spielbar.com

Titel

Vergangene Woche gab es Verwirrungen um einen Spielenamen: Ist es sinnvoll einem Spiel einen bereits vergebenen Namen zu geben? Ich glaube allerdings nicht, dass EU-Sozialkomissar Andor etwas dagegen hat, dass die Legenden von Kosmos nach ihm benannt wurden…

Kleiner Scherz.
Natürlich ging es um Port Royal. Es könnte ja sein, dass jemand die Neuauflage von Händler der Karibik mit dem alten Running Wild – Album verwechselt. Oder dem Theaterstück. Oder der Hafenstadt. Oder gar mit dem alten Queen Spiel desselben Namens.

Das mehrere Spiele aus verschiedenen Generationen denselben Namen tragen, ist kaum zu vermeiden. Insbesondere bei Ortsnamen (Manhattan, Venecia) herrscht Gedrängel, bei berühmten Schlachten sowieso (Waterloo, Ghetysburg). Aber auch andere typische Titel werden mehrfach vergeben. Ich besitze  u.a. zwei Spiele mit dem Titel Black Box (Es waren sogar einmal drei, aber das MB-Spiel war ziemlicher Mist), zwei Barbarossas, zwei Janusse (Janusata? Janussi?) zweimal Atlantis und zweimal Flowerpower. Hinzu kommen noch solche Perlen wie Flux und Fluxx oder Der Herr der Ringe – die zwei Türme – Das Kartenspiel (wobei ich Der Herr der Ringe – die zwei Türme – Das Brettspiel nicht besitze, aber es besitzen könnte).

Rein rechtlich ist die Frage des Titels eine Frage des Markenschutzes. Das bemerken inbesondere kleinere Verlage ab und an, wenn ein größerer Verlag sich einen Titel schützen lässt und der Kleinverlag seinem Spiel einen anderen Namen gibt. So geschehen bei Online von Franjos (unbenannt in Offline) oder Netzwerk von Perlhuhn (toleriert von Jumbo). Aber auch Die Siedler von Catan bekamen den Titelschutz zu spüren: Die digitale Version heißt Catan- Die erste Insel, weil Die Siedler von Catan zu dicht an der Computerspielreihe Die Siedler dran waren. Wird der Titel nicht extra geschützt, ist er es meines Wissens auch nicht (ich ag mich irren, aber m.E. fallen Titel nicht unter das Urheberrecht).

Es ist natürlich sinnvoll, dass nicht mehrere Spiele mit demselben Titel gleichzeitig auf dem Mark sind (so wie es 1991 mit Columbus geschah), da die Käufer dann verwirrt werden. Wobei auch da feine Unterschiede sind: Jumbo konnte Perlhuhn geflissen ignorieren, denn letzterer Verlag hat ja nun eine sehr kleine, spezielle Zielgruppe, die den Unterschied sicherlich genauso richtig einschätzen können, wie den zwischen dem Computerspiel Port Royale und dem Kartenspiel Port Royal.

Bei Dopplungen mit äteren Titeln ist die Sache schwieriger. Wie oben geschrieben, lassen sich diese Dopplungen kaum vermeiden, will man Bandwurmnamen wie bei den Herr-der-Ringe-Spielen vermeiden. Immerhin wecken Titel Assoziationen und wenn das Spiel, diese erfüllt, ist der Titel sinnvoll. Ich habe mich hier näher damit befasst und will das nicht alles wiederholen). Eine Assoziation mit einem bestehenden Spiel kann durchaus  negativ sein – entweder weil das andere Spiel negativ in Erinnerung ist, und man diese Erfahrung unbewusst überträgt (Ging mir mit dem Spiel Zahltag von Ravensburger so) oder weil man sich ärgert, dass ein anderes Spiel es wagt, denselben Titel zu benutzen. Daher will die Verwendung eines alten Namens gut überlegt sein. Die Fragen sind: Wie generisch ist der Titel? Und vor allem: Wie bekannt war das andere Spiel?

