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Autorenmarke zum Kaffee

Eigentlich sollte ich jetzt hier etwas über Nürnberg schreiben. Faktisch ist aber Nürnberg für den Brettspieler nur eine kleine Veranstaltung, deren Bedeutung in den letzten 20 Jahren sich nur Richtung Essen verschoben hat. Früher mussten Produkte im Februar vorgestellt werden, die Im Weihnachtsgeschäft laufen sollten, damit der Verkauf und die Werbemaßnahmen alle ausreichend geplant werden konnten. Heutzutage ist ein Spiel aus Essen schon nach drei Monaten alter Kaffee. Von daher bin ich an dieser Stelle schon mit dem Bericht fertig. Stattdessen möchte ich über etwas reden, was noch nicht so ganz verdaut ist und in den Köpfen vieler noch rumgeistert.

Ulrich Blum hat in seiner kurzen Rede in Essen auf dem Spiel des Jahres Abend die SAZ in einer Form geprägt wie das nur wenige bis so gut wie keiner seiner Vorgänger gemacht hat. Er hat zu etwas aufgefordert was diskutiert wird. Vielleicht nur in einem kleinen Rahmen, aber es ist Hängengeblieben. Sogar in Nürnberg wurde Abends noch darüber diskutieret zwischen Jury-Mitgleidern und anderen Journalisten.

Die Autoren sollten auch eine Marke sein.

Diese Forderung ist grundsätzlich Löblich. Ein Blick auf den Film und Buchmarkt zeigt, das mit solchen Schreiber und Schauspielern geradezu geworben wird. Der neue Bruce Willis kann Leute ins Kino locken, egal worum es im dem Film geht. Und solange es mehr gute als schlechte Filme gibt bleibt die Marke an der Stelle erhalten. Aber echo ein Blick auf den Buchmarkt drängt einem ein Raten auf in wie weit das funktionieren kann bei Brettspielen.

Bei Büchern werden die Autoren gerne für ein paar Jahre an den Verlag gefesselt, weil der Verlag aus der Arbeit, die es macht den Autoren aufzubauen auch langfristig Gewinn erzielen will. Das macht absolut Sinn. Aber außer das vor vielen Jahren mal der Teuber seine Exklusivität bei Kosmos angekündigt hatte, gibt es im Brettspielmarkt nichts dergleichen. Die Autoren müssen immer wieder auf die Suche gehen für jedes neue Spiel. Und das liegt nicht nur daran, dass jedes neue Spiel wieder Arbeit für den Redakteur bedeutet. Aber ein großer Buchverlag bringt einige Hundert Bücher jedes Jahr raus. Die Zahl der Spiele ist da schon gering dagegen.

Es gibt einige Autoren die sind zur Marke geworden. Früher war es Sid Sackson. Jeder kannte ihn und seine Spiele. Später kam Alex Randolph und Reinhold Wittig, Wolfgang Kramer, Klaus Teuber, Reiner Knizia. Diese Autoren haben sich einen Namen gemacht, weil sie konstant gute Spiele rausgebracht haben zu einer Zeit, wo es noch nicht viele gute Spiele gab. Diesen Ruf haben sie sich durch die große Arbeit aufgebaut, denn die Qualität lag im Vordergrund nicht die Zielgruppe oder der Stil. Knizia ist auch für einige Spieler gefallen, weil er sich von den Strategiespielen wegbewegt hat, hin zu Spielen die sich in der Masse gut verkaufen.

Moderne Marken sind Uwe Rosenberg, Friedmann Friese, Stefan Feld und Michael Schacht. Uwe hatte einen tollen Hit mit Bohnanza, hat sich aber selber erst gefunden, als er mit Agricola rauskam und hat seitdem auch erst den Ruf. Friedemann lebt von Funkenschlag, obwohl fast alle seine anderen Spiele viel leichter sind und in eine ganz andere Richtig gehen. Aber er hat an sich als Marke immer gearbeitet wie an seinen grünen Haaren. Stefan Feld ist durch die Tatsache, daher Jahrelang der einzige Autor für die großen Spiele von Alea war, seinen Ruf aufgebaut. Er hatte auch andere Spiele bei anderen Verlagen, aber die schlugen nicht solche Wellen. Seien Marke kommt von den große Alea-Spielen. Und Michael Schacht ist für mich auch vielseitig, aber immer schnell und abwechslungsreich.

