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Enttäuschung macht sich breit

Eine neue Rezi ist online: Mit 7 Wonders der erste Tropfen der den heißen Stein der Essen-Neuheiten höhlt oder so. Das ist doch schön. Und noch viel besser: Zuspieler wurde für den Alex nomniert – schön, dass gut gemachte Blogs zumindest eine Chance auf Journalistenpreise bekommen. Ein Journalistenpreis für ein neues Medium wäre ein größeres Signal als der Alex an sich.

Weniger gut ist das Abschneiden von Discover India bei der Spieleumfrage. Immerhin gab es eine 1 (nicht von mir übrigens ;-) ), aber das Ergebnis deckt sich mit den bislang extrem schwachen Abschneiden auf Boardgamegeek. Dass das Spiel bei Vielspielern nicht so gut ankommt, habe ich befürchtet, aber ein Schnitt unter 5 ist schon katastrophal (wobei 19 Bewertungen nun auch nicht gerade ne Masse sind). Was tut man als Autor in einer solchen Situation? Weinen? Ich meine, natürlich sehe ich das Spiel als besser an, sonst hätten Günter und ich es nicht so abgegeben und der Verlag so nicht produziert.

Einige Autoren beschweren sich dann bei den Vielspielern, murmeln was von Arroganz und davon dass die Zielgruppe es in den Testspielen immer mochte (was natürlich stimmt – siehe oben). Das finde ich nicht die angemessene Art. Natürlich neigen Vielspieler dazu leichte Spiele runter und komplexere Spiele raufzuwerten (Zitat aus dem Spielboxforum: „Vinhos ist ein Komplexitätshammer und deswegen erst mal reizvoll“). Aber auch Vielspieler bewertet gute leichte Spiele gut. Nein, man muss feststellen: Zumindest bei Vielspielern kommt Discover India nicht wirklich gut an (über Wenigspieler kann ich nur die Aussagen aus den Testpartien zu Rate ziehen, Verkaufszahlen habe ich noch nicht und hängen auch mit dem Vertrieb zusammen). Woran liegt das? Nun folgende Gründe fallen mir auf anhieb ein:

1) Vielspieler mögen den Mechanismus nicht, dass der eigene Zug vom Vorgänger abhängt. Dadurch wird das Gefühl des „gespielt werden“ vermittelt. Warum er trotzdem drin ist? Zum einen: Siehe Punkt 2, zum anderen ist es einmal thematischer und zudem taktischer. Dank dieser Regel lässt sich Discover India -soweit ich das objektiv beurteilen kann – auch gut und recht taktisch zu zweit spielen.

2) Das eigentliche Spiel findet nicht auf dem Spielbrett statt (imho)! Das große wunderschöne Spielbrett stellt das Geschehen dort in den Mittelpunkt. Tatsächlich ist das eigentliche Spiel das Management der Spielsteine auf dem Kolam. Ich denke, wenn man einfach nur Spielsteine aus einem Beutel gezogen hätte und immer die Auswahl zwischen zwei davon hat und die andbaut, wäre das Spiel vielleicht sogar besser weggekommen ;-)

Nunja, aber letztlich ists nun einmal so, wie es ist. Die etwas schwierige Verfügbarkeit (Das Spiel gibt es in erster Linie bei Kaufhof und dort ists teuer) wird ein übriges getan haben. Ich finds schade, aber was soll ich machen? Immerhin bin ich mir jetzt über eines im klaren: Bei der Wahl zwischen kommerziellen Erfolg (obgleich das auch noch nicht feststeht) und Akzeptanz der Szene wähle ich doch lieber das letztere. Ich bin nicht auf den großen Wurf aus. Ich bin finanziell  glücklicherweise auch nicht auf Verkaufszahlen angewiesen. Mir ist es letztlich doch wichtiger als guter Autor, der gute Spiele macht wahrgenommen zu werden – und da sind Verkaufszahlen schön, aber eben nicht alles. Ich hoffe, dass das mit meinem nächsten Spiel besser klappt :-)

ciao

peer

Peer Sylvester
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7 Kommentare

  • Hallo Peer,

    an deiner Stelle würde ich mir keinen Kopf machen. Und für die Qualität eines „Spiels“ scheint mir die Meinung von Vielspielern nicht wirklich (oder ausschließlich) relevant zu sein. Ich selbst bin ausdrücklich kein Vielspieler, mit der Art von Selbstverständnis wohlgemerkt, die die so genannte „Szene“ von sich hat. Ich spiele gern, aber nicht übermäßig viel (in Stunden, Tagen, Lebensabschnitten) gerechnet – schließlich gibt es da draußen noch eine Welt, die auch entdeckt werden will. Ich spiele auch nicht übermäßig viele verschiedene Spiele, da mir zu viele neue, immer komplexere Regeln ein Graus sind. Daher zähle ich mich eher zu den Gelegenheitsspielern.

    Ich mag das Glück, nein, ich liebe es. Für mich kennzeichnet es ganz besonders das Spiel. Ohne Glück, kein Spiel. Ohne Spiel, kein Glück. Das „gespielt werden“ zählt für mich damit auch zu diesem Glück: das eine Mal ist es mir hold, ein anderes Mal eben meinen Mitspielern. Spiel ist für mich dann kein Spiel mehr – im glücklich machenden Sinne -, wenn es zur Denkarbeit wird, Fehler (allzu hart) bestraft werden, derjenige (zu große) Vorteile genießt, der die Regeln besser kennt (und versteht), mehr Spielerfahrung besitzt, mehr Spiele gespielt, gelesen, sich „erarbeitet“ hat.

    Sich zu einer Szene zugehörig fühlen ist das Eine. Sich anbiedern ist das Andere. Im gleichen Maße gilt das natürlich sowohl für den Geschmack des großen Publikums, oder auch des Massenmarkts, wie auch für den Geschmack der Szene, den man nicht krampfhaft zu treffen versuchen sollte. (Als Grafikdesigner, der früher viel in und für Werbeagenturen gearbeitet hat, bin ich dieses Zielgruppe-Nachhecheln aber auch einfach leid!) Hat nicht so manches Spiel – oder kulturelle Werk – erst eine späte Würdigung erfahren? Wenn der Reiz des nächsten, neuen „Komplexitätshammers“ erst einmal verflogen ist (inklusive aller potenziellen Mitspieler)?!

    Das Spiel(en) ist „unschuldig“, idealerweise unbeschwert, eine Auszeit von Pflichten und übermäßiger Verantwortung. Und, weil man es sonst nur zu schnell wieder vergisst: Man sollte sich gerade deswegen keinen Kopf machen!

    Discover India – discover childhood. ;-)

    Schwerelose Grüße
    Gerhard

  • Ich hatte bisher keine Gelegenheit das Spiel zu spielen. Aber daran würde ich mich nicht so aufhängen.

    Entscheiend ist eigentlich eher, das der erste Schritt geschafft ist, überhaupt ein Spiel bei einem Verlag unterbekommen zu haben. Das nächste Spiel hat es hoffentlich leichter.

  • Danke für die Kommentare – natürlich gibts wichtigeres. Aber ebenso natürlich will man natürlich, dass das Spiel gut ankommt. Das hat auch nichts mit Anbiedern zu tun – ich mache Spiele so, wie sie mir gefallen. Ich versuche sogar speziell immer was neues in meinen Spielen zu bieten und das kommt halt mal gut an, mal nicht.
    Aber als Autor ist es auch immer schade, wenn das Spiel schlechte Kritiken bekommt… Aber mal sehen, vielleicht schlägts ja noch voll ein ;-)

  • Ich glaube, der Begriff Zielgruppe ist kein falscher Begriff. Zielgruppe waren eben nicht die coolen Vielspieler, sondern die Familie, den muss es gefallen. Und ich glaube, ein Lob von Gelegenheitsspielern sollte genauso viel Wert sein, wie der von Spielprofis. Und mit dem nächsten Spiel hast du wieder die Chance, auch bei den Vielspielern groß abzuräumen.

  • Also ich zähle mich trotz Vielspieler zur Gruppe der Spaßspieler – also ich spiele alles, was einer Gruppe Spaß macht. Da spiele ich unter Vielspielern durchaus komplexere Spiele – aber in der Familie und meiner Arbeitsspielgruppe auch oft leichtere Spiele. Letztere machen meist mehr Spaß – mit den richtigen Leuten!

    Warum Disvover India in meinem Fall noch nicht in meinem Spieleregal liegt:
    – Auf Queen-Games.de gibt es das Spiel noch nicht einmal – also kann man nicht mal vorab einen Blick in die Regel werfen um sich ein Bild vom Spiel zu machen. Selbst auf spielbox.de Messevorschau -> alle Regeln und auf boardgamegeek.com gibt es keine Regeln
    – Das Spiel ist dafür sehr teuer – eine Investition, wo man gar nicht weiss, ob das Spiel zumindestens den Anschein macht, einem gefallen zu können
    – Das Spiel ist bei einem Verlag erschienen, der die Spiele nach extrem kurzer Zeit verramscht – also statt für 37 Euro aktuell dann für 20 oder 15 Euro raushaut. Wer also bei Queen-Games vorher kauft ist gelackmeiert. Das fand ich schon immer daneben!
    Liebe Grüße aus Hannover,
    Björn.

  • Witzig, dass du ausgerechnet mein Zitat aus der Spielbox veröffentlicht hast. Ich bin einer der wenigen, die Discover India auf der Spielbox eine 7 gegeben haben. Mir gefällt’s.

    Ansonsten trifft es der Kommentar von Björn auf den Kopf.

  • Jo, das Zitat war natürlich aus dem Zusammenhang gerissen. passte aber so schön zum Vielspielerklischee ;-) Aber ich hab ja auch geschrieben, dass auch Vielspieler gute leichte Spiele mögen und wenn du DI magst, ists umso besser :-)

    Zur Preispolitik von Queen möchte ich mich nicht äußern…