Netzwerk war so ein Fall: Der Bekannheitsgrad ist niedrig, eine Neuverwendung daher problemlos. Ähnliches gilt für das Kartenspiel Bluff, dessen Existenz kein Hinderungsgrund für das gleichnamige Würfelspiel war. Umgekehrt würde kaum jemand sein neues Spiel Schach nennen, auch wenn rein rechtlich wohl nichts dagegenspräche (vermutlich würde er den Titel aber nicht schützen lassen können). Zu groß die Verwechslungs- und Assoziationsgefahr. Alle würden sich nur fragen „Was hat das mit Schach zu tun?“ und das eigentliche Spiel würde dahinter nicht wahrgenommen werden. Ein Grenzfall ist The Hare & the tortoise, dass bei Iello eine Neuauflage in deren Märchenreihe bekommt. Der Titel ist fast identisch mit dem Originaltitel von Hase & Igel und DAS war immerhin das erste Spiel des Jahres. Nun war das Spiel in Frankreich (wo The Hare & the tortoise erscheint) nicht so bekannt, insofern ist diese Titelverwendung sicherlich noch in Ordnung. Von einem deutschen Spiel namens „Hase & Igel“ würde ich aber eher abraten – Zu bekannt ist das erste Spiel des Jahres.

Was das Generische betrifft, greift die Sylvestersche Regel: Je abseitger ein Thema, desto eher werden Spiele mit diesem Thema miteinander verglichen. Dasselbe gilt für Titel – Ein weiteres Spiel namens „Waterloo“ oder „Skyline“ oder sogar „Osiris“ würde wohl kaum auffallen. Ein weiteres Spiel namens „Hanabi“ wohl schon.

Was nun Port Royal betrifft: Das Queen Game war zwar 2000 auf der Auswahlliste, doch richtig im kollektiven Gedächtnis ist es jetzt – knapp 15 Jahre nach Erscheinen – eher nicht geblieben. Klar wissen einige noch, dass es mal so ein Spiel gab (so wie viele sicherlich auch noch wissen, dass es ein Spiel namens Metro oder eines namens Kardinal gab*), aber die Details dürften bei vielen verschwommen sein…

Definitiv ist es jedenfalls kein Hase & Igel – aber auch kein Netzwerk (Und das schließt die Jumbo-Ausgabe mit ein). Das zweite Kriterium greift aber klar: Es ist doch ein ziemlich generischer Name.  Jedes Spiel, das vage in derselben Gegend spielt und mit Handel und/oder Piraterie zu tun hat könnte so heißen (Der Originaltitel war übriens imho sogar noch generischer, so dass ich mich gewundert habe, dass kein anderes Spiel mit dem Titel bei BGG gelistet ist).  Insofern sehe ich nichts, was gegen diesen Titel spräche. Höchstens, dass er so generisch ist.

ciao

peer

(*) Natürlich mögen das andere anders sehen. Ich habe jetzt die beiden Titel aus der Auswahlliste 2000 genommen, von denen ich mich an die wenigsten Details erinnern kann.

Peer Sylvester
Letzte Artikel von Peer Sylvester (Alle anzeigen)

3 Kommentare

  • Werktitel fallen unter das Markenrecht und werden durch das Markengesetz geschützt. Beim Schutz ist zu unterscheiden:

    Produktmarke:
    – durch Eintragung in das Markenregister (bei 5jähriger Nichtnutzung kann sie gelöscht werden)
    – Benutzung im geschäftlichen Verkehr (sofern sie innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erworben hat),
    – Bekanntheit in der Öffentlichkeit (sog. ’notorische Bekanntheit‘ schwer nachzuweisen)

    geschäftliche Bezeichnung (sog. Unternehmensmarke)
    – Benutzung im geschäftlichen Verkehr

    Werktitel (dient zur Unterscheidung des Werkes in der Öffentlichkeit)
    – durch Veröffentlichung des Werkes unter dem Titel für die Zeit der Veröffentlichung (verschwindet es vom Markt und wird es innerhalb angemessener Zeit nicht neu aufgelegt, verschwinden auch die Titelrechte)
    – durch Veröffentlichung im Titelschutzanzeiger oder in ausreichendem Maß in der Fachpresse, wenn eine Veröffentlichung des Werkes bevorsteht (m.W. gilt das für ca 6 Monate, ohne dass es eine bestimmte gesetzlich festgelegte Frist gibt)

    Werk
    – durch Schaffung, spätestens also mit seiner Vollendung

    (Patent und Gebrauchsmuster lasse ich mal beiseite)

    Verschwindet das Werk dauerhaft vom Markt, also ohne dass eine baldige Neuauflage erfolgt, dann verschwindet auch der Titelschutz. Jeder darf den Titel nutzen. Daher sind auch Vereinbarungen zwischen Autor und Verlag über Titelrechte eigentlich nur sinnvoll in der Zeit, kurz nachdem das Spiel vom Markt genommen wird (m.W. maximal ca. 2 Jahre).

    Das Perlhuhn-Spiel Netzwerk ist m.W. sei 1984 auf dem Markt, das von Jumbo seit 2003, also tolerieren KMW und Perlhuhn Jumbo, nicht umgekehrt.

    Franjos-Online und Hasbro-Online erschienen gleichzeitig in Essen auf der Messe. Eine Veröffntlichung am selben Tag führt normalerweise dazu, dass der Titel von beiden benutzt werden darf. Wenn Hasbro den Titel vorher als Titel oder Marke geschützt oder irgendwie veröffentlicht hat, haben sie die alleinigen Rechte. Ansonsten ist auch möglich, dass sie die Titelrechte gekauft haben.

    In wiefern es sinnvoll ist, einen veralteten Titel für ein neues Werk zu nutzen, ist eher eine praktische Frage. Rechtlich ist dagegen nichts einzuwenden. Die selbe Problematik besteht bei neuen Titel für alte Werke.

  • Danke für die ausführlichen Ergänzungen!
    Ich hatte das damals mit Netzwerk so verstanden (das mag falsch sein), dass sich Jumbo den Namen hat schützen lassen. Insofern hätte Perlhuhn gegen den Eintrag Einspruch legen müssen (wobei -wenn ich richtig informiert bin – bestehende Namen eine bestimmte Mindestgröße erreicht haben müssen, um gegen einen Titeleintrag zu sprechen).

  • Hier ein Bericht der Spielbox dazu:
    http://www.spielbox.de/php/aktuell.php4?anz_id=365

    KMW nennt die Stellungnahme von Jumbo ‚originell‘. Jumbo weiß dieser Meldung zufolge entweder nicht, dass das Spiel seit Erscheinen auf dem Markt ist oder scheint der Meinung zu sein, dass man Titel, die nicht als Marke geschützt sind, frei verwenden darf.

    Sache ist, dass eine Marke(!) eine bestimmte Bekanntheit haben muss, wenn sie nicht durch Eintrag sondern durch Bekanntheit geschützt sein will. Bei Titeln ist das anders. M.W. reicht es, dass es sich um ein erhältliches Werk handelt. Eine Veröffentlichung auf einer großen Spielemesse sollte aber auf jeden Fall ausreichen. Abgesehen davon war Netzwerk 1984 auf der Auswahlliste ‚Spiel des Jahres‘

    Das Beispiel zeigt, dass die Forderung der SAZ nach Aufnahme von Spielen in den Sammlungskatalog der Deutschen Nationalbibliothek sinnvoll ist (oder einer vergleichbaren Institution, füge ich mal hinzu). Auf trictrac.net ein Artikel (und mein Kommentar) zum aus 5 Punkten bestehenden SAZ-Forderungskatalog an den Bundestag: http://de.trictrac.net/news-saz-forderungen-an-bundestag.php

    Andererseits hindert niemand die Verlage daran, Spielanleitungen zusätzlich separat zu veröffentlichen und mit einer ISBN zu versehen. Das würde das Bestehen eines urheberrechtlichen Schutzes als Textwerk unterstreichen.