Aber eine Marke aufzubauen ist schwer, wenn der eigene Stil nicht in die Verlage passt. Wie viele Spiele kann Alea rausbringen? Oder Lookout? Das ist etwas, was die Verlage immer wieder neuen Autoren sagen, zu schauen ob die angebotenen Spiele auch in das Verlagsprogramm passen. Amigo wird keine schwerer Strategiespiele veröffentlichen wollen. Huch & Friends nehmen diese schon, auch wenn sie das noch aufbauen. Wenn ein Autor aber genug Spiele verkaufen will um davon auch einmal zu leben, muss er bei mehr als einem Verlag anklopfen. Er muss sich streuen und auch Spiele machen, die in die entsprechenden Verlagsprogramme passen. Markus und Inka Brand sind inzwischen auch eine Marke, auch wenn 90% ihrer Spiele nicht Village sind, sondern Familien und Kinderspiele. Die Verlage sind die Marke. Die meisten versuchen nicht alle zu bedienen sondern eine gewisse Zielgruppe zu bedienen. Das ausscheren aus dieser Ziellinie kann dem Verlag eher Schaden. Einen Ausbau der bei uns schon geprägt ist, seitdem jeder den MB Jungen kennt, aber niemand den Autor von Monopoly.

Zum Pflegen einer Marke gehört in unserer modernen Zeit eigentlich auch eine eigen Webseite, oder? Viele Buchautern habe eine Webseite. Wie viele Brettspielautoren? Echt wenige! Schacht hat eine, die Brandts, der Kramer, der Feld, und nicht alle sind auf dem aktuellen Stand. Nicht mal Ulrich Blum hat eine eigene Webseite. Das heißt er hat noch eine von seiner Zeit als Schauspieler, aber diese ist seit 6 Jahren nicht mehr auf den neusten Stand gebracht worden. Aber Uwe Rosenberg und Klaus Teuber haben sich keine zugelegt und Rüdiger Dorn pflegt seine Seite auf der Webseite von Alea.

Ich bin auch für die Marke. Ich bin auch dafür, wenn ich einen Feld öffnen eine Feld vorzufinden, sowie wie ich es liebe, wenn ich einen Hans im Glück zu öffnen, einen Hans im Glück vorzufinden. Da muss aber noch viel getan werden. Sowohl von der Verlagsseite, als auch besonders von der Autorenseite. Unterm Strich können alle davon profitieren.

Matthias Nagy
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11 Kommentare

  • Ein Vergleich von SPIELEAUTOREN mit BuchAUTOREN und SchauSPIELERN ist sicherlich sinnvoll, wenn man herausfinden will, wo man selber steht. Wenn sich das aber auf ein ‚Ich will auch berühmt sein wie Bruce Willis‘ reduziert, rutscht es leicht ins Lächerliche.

    Vei Wikipedia findet sich unter http://de.wikipedia.org/wiki/Stirb_langsam folgende Auflistung von Künstlern, die an dem Erfolg des Films beteiligt sind:

    Regie – John McTiernan
    Drehbuch – Jeb Stuart, Steven E. de Souza
    Produktion – Lawrence Gordon, Joel Silver
    Musik – Michael Kamen
    Kamera – Jan de Bont
    Schnitt – John F. Link, Frank J. Urioste

    Besetzung

    Bruce Willis: John McClane
    Alan Rickman: Hans „Jack“ Gruber
    Bonnie Bedelia: Holly Gennaro McClane
    Reginald VelJohnson: Sgt. Al Powell
    Alexander Godunov: Karl
    Paul Gleason: Deputy Police Chief Dwayne T. Robinson
    Robert Davi: FBI Special Agent Johnson
    De’voreaux White: Argyle
    James Shigeta: Joseph Yoshinobu Takagi
    Hart Bochner: Harry Ellis
    William Atherton: Richard Thornburg
    Clarence Gilyard Jr.: Theo
    Grand L. Bush: FBI Agent Johnson
    Rick Ducommun: Walt
    Mary Ellen Trainor: Gail Wallens
    Andreas Wisniewski: Tony
    Al Leong: Uli
    Dennis Hayden: Eddie
    Wilhelm von Homburg: James

    Im Fließtext ist dann noch der Autor der Buchvorlage erwähnt: Roderick Thorp. Den kennt ihr ja sicherlich alle, wie auch die anderen oben genannten (und ggf. nicht genannten) beteiligten Urheber des Films, oder?

    Ich gebe zu, als Kunstbanause war mir selbst von diesen nur Bruce Willis bekannt.

    Wenn ich jetzt mal vergleiche, welche Position die des bevorzugten Schauspielers (insbesondere Bruce Willis) beim Brettspiel gleichkommt, dann ist das die des bevorzugten Mitspielers. Was Bruce Willis für den Kinogänger ist, ist die spielende Lieblingsoma für das spielende Enkelkind. Denn Oma und Bruce transportieren, materialisieren und visualisieren den Spaß, an dessen Produktionsbeginn ein/e Autor/in stand.

    Beim Buch ist das anders. Da stehen zwischen Autor und Leser nur Verlag und Covergestalter. Wie der reine Text beim Leser ankommt, ist – zumindest in der Theorie – ziemlich unabängig vom Lektorat des Verlags. Und dennoch sind die meisten Buchautoren unbekannt. Gleichwohl ist es richtig, dass Buchautoren nicht nur genannt werden sondern sie mit dem Werk identifiziert werden.

    Sowohl beim Spiel als auch beim Film ist die Situation eine völlig andere. Der Autor der Buchvorlage, des Drehbuchs, des Spiels steht natürlicherweise im Hintergrund. Deswegen ist das Recht auf Namensnennung umso wichtiger.

    Unterschied zwischen Film und Spiel ist, dass der Konsment beim Film nur Konsument ist, beim Spiel aber Mitspieler, also sowohl Konsument als auch Akteur für seine Mitspieler. Ein Mehrpersonenspiel hat – anders als Bücher und Filme – keine reinen Konsumenten sondern immer auch Mitkünstler.

    Das ist etwas besonderes, dessen Spieleautoren sich wohl nicht bewusst sind. Wenn sie bekannt und geschätzt sein wollen wie Bruce Willis, verkennen sie gerade die besondere Funktion, die sie haben und die sie von Bruce unterscheidet.

    Was den Aufbau einer Marke betrifft, so ist das sicherlich für jeden wichtig, der in der Öffentlichkeit bekannt werden will. Aber auch wenn jeder der o.g. Künstler Energie darauf ver(sch)wenden würde, seine Marke bekannt zu machen, hätten eh nur ein paar davon Erfolg. Wenn alle Namen Marken sind, kann sich diese keiner merken.

    Die Forderung, Autoren zu Marken zu machen, kann nur einigen Autoren helfen. Ebenso wie Lottospielen ist es keine Lösung für alle. Das kann nicht funktionieren. Nur wenige können wirklich berühmt sein.

    Zudem gibt es auch wieder objektive Faktoren, die den Spieleautor erschweren zur Marke zu werden, bzw. ihn einengen. Ein Buchautor kann eine Romanserie schreiben. Unterschiedliche Bücher eines Autors haben den gleichen Schreibstil aber einen anderen Inhalt. Wer schätzt, wie ein Buch geschrieben ist, greift zum gleichen Autor. Für Stilfragen einer Spielpartie sind aber wieder die Mitspieler prägender als die Vorgaben des Spieleautors. Die ‚Handschrift‘ des Regelwerkautors kann nur bedingt leisten, wofür die spielende Oma und Bruce Willis zuständig sind.

    Der Erfolg eines Spiels hat eben viele (Groß-)Mütter und Väter. Der Autor ist nur einer von ihnen. Richtig ist sicherlich, dass es im Prinzip dassebe Spiel bleibt, wenn man – außer dem Autor – irgendeinen der beteiligten Urheber austauscht.

    Der Autor ist daher die wichtigste Person, wenn man das WERK Spiel betrachtet. Geht es aber nur um die WARE Spiel, um die Vermarktung, um die Marke, dann wird auch der Autor austauschbar, wird zum LIEFERANTEN (ohne Anführungszeichen).

    Bei der Marke geht es um wirtschaftlichen Erfolg, um Image – nicht um die Produkteigenschaft selber. Wer Autoren empfiehlt, mehr Wert aufs Image zu legen, sollte tunlichst darauf achten, dabei nicht das Werk aus den Augen zu verlieren. Wenn man ‚professioneller Spieleautor‘ sin will, sollte man sich dieser Falle zumindest bewusst sein.

    Macht ein Autor sich zur Marke, so besteht zudem die Gefahr, dass er sich zu sehr auf ein Art von Spiel festlegt, seine Individualität dem Markt und der Marke unterordnet. Steht die Marke zu sehr im Vordergrund, fällt das Werk in ihren Schatten.

  • Hi Matthias, jetzt hast du viel geschrieben, aber ich verstehe überhaupt nicht, warum du die Marke eigentlich gut fändest.

  • @Oliver:
    Das steht eigentlich im letzten Absatz. Eine Marke ist ein Versprechen, was einen erwartet. Erfüllte Erwartungen geben einem ein gutes Gefühl und lassen mich als Kunden wiederkommen. Deswegen sind ja so viele von Knizia inzwischen enttäuscht. Er hat Erwartungen mit einigen guten Spielen jahrelang aufgebaut und diese schon lange nicht mehr geliefert.

  • Das spricht jetzt aber eher gegen den Aufbau einer Marke. Man legt sich fest, wird festgelegt, dazu verdammt ‚abzuliefern‘. Das verlangt eben der Markt, während man als Autor die Freiheit hat, seine Werke entsprechend seiner eigenen Persönlichkeit zu entwickeln, so wie es einem gefällt.

    Das Rosenberg-Spiel, das mir am besten gefällt, ist Mamma Mia. Obwohl ich eigentlich keine Memory-Elemente in Spielen mag, gehört Mamma Mia zu meinen Lieblingsspielen. Und es ist ganz anders als das, was von der ‚Marke‘ Rosenberg wahr genommen wird.

    Marken haben durchaus ihren Sinn und können auch für Autoren hilfreich sein. Aber als Programm für die Autorenschaft zu propagieren ist das ein Irrweg, der zum Ausdruck bringt, dass es mehr um die Ware als um das Werk geht, der Spieleautoren weniger als Urheber und mehr als Lieferanten sieht. Warum muss ein ‚Feld‘ immer wie ein ‚Feld‘ sein, ein ‚Knizia‘ wie ein ‚Knizia‘?

    Die Marke ‚Friedemann‘ setzt dagegen nicht auf einen bestimmten Spielstil sondern auf sowas Schnödes wie grüne Haare, grüne Schachtel und die Fs. Diese Marke lässt Raum für unterschiedliche Spiele, weil die Markeneigenschaften nichts mit dem Inhalt zu tun haben.

    Aber ist es das, was Spieleautoren zu mehr Anerkennung verhelfen soll?
    Zu mehr Anerkennung als bspw. Autor und Regisseur von Stirb langsam haben? Ist das wirklich das Problem?

    Ich sehe das Problem eher darin, dass Autoren den Wert ihrer eigenen Arbeit nicht schätzen und zu sehr an Verkaufszahlen festmachen.Letzteres ist jetzt nicht unwichtig, aber sich so selbst zum Lieferanten zu degradieren, ist unwürdig.

  • Marken sind immer eine ambivalente Sache: Sie helfen einem bei der Orientierung, sie sind aber eben auch schwierig abzulegen. Nicht umsonst schreiben einige Buchautoren unter Pseudonymen, wenn sie mal etwas ganz anderes machen wollen. Eine Lösung ist es da, wenn die Flexibilität Teil der Marke ist, so wie es Stephenson (bei Büchern) oder eben auch Friedemann praktiziert (und ich sehe die grünen Haare und die „F“s im Titel nicht als den Markenkern an – die gehören dazu, doch als Markenkern sehe ich etwas was anderes, schwerer in Worte zu fassendes, etwas was mit Humor und alternativen Spieldesign zu tun hat, auch wenn er das nicht immer umsetzt).

    Ich bin was Marken betrifft noch etwas unentschlossen, auch weil die Marke, wenn sie auf „Designstil“ beschränkt ist, ja bereits existiert. Feld-Spiele wecken eine bestimmte Erwartung, unabhängig davon ob ich „Feld“ als Marke begreife oder nicht.
    Als „Lieferanten“ sehe ich das aber nicht, ebensowenig, wie ich Schauspieler als Lieferanten bezeichnen würde.

    (Und eine kleine Anmerkung noch; „Die hard“ ist als Beispiel denkbar ungeeignet, denn Willis war da noch überhaupt nicht als Kinoschauspieler in Erscheinung getreten und schon gar nicht als Actionheld. Man kannte von ihm nur die Serie „Das Model und der Schnüffler“. Kritiker waren sogar sehr skeptisch, ob der „Comedian“ überhaupt als Actionheld wirkt. Er baute seine Actionmarke -und einen neuen Typus Actionhelden – mit dieser Rolle überhaupt auf. Bzw. Er begann damit diese Marke aufzubauen, richtig gelungen ist ihm das durch die Auswahl der Folgefilme über einen langen Zeitraum)

  • Dann will ich mich auch mal zu Wort melden, wenn ich schon zitiert werde.

    Die Frage, ob man als Autor eine Handschrift braucht und in Konsequenz daraus zu einer Marke werden kann, habe ich zur Sprache gebracht, weil sie mich gerade persönlich umtreibt. Ich habe inzwischen 5 Spiele publizieren können. Die ersten beiden, „Grand Cru“ und „Antigua“ betrachte ich als eine Art „Gesellenstücke“ darauf folgten drei Spiele für den tiptoi. Durch diese hat sich meine Arbeit in letzter Zeit stark auf Hybridspiele (Analoge Spiele mit digitalen Elementen) konzentriert. Hier hat sich für mich eine Handschrift quasi ergeben ohne dass ich es geplant hätte. Ich halte diese Spiele für mich für sehr interessant und werde mich hier auch weiterhin engagieren. Die Frage, die sich mit aber aktuell stellt ist die: Konzentriere ich mich ausschliesslich auf die Hybridspiele oder entwickle ich auch weiterhin rein analoge Spiele und wenn ja, welche? Für mich ist klar, dass ich zwar die Hybridspiele intensiv weiter verfolgen werde, aber auch analoge Spiele machen will.

    Jetzt könnte man natürlich sagen, die Hybridspiele seien schon Handschrift genug und ich könne deshalb jenseits davon einfach mal dies und mal jenes machen. Das mag stimmen und ich verstehe jeden, der in einer ähnlichen Situation die Frage für sich so beantworten würde. Man kann es ja durchaus auch als Qualität sehen, dass in der Brettspielszene eine Konzentration auf eine Art von Spielen eben nicht zwingend ist.

    Für mich persönlich ist das aber nicht befriedigend. Ich möchte mich fragen, in welche Richtung die Kunstform Spiel weiterentwickelt werden kann und diese Richtung dann auch ausführlicher erforschen. Bis ich irgendwann das Gefühl habe, die dahinterstehende Grundfrage für mich befriedigend beantwortet zu haben. Mögliche Fragen, die ich mir gerade stelle sind zum Beispiel diese: Wie können Themen in Spielen befriedigend wiedergegeben werden ohne in einen Regelwust zu verfallen, sondern eine gewisse Eleganz beizubehalten? Wie kann ich in Spielen echte Geschichten erzählen? Wieso gibt es kaum Spiele zu aktuellen, gesellschaftlich relevanten Themen?

    Für welche Richtung ich mich entscheide ist noch offen, aber für mich ist es wichtig diese Fragen zu stellen, gerade WEIL ich mehr an den Werken als an den Produkten interessiert bin. Eine erkennbare Handschrift entsteht eben gerade nicht dadurch, dass ich das selbe tue wie alle anderen, sondern mir eine Nische suche. Erst wenn es mit gelingt in dieser Nische interessante Werke zu schaffen, können diese auch zu interessanten Produkten werden. Zuerst kommt aber das Werk. Schiele ich von Anfang an auf das Produkt, sprich den finanziellen Erfolg, kommt vielleicht durchaus etwas interessantes, spielenswertes dabei raus, ich werde aber kaum bekannte Pfade verlassen sondern mich tendenziell an anderen erfolgreichen Produkten orientieren.

    Soviel zum Thema Handschrift, sprich dazu was der Autor Inhaltlich will. Wieso soll darüber hinaus nun auch noch eine Marke geschaffen werden? Bei dieser Frage kommen für mich die Verlage mit ins Spiel. Es gibt aktuell durchaus eine Reihe von Autoren, denen, zumindest in Vielspielerkreisen, eine klare Handschrift zugeordnet wird. Einige davon hat Matthias im Artikel benannt. Wie oben ausgeführt bin ich der Meinung, dass diese nicht dazu geworden sind, indem sie einfach mal irgend etwas gemacht haben, sondern indem sie Fragen stellen und diese intensiv erforschen. Also interessante Werke schaffen und nicht vornehmlich Produkte. Wenn es nun aber diese Autoren gibt, muss ich mich fragen, wieso diese Qualität auf Verlagsseite nicht genutzt wird? Klar wir informierten Spieler achten durchaus darauf und schauen uns Spiele von Autoren, die wir mögen gezielter an. Ich persönlich werde zum Beispiel einem neuen Wallace Spiel immer meine Aufmerksamkeit schenken, auch wenn mir das Ergebnis vielleicht dann doch nicht gefällt.

    Hier schlummert für mich ein großes ungenutztes Potenzial. Selbst auf dem Markt für Vielspieler wird dieses kaum genutzt, geschweige denn bei den Gelegenheitsspielern. Ein positives Beispiel: Auf der Schachtel von „Speed Cups“ hat Amigo den Hinweis angebracht: „Vom Erfinder von Halli Galli“. Kaum einem der potenziellen Kunden wird der Name Haim Shafir etwas sagen. Trotzdem hat der Verlag hier erkannt, dass er eine positive Assoziation schaffen kann indem er auf ein anderes, Spiel des selben Autors hinweist. Die Voraussetzungen sind da: Das Spiel ist sehr erfolgreich, es wurde im selben Verlag publiziert und die Zielgruppe dürfte sehr ähnlich sein (dass man dann natürlich noch „Autor“ statt „Erfinder“ hätte schreiben können ist ein anderes Thema).

    Wieso passieren solche und ähnliche Aktionen nicht häufiger? Die genannten Voraussetzungen werden sich bei vielen Spielen wiederfinden. Und auch wenn hier noch nicht direkt mit dem Namen des Autors geworben wird, so ist es doch ein starker Hinweis für den Kunden, dass der Urheber des Spiels eben nicht Amigo heisst, sondern Haim Shafir. In der Konsequenz gibt es vielleicht sogar Menschen, die dann danach schauen, was dieser Herr Shafir denn sonst noch so geschaffen hat.

    Dass der Autor heute fast immer auf dem Schachtelcover zu finden ist ist zu begrüßen. Wenn die Verlage jetzt auch noch anfangen diese Angabe nicht als lästige Pflicht zu betrachten, sondern sie für sich zu Nutzen, wären wir in der Anerkennung der Leistung von Autoren einen großen Schritt weiter.
    Ich will die Verantwortung aber nicht gänzlich auf die Verlage abschieben. Zum einen gehört wie schon ausgeführt das entwickeln einer Handschrift auf Seiten des Autors zu diesem Prozess, zum anderen kann er natürlich auch Selbstvermarktung betreiben. Auch dafür gibt es Erfolgreiche Beispiele (wie meine veraltete Schauspieler-Homepage zeigt, gehöre ich da nicht dazu :-) Die Zeit, die Zeit…)

    Abschliessend möchte ich sagen, dass ich Handschrift und Marke keineswegs als zwingend ansehe. Ich glaube nur, dass hier Potenziale brach liegen. Wer gerade versucht sein erstes Spiel zu publizieren wird sich die Frage kaum schon stellen müssen. Andere möchten vielleicht gerade die Freiheit alles mögliche publizieren zu können für sich nutzen, was auch nicht zu langweiligen Spielen führen muss. Vielleicht stellen sich diese Autoren lieber für jedes Spiel eine neue Frage. Letztlich habe ich aber das Gefühl, dass es wesentlich mehr Autoren mit klarem Profil gibt als nur Feld und Rosenberg. Ich bin der Ansicht, es wäre für alle Beteiligten interessant dieses Potenzial zu nutzen.

  • Das Beispiel mit Amigo und Haim Shafir funktioniert nur, weil Halli Galli und Speed Cups im selben Verlag erschienen sind. Ein anderer Verlag würde bei einem Spiel von Haim Shafir wohl kaum auf Halli Galli verweisen, denn wer will schon indirekt Werbung für ein Konkurrenzprodukt machen? (Davon abgesehen weiß ich nicht mal, ob man das dürfte, ohne Amigo vorher um Erlaubnis zu fragen!?)

    Das Beispiel von Matthias mit Bruce Willis finde ich nicht passend. Schon bevor ich die Kommentare hier gelesen hatte, dachte ich, dass man bei Filmen mit dem Drehbuchautor vergleichen müsste. Und wie oft wird mit einem Drehbuchautor geworben?

  • Im Kinobereich steht der Drehbuchautor nicht so im Mittelpunkt, im Serienbereich schon, da ist der Regisseur nicht so wichtig.

  • Warum sollte ein Verlag es einem anderen verbieten dürfen, auf die wahre Tatsache hinzuweisen, dass das Spiel vom selben Autor ist?

    Schwierigkeiten kann es meiner Meinung nach allenfalls dann geben, wenn der Titel gleichzeitig Marke und im Besitz des Verlages ist und der Markentext gegenüber dem restlichen Text besonders hervorgehoben wird. Aber auch dann kann man die Frage stellen, was überwiegt: Der TITEL, der das WERK des Autors (und meist in geringerem Umfang der anderen Urheber) bezeichnet oder die MARKE, die auf das PRODUKT des Verlages verweist.

    Ob Regisseur oder Drehbuchautor ist für die Frage, ob man Spieleautoren mit Schauspielern wie Bruce Willis vergleichen sollte, nicht wirklich von belang. Eher für die Frage nach der Bedeutung von Spieleautor und Redakteur (~Regisseur) … Gleichsetzungen sind da sicherlich nicht angebracht, wohl aber Vergleiche.

    Uli Blum:
    |: „Eine erkennbare Handschrift entsteht eben gerade nicht dadurch,
    |: dass ich das selbe tue wie alle anderen, sondern mir eine Nische
    |: suche. Erst wenn es mit gelingt in dieser Nische interessante
    |: Werke zu schaffen, können diese auch zu interessanten
    |: Produkten werden. Zuerst kommt aber das Werk. Schiele ich
    |: von Anfang an auf das Produkt, sprich den finanziellen Erfolg,
    |: kommt vielleicht durchaus etwas interessantes, spielenswertes
    |: dabei raus, ich werde aber kaum bekannte Pfade verlassen sondern
    |: mich tendenziell an anderen erfolgreichen Produkten orientieren.“

    Die Wahl einer neuen eigenen Nische mag hilfreich sein, um auf sich aufmerksam zu machen. Die ‚Handschrift‘ aber unterscheidet die eigenen Werke gerade dann, wenn man in der selben ‚Nische‘ werkelt. Sie stammt nicht aus der bewußten Wahl eines Marktbereiches sondern stammt aus der eigenen Persönlichkeit. Sie entsteht von selbst durch das, was und wie man es tut.

    Die Wahl der Nische hat für die ‚Handschrift‘ nur insofern eine Bedeutung, wie diese Wahl der eigenen Neigung zu einem Thema, einer Spielmechanik, einer Herangehensweise etc. folgt, und sich nicht auf den bloßen Wunsch reduziert, mal etwas anderes zu machen.

    |: „Es gibt aktuell durchaus eine Reihe von Autoren, denen,
    |: zumindest in Vielspielerkreisen, eine klare Handschrift
    |: zugeordnet wird. […] bin ich der Meinung, dass diese nicht
    |: dazu geworden sind, indem sie einfach mal irgend etwas
    |: gemacht haben, sondern indem sie Fragen stellen und diese
    |: intensiv erforschen. Also interessante Werke schaffen und nicht
    |: vornehmlich Produkte.“

    Diesen Aspekt halte ich auch für wichtig. Allerdings denke ich, dass die ‚Handschrift‘ mehr ein Stempel ist, der Autoren aufgedrückt wird. Real teilt man sich die ‚eigene Handschrift‘ mit vielen anderen Autoren und macht auch Spiele, die nicht zu dieser ‚eigenen Handschrift‘ passen. Der Autor, der am intensivsten Spiele einer ‚Handschrift‘ macht und möglichst keine anderen, dem wird sie schließlich namentlich zugeordnet.

    Das Individuelle lässt sich mehr dem einzelnen Werk zuordnen als dem Autor, weil die ‚Handschrift‘ mehr von der Oma und von Bruce Willis (und dem Regisseur-Redakteur) stammt als vom Drehbuchautor. Anders als bei Romantexten sind bei Spielregelwerken daher auch weniger die ‚Formulierungen‘ geschützt, sondern vor allem das Beziehungsgeflecht aus ‚Personen‘, ‚Orten‘ und ‚Handlungen‘, sprich: Spielelementen und Regeln – jedenfallsbei ausreichender Schöpfungshöhe. (Einfache Kinderspiele etc. nehme ich da mal aus, weil dort die konkrete Gestaltung mitunter wichtiger ist als das Regelwerk).