Ich fühle mich ein bisschen schuldig dafür, dass ich gerne Flash Duell, die zweite Edition hätte (die zweite, weil dort viele Multiplayer-Regeln enthalten sind und ich extrem selten zu zweit spiele). Das Problem ist dabei folgendes:
Die erste Edition von Flash Duell war nicht viel anderes als Reiner Knizias En Garde mit ein paar Sonderkarten. Das hat der Autor, David Sirlin auch klar in den Regeln dargelegt und Knizia für seine Vorlage gedankt.
In der zweiten Edition fiel das weg. Der Autor war der Meinung, dass sich die zweite Edition so weit von En Garde entfernt hat, dass es sich um ein ganz anderes Spiel handelt. Zwar ist der Grundprinzip gleich geblieben, aber jetzt sind es so viele Spielmodi, Sonderregeln und Charaktere mit Spezialfähigkeiten, dass es sich um ein eigenständiges Spiel handeln würde. Allerdings gibt es eine Art Tutorial und das ist wiederrum fast identisch mit En Garde – sieht man von der Anzahl der Felder und einer weiteren Aktionsmöglichkeit ab.
Die Sache wirft dieselbe Frage auf, mit der ich mich geistig schon bei MEGAcquire beschäftigt habe: Ab wann ist eine Variante ein eigenständiges Spiel? Bei MEGAcquire konnte ich immer sagen, dass es aus seiner Vorlage kein Geheimnis macht und dass der Autor damit eher ein Fanprojekt verwirklicht, statt ein eigenständiges Produkt zu vermarkten.
Es ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, sich von einem anderen Spiel inspirieren zu lassen – man denke nur an die ganzen Deckbauspiele, die sich Dominion zum Vorbild genommen haben. Überlegungen wie „Was hätte ich anders gemacht?“, “ Wie hätte ich das Thema umgesetzt?“, „Wie hätte ich den Mechanismus eingesetzt, damit er mehr zur Geltung kommt? “ führen zu neuen interessanten Spielen (Manchmal. Erwähnte ich das Spiele erfinden schwer ist? Spiele erfinden ist schwer).
Eine ganz andere Nummer sind allerdings Varianten. Wenn ich eine Zweipersonenvariante für Himalaya entwickle, dann bedarf es einer Genehmigung des Autoren. Keinesfalls darf ich die ohne dessen Zustimmung herausbringen. Ist ja auch klar – der hat die Arbeit, ich baue nur darauf auf. Das ist auch Arbeit, aber ich wurschte mit eines anderen Werk herum. Mein etwaiges Versagen fällt auf den anderen zurück, bei Erfolg profitiere ich vom Namen des Hauptwerkes.
Aber wo hört die Variante auf und beginnt das eigenständige Spiel? Ist Blokus Trigon eine Variante von Blokus oder eigenständig? Ist Zooloretto – Das Würfelspiel eine Variante von Zooloretto oder eigenständig? Sicherlich ist hier jeder Fall Grauzone, aber als Faustregel gilt vielleicht die Frage : Wenn man eine andere Graphik und ein anderes Thema wählt: Erkennt man den geistigen Vater noch mit 100%iger Sicherheit?
Doch Flash Duell ist noch eine Nummer spezieller als dieser ohnehin schon komplizierte Fall, denn hier haben wir es nicht mit einer simplen Abwandlung zu tun, sondern das Vorbild dient als Fundament, auf dem alles aufgebaut wird. Man könnte es vielleicht so vergleichen: En Garde ist Siedler von Catan und Flash Duell ist Siedler von Catan mit 5-6 Spieler Erweiterung, Seefahrern und Städte und Rittern. Nur halt mit einer anderer Graphik, anderem Thema und ohne Nennung von Klaus Teuber. Sicherlich ein anderes Spielgefühl als das Urspiel, sicherlich eine Erweiterung der Spielerzahl, aber man kann das Grundspiel pur spielen. Ich denke da ist die feine Linie, die überschritten wurde. Ich sage nicht, dass Flash Duell nicht hätte veröffentlicht werden dürfen (rein rechtlich bedürfen allerdings auch Fortsetzungen und Bearbeitungen der Zustimmung des Autoren – siehe Laras Tochter , wobei das im Spielebereich ja immer so eine Sache ist), aber Knizias hätte auf jeden Fall genannt werden müssen, wenn man ihn nicht schon gleich ins Boot holt. Vielleicht wollte Sirlin (Autor und Verlagsinhaber in Personalunion) auch keine schlafenden Hunde wecken, wer weiß…?
Für mich persönlich gestaltet sich die Sache so: Einen einzelnen Mechanismus zu kopieren ist in Ordnung, sonst gäbe es keine neuen Spiele. Aber wenn man ein bereits zusammengefügtes Netzwerk an Mechanismen (einen „Motor“ wie ich das mal nennen möchte) übernimmt und wo anders einbaut, gehört es zumindest zum guten Stil, den anderen Autoren um Erlaubnis zu fragen und ihn irgendwie zu nennen. Gerade in einem Bereich wie dem Spiele erfinden, bei dem die Autoren doch um Anerkennung der eigenen Schöpfungsleistung kämpfen müssen, sollten wir zumindest uns gegenseitig Tribut zollen und uns gegenseitig anerkennen. Zudem wird die Grenze zum klaren Plagiat weiter verwischt: Wann habe ich einen Motor woanders eingebaut und wann wurde lediglich ein Haifisch eingefügt?
Leider fehlt diese Seite bei der dazugehörigen Diskussion auf Boardgamegeek völlig, vielmehr argumentieren viele wohl nach dem Motto: „Mach mir ein gutes Spiel nicht kaputt!“ und werfen Knizia vor, genau die Kritik, die er an Flash Duell äußert (einen fertigen Motor zu übernehmen und woanders einzubauen) in seinen Eigenproduktionen (wie die Lost Cities – Varianten Tabula Rasa und Schotten Totten) zu ignorieren – was aber völlig irrelevant ist, denn seine eigenen Schöpfungen darf man ja abwandeln (und auch da fragt man den Autoren lieber ;-) )
Ich finde das schade, denn mir persönlich wird Flash Duell so verbittert. Ob ich es mir zulege werde ich mir sehr überlegen müssen. Die moralische Seite bereitet mit einfach zu viele Kopfschmerzen.
ciao
peer
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Hallo,
habe vor kurzem einen beitrag über Adam Opel gesehn. Nach dem 1. Weltkrieg haben die Franzosen von Citröen einen wagen namens „Zitrone“ gebaut und vermarktet. Kurze zeit später erschien unter der Flagge Opels ein sozusagen identisches Auto in GRÜN. die deutschen richter antworteten auf die klage der franzosen: „das kann unmöglich ein kopiertes werk sein, da die farbe ja augenscheinlich grün sei….“ daher kommt übrigens der ausdruck „dasselbe in grün“…also schon anfang des letzen jahrhunderts war die rechtsprechung schon schwammig und die kopierer maßlos. daran hat sich bis heute nix geändert.
aber auch bin der meinung geistiges eigentum sollte besser geschütz werden und der schöpfungsakt zumindest honoriert.
liebe grüße
swen