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Vasco da Gama

Verlag: What´s your Game?
Autor: Paolo Mori
Spieleranzahl: 2-4
Alter: ab 12 Jahre
Spieldauer: 80-120 Minuten

Vasco da Gama sollte als Inspiration für Spieleverlage dienen: Wenn die Ortsnamen ausgehen, sollte man lieber auf Entdeckernamen wechseln. Schließlich sind die großen Städte alle schon weg, während nur Columbus und Magellan bislang auch als Spieletitel Verwendung fanden – und jetzt eben Vasco da Gama. Dabei zeigt das Spiel auch deutlich, dass der Namenspatron im Spiel gar nicht vorkommen muss…

Vasco da Gamas Leistung war der Seeweg nach Indien, um’s Kap der guten Hoffnung herum. Und genau das machen auch wir Spieler: Wir schicken Schiffe um den Südzipfel Afrikas herum, mit dem Fernziel Indien. Das wird allerdings nur von den wenigsten Schiffen erreicht, aber das macht nichts. Um ein Schiff zu chartern braucht man natürlich als erstes einmal ein Schiff. Und das muss mit bis zu 5 Matrosen und einem Kapitän bemannt werden, wobei die Besatzungsstärke von der Güte des Schiffes abhängt.
Um was zu machen, schickt man seine Arbeiterscheiben auf die verschiedenen Spielplanbereiche („Matrosen anheuern“, „Schiffe“, „Lossegeln, „Spezialfähigkeiten“). Die Reihenfolge in der die Spieler und die Handlungen abgewickelt werden, wird durch eine Zahl bestimmt. Diese darf der Spieler in der Auswahlphase selbst wählen. Dabei sind die sehr niedrigen Zahlen aber u.U. teuer: Ein Preismarker bestimmt die Zahl, ab der das Nehmen kostenpflichtig wird. Gemeinerweise wird der aber noch einmal NACH der Zahlenwahl bewegt, so dass ein Unsicherheitsfaktor bleibt. Das Dilemma ist klar: Niedrige Zahlen sind i.A. sehr viel besser, denn die garantieren den ersten Zugriff und damit eine freie Auswahl. Aber sie müssen eventuell bezahlt werden und Geld ist knapp. Wer gar keines hat muss auf die Aktion ganz verzichten – was eventuell spätere Aktionen beeinflusst; Wer kein Schiff nehmen konnte, kann später auch keines zu Wasser lassen.
Nach der Auswahlphase wird alles in numerischer Reihenfolge abgehandelt und hier merkt man sehr viele elegante Mechanismen: Bei der Schiffswahl darf man ein billiges Schiff nehmen, muss das aber noch bemannen. Oder man greift tief in die Tasche und bekommt ein Schiff, welches bis auf den Kapitän segelfertig ist. Beim Matrosenkauf richtet sich der