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Neue Ersteindrücke

Es ist ja schon wieder eine Weile her, seit ich zum letzten Mal ein paar Ersteindrücke gepostet habe. Also tue ich das heut schon wieder :-)

Für Leute, die lieber was über das Spiele erfinden lesen, als über das Spiele spielen noch ein kleine Anekdote: Ich hatte mich mal wieder an mein „Oklahoma“ gesetzt. Das war mein erster Prototyp überhaupt und es sollte um den Grundgedanken gehen, dass die Siedler in neues Land ziehen. Dabei müssen sie überlegen, wie weit sie reisen wollen: Das Land wird immer fruchtbarer, je weiter es vom Start weg liegt. Es geht also ums Abwägen: Lieber schnell recht wertloses Land nehmen (dass dann aber sehr oft Gewinn abwerfen kann) oder lieber weiter reisen und das gute Land nehmen, dass man dann aber mit etwas Pech nicht mehr abernten kann. Leider habe ich das nie so knackig in den Griff bekommen, wie ich gerne hätte: Entweder es war zu abstrakt oder zu kompliziert oder es gab eine optimale Strategie. Meistens alles drei. Naja, jedenfalls hab ichs mir nochmal angeguckt, hatte ein paar Ideen und vor allem die Idee, ein Wertungssystem zu nutzen, dass ich mir für ein anderes (aufgegebenes) Projekt ausgedacht hat. Und nach etwas arbeiten habe ich auch etwas spielbares vorzuweisen (Obs gut ist, wird erst der Test am „Menschen“ also mit Spielgruppe zeigen) – nur hat es wieder gar nichts mehr mit dem o.g. Dilemma zu tun, so dass mein erstes Spiel nach wie vor der zündenen Idee harrt… Tja, Spieldesign ist ein unvorhersehbarer Prozess…

So jetzt aber zu meinen Eindrücken:

Fresko: Hab ich gleich als erstes beschrieben, denn es ist ja das neue Lieblingskind der Vielspieler und Pfefferkuchelgewinner (wohl nicht zuletzt auch, weils gerade neu rauskam). Gespielt mit allen Modulen, die anderen hatten es zuvor mit 0, 1 und 2 Modulen ausprobiert kannten also alle Inkarnationen. Bin trotzdem Zweiter geworden ;-)

Also, bei Fresko werden Farben gekauft, Farben gemischt und mit Farben Bilder fertig bemalt (= Kombinationen abgegeben). Dabei stehen einige Arbeiter zur Verfügung, die auf die diversen Stationen verteilt werden können. Neben den eben erwähnten gibts noch Geld und Sonderkarten zu erwerben und die Leute können im Theater motiviert werden. Wenn die nämlich früh aufstehen müssen, werden die gnatschig und wenn sie zu gnatschig werden, geht einer nach Hause. Sinds aber alles Wonneproppen (also Langschläfer), kommt sogar noch ein Freiwilliger dazu. Die Uhrzeit regelt natürlich die Reihenfolge, in der die Spieler zugreifen dürfen, was vor allem beim Farbkauf und den Sondereigenschaften wichtig ist.

Wie hats mir gefallen? Nicht schlecht, aber nach den ganzen Vorablorbeeren doch etwas enttäuschend. Insbesondere auch, weil vergleichbare Spiele des aktuellen Jahrganges (wie Vasco da Gama oder Tore der Welt) mir doch deutlich besser gefallen. Ich kann auch schlecht sagen, woran es konkret liegt. Ein paar Möglichkeiten: Richtig gemalt wird nicht, sondern nur Klötzchen gekauft, getauscht und wieder abgegeben. Bis auf das Aufstehen ist wenig Originelles im Spiel. Es dauert auch etwas zu lang für meinen Geschmack, zumal viel „Autopilot“ im Spiel ist, besonders wenn man bei der Aufstehzeitwahl hinten sitzt und dann womöglich auch noch spät aufsteht ist vieles vorherbestimmt: Das muss ich nehmen, das muss ich machen, hier kann ich nur das machen, und das Theater ist eh automatisch. Die echten Planungsmöglichkeiten nehmen mir da etwas zu wenig Raum ein. Die Aktionskarten sind imho nicht ganz austariert: „Sofort nach oben“ erscheint mir wesentlich stärker zu sein als „+1 Schritt nach oben“ („oben“ bezieht sich aufs Theater). Bei uns kam die Karte in der ersten Runde: Also Früh aufstehen, die nehmen und den Vorteil des Extraspielers und des ersten Zugriffst genießen.  Die Mitspieler meinten übrigens, dass das dritte Modul (eine weitere Farbstufe) alles langatmiger und komplizierter macht, aber nicht besser. Das klingt für mich plausibel und 20 Minuten weniger würden dem Spiel gut tun. So ists sicherlich ein sauber designtes, gutes Spiel, dass mich unterm Strich aber nicht begeistern kann. Vielleicht ist die Konkurrenz dieses Jahr aber auch einfach zu stark.

Atlantis: Also, ich finde Cartagena ganz ordentlich, aber nicht begeisternd. Atlantis benutzt einen ähnlichen Zugmechanismus, ist aber etwas komplizierter, denn es will noch gesammelt werden. Und dabei löst sich die Wegstrecke langsam auf. Und das ist auch das interessante dabei: Mit jedem Zug entstehen Löcher, Löcher zu überpringen ist schwierig. „Lochmanagment “ ist gefragt. Aus vielen Löchern können aber auch wieder wenig (oder eines) werden, wenn die Zwischenstücke wegbrechen. Das ist interessant, das ist dynamisch, das ist für ein paar spannende Momente gut und mehr will das Spiel auch nicht. Hoffe ich jedenfalls, denn es bietet auch nicht mehr. Solide Kost, kann von mir aus nominiert werden, zumal in der Familienspielparte sonst nicht viel brauchbares erschienen ist. Wirds icht nominiert ists in zwei Jahren wieder vergessen.

Mosaix: Würfeln, Symbole anordnen und auf den eigenen Plan zeichnen und zwar möglichst so, dass viele Flächen mit 5 nebeneinanderliegenden Symbolen entstehen. Insgesamt eine Mischung aus Tetris und Würfelbingo. Gefällt mir durchaus als Zwischendurchspiel. Allerdings muss man sich gegenseitig wohl überprüfen, denn die spiegelverkehrten werden gerne falsch eingezeichnet. Sehr nett und für den Preis ein gutes Mitbringsel!

Fussball-Ligretto: Das gabs für 50 Cent bei Karstadt und da hab ich mal zugegriffen. Ähnlich wie bei Ligretto agieren alle gleichzeitig und stapeln Karten auf ihren Ablagestapeln. Anders als bei Ligretto gehts aber nicht darum alle Karten loszuwerden, sondern ein Tor zu schießen (Ist ja auch Fussball). Dazu gibt es einen gemeinsamen Ablagestapel, auf den man legen kann. Allerdings muss man die Karte legen, die den Fussballer zeigt, den die oberste Karte des gemeinsamen Stapels anzeigt. Und wenn man Glück hat, ist dieser Fussballer Stürmer und man erzielt damit ein Tor.

Funktioniert, aber nur bei einer geraden Anzahl von Spielern. Das Aufteilen der Kartenstapel bei ungeraden Spielern ist nämlich kein Handicap, sondern ein Vorteil, da weniger Karten im Blick behalten werden müssen. Resultat: Das kleinere Team hat kaum Chancen. Außerdem ist schnell mal eine falsche Karte gespielt und das merkt keiner rechtzeitig und wenn doch, kann man auch nichts machen – da brauchts eigentlich einen Schiedsrichter. Den Text (Namen des Fussballers) schnell zu erfassen ist schwieriger als die Ligretto-Zahl und vorlesen verwirrt nur. Und letztendlich ists mehr Glück als Können, wenn man ne Torkarte spielen darf – das andere Team kann durchaus doppelt so viele Karten spielen, keine Torkarte, kein Tor! Sogar irgendwie realistisch, aber frustrierend. Also: Ligretto-Bearbeitung, bei der ich auf der interlektuellen Ebene die Leistung des Autoren – aus Ligretto ein thematisches, mechanisch sehr eigenständiges Spiel zu machen – wirklich zu würdigen weiß. Hut ab dafür! Spielen muss ich es dennoch nicht noch einmal.

Thinx (Yvio):Eigentlich ist Thinx kein Spiel, sondern ein Rätsel, das man zusammen (oder auch alleine, spielt keine Rolle) gemeinsam löst. Jede Runde gilt es die Steine nach unbekannten Regeln zu platzieren. Dabei ertönt immer ein Geräusch, das als Hinweis dient (z.B. Elefantengebrüll). Ist echt ganz spaßig, wenn man erst einmal die Kindergartenlevel hinter sich gelassen hat. Nur bedarf es dazu keinem Spielbrett und ähnliches kann man auch am Computer finden. Und irgendwie wirkt es auch wie Kindergeburtstag, so von den Soundeffekten her. Dennoch: Nettes Rätsel. Aber eben kein Spiel.

Freibeuter der Karibik hatten wir übrigens angefangen, aber da es schon 23.00 war und wir die ständig mitlaufenden Erklärungen nervig fanden und es etwas frustrierend war, Entscheidungen zu treffen, ohne zu wissen, was für Auswirkungen die haben (einige Regeln werden nicht erklärt, z.B. das man in weiter entfernte Häfen länger braucht. Andere erst nachdem es zu spät war – z.B. die Preise oder die Auswirkungen der Ausbauten), hatten wir recht schnell abgebrochen. Ich werds sicherlich nochmal probieren…

Taurus: Das ist ein Luxusspiel von Ludoart, das ich mir anlässlich eines Vertragsabschlusses gegönnt habe :-) Sieht toll aus (auch „in echt“) und ist echt schwer – vom Gewicht her. Die Regeln sind simpel: Der Spielplan zeigt mehrere unförmige Gebiete und auf jedem steckt ein Stier. Wer an der Reihe ist darf einen Pfosten setzen und diesem mit einem eigenen Weidezaun mit dem Nachbarpfosten (der auf demselben oder einem Nachbargebiet stehen muss) verbinden (man darf auch verbinden ohne einen Pfosten zu setzen, das kam in unserer Partie aber nicht vor, da es eigentlich immer von Vorteil ist, mit Pfosten zu arbeiten). Wird ein Gebiet abgezäunt, so werden die dort befindlichen Stiere verteilt. Und zwar geht es nach den Besitzern der Weidezäune, die das Gebiet abgegrenzt haben. Das funktioniert nach einem einfachen Prinzip, das aber schwer hier zu erklären ist, also lass ich das und schließe mit: Funktioniert sehr gut – auch zu dritt, was bei abstrakten Spielen keine Selbstverständlichkeitr ist. Es ist ein „Mach den besten Zug“-Spiel, bei dem man wohl nicht allzu weit vorrausplanen kann, aber ich mag solche Spiele und Taurus liegt ganz auf meiner Wellenlänge. Hier stimmen Aussehen und Spielpass überein!

Savannah Tails: Ein kurzes Straußenrennen: Nach Formula-De-Manier (Gesetzt wird von vorne nach hinten) spielt jeder eine Handkarte aus dem eigenen Satz und setzt entsprechend. Die Farbe gibt an, in welcher Spur man seinen Zug beenden muss. Hin- und Hersetzen ist verboten, was man vor allem bei blockierten Spuren bemerkt. Beginnt und endet man seinen Zug auf derselben Spur, darf man noch mal. Spezialfelder sorgen für etwas Finesse, außerdem kann man noch ein paar Sonderfähigkeiten erwerben.
Schnelles, kurzweiliges Spiel. Wir hatten zu dritt einen einfachen Parcour gespielt und so war ein bisschen zu viel Platz auf dem Plan und der Zieleinlauf war recht knapp. Es wird sicherlich interessanter mit mehr Klimbim (Hängebrücken, Krokodilen…) und Spielern. Aber auch so: Netter Absacker, kurzweilig, nett, schnell und erwähnte ich schon kurzweilig? Übrigens zugänglicher als Snow Tails (mit dem Schlitten hatten einige Gelegenheitsspieler Probleme), aber auch nicht so finessenreich.

Hexenflug: Ja, das Kartenspiel von Amigo. Ich hab schon alle Details vergessen, was das Spiel schon recht gut charakterisiert. Es hat einen Cant-Stop-Mechanismus, der recht originell und meines Wissens einzigartig ist, leider kommt der mit viel (wohl nötigem) Regelballast daher. Zu viel, für ein Spiel dieses Kalibers, das doch eigentlich ein Gelegenheitspieler-Zwischendurchabsackerspielchen sein will…

Und noch in eigener Sache: Ich suche noch eine Möglichkeit The great Migration, Haggis, Polaris und Le Marché de Samarkand zu beziehen. Oh und ich suche Aufnahmen von „Der Tierfreund erzählt…“ (wer nicht weiß, was das ist, kann mir eh nicht helfen). Wer was weiß bitte kommentieren oder an peer at spielbar emailen. Danke!

ciao

peer

Peer Sylvester
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3 Kommentare

  • Meinst Du den „kleinen Tierfreund“ aus dem Frystycksradio.
    Da gibt es CDs – auf amazon, mp3s wohl auch.
    Oder googeln.

  • Danke für den Hinweis!
    Nein, ich meine schon „Der Tierfreund erzählt“. Das war eine alte Schulradiosendung, die es später (Ende der 70er) auch auf Kassette gab.