dürfte kaum genug sein, um als eigenständiges Werk gelten zu dürfen. Nun ist es einmal so, dass das Amerikanische Urheberrecht hier bereits kleineren Änderungen genügend Varianz einräumt, um als Eigenständig zu gelten – Inwieweit ein Internationaler Kickstarter sich aber in allen Auslieferländern nach Amerikanischen Recht richten kann, weiß ich nicht (vermute aber stark , dass in jedem Auslieferland das Inlandsrecht beachtet werden muss). Aber selbst nach deutschem Recht ist die Schöpfungshöhe des Originales vermutlich nicht höher als eine „kleine Münze“. Auch Toc Toc Woodman könnte als Variante von Spielen wie Bash und Daruma Otoshi aufgefasst werden, bei denen sozusagen die Rinde fehlt und die Scheiben rausgehauen werden müssen. Sicherlich ist die Änderung zwischen diesen Spielen und Toc Toc Woodman größer und vor allem eigenständiger (es wurde ein ganz neues Element zugefügt, aus dem sich ein neues Spielgefühl ergibt), als zwischen Bamboo Bash (bei der man dasselbe tut und nur anders punktet) und dessen Vorlage. Bei einer kleinen Münze reichen aber kleine Änderungen aus, um daraus ein Nicht-Plagiat zu machen. Rechtlich ist daher der Version vermutlich nicht beizukommen. Allerdings wird Bamboo Bash offiziell von Imperial Publishing vertrieben – und dahinter stehen exakt dieselben Leute wie hinter Mayday Games. Kickstarter schätzte diese Dopplung in der Vergangenheit nicht. Hier halte ich ein Eingreifen seitens Kickstarter sogar für wahrscheinlicher als in der grauen Zone der Plagiatsdebatte seitens Bamboo Bash.

 

Ein anderer Kickstarter hat aber vor kurzem ein ganz anderes Problem offen gelegt: Die Flügelschlag-Autorin Elizabeth Hargrave kritisierte, dass die Frauen auf dem over von Tiny Epic Dungeons sexualisiert dargestellt wurden. Das gab eine längere Diskussion auf Boardgamegeek. Der Verlag reagierte und änderte das Cover entsprechend. Auch wenn man sich natürlich wünschen würde, dass eine solche Kritik unnötig wäre, weil Verlage gleich auf die Darstellungen auf ihren Covern achten, wäre die Sache ein Positiv-Beispiel für den Umgang mit Kritik. Aber die Geschichte ist natürlich nicht zu Ende.

Wer sich den oben verlinkten Thread durchliest, bemerkt, dass viele Posts gelöscht wurden. Boardgamegeek hat mittlerweile die Moderation verschärft, was absolut notwendig geworden ist. Gerade in den USA (aber nicht nur – siehe Reaktionen im Fall Tascini) wollen Rechtskonservative und Faschisten den Kulturkampf in Hobby-Foren tragen. Die Empörungskultur von rechts nutzt mittlerweile jeden Anlass um über vermeidliche Cancel-Culture zu reden, was vor allem bedeutet: Diversität abzulehnen. Es wurde in zahlreichen Untersuchungen belegt, dass gegen massives Troll-Tum nur gute Moderation hilft. Also ist auch hier der Schritt der BGG-Moderatoren zu begrüßen stringenter einzugreifen. Besonders penetrante und aggressive Trolle wurden auf BGG mittlerweile gesperrt. Das Problem: Viele davon sind auf Kickstarter abgewandert und haben in die Kommentare des Kickstarters gepostet. Dort bleiben sie unbehelligt. Das Problem: Um zu verhindern, dass Projektgründer unliebsame Kommentare (z.B. über Probleme bei der Auslieferung alter Kickstarter) einfach löschen, können Projektgründer die Kommentare unter ihren Kampagnen nicht moderieren. Früher war es wohl so, dass Projektgründern Kommentatoren ihren gezahlten Betrag zurückzahlen und den Kommentar dadurch löschen konnten, aber das ist nicht mehr möglich. Dadurch hat sich der Mob jetzt in den Kommentaren festgesetzt, Als Resultat organsieiren sich die Trolle jetzt dort: Man findet Boykott-Aufrufe gegen Hargraves (auf Twitter sind auch Bedrohungen dazu gekommen), Aufrufe, um die „Bgg Moderatoren so lange zu trollen, bis sie die Bans aufheben“ und auch Kommentare wie diesen hier: „Minderheiten und Frauen wollten in unser Hobby. Wir haben OK gesagt und jetzt machen die alles kaputt!“ Gamely Games, der Verlag hinter Tiny Epic Dungeons, kann nicht mehr machen, als zur Mäßigung aufrufen (was sie auch getan haben, wenn auch mit Verzögerung) und muss dem Treiben ansonsten zuschauen. Moderieren kann nur Kickstarter selber, aber wie auch bei fragwürdogen Kampagnen, wird auch hier nur bei offenen Gewaltaufrufen und eindeutiger Beleidigung dritter eingegriffen (wenn überhaupt).

Auch wenn die Kampagne vorbei ist: Das ist ein Problem. Es gibt nichts, was den rechten Mob hindern würde, die Kommentarfunktion von Kickstarterprojekten zu nutzen, um gegen Minderheiten zu hetzen oder Trollattacken zu organisieren. Das kostet in den meisten Fällen gerade einmal 1$ (um kommentieren zu können, muss man Backer sein). Oder auch gar nichts, wenn die Kommentartoren kurz vor Schluss ihren Betrag wieder abziehen – der Kommentar wird dann zwar gelöscht, aber der Schaden kann dann schon entstanden sein. Man muss kein Prophet sein, um sich vorstellen zu können, dass eine solche Attacke gegen Minderheiten gerade in den ersten Tage belastend genug ist, um Kampagnen abbrechen zu lassen und um Existenzen zu gefährden. Kickstarter muss hier unbedingt eine Lösung finden!

ciao

peer

 

Peer Sylvester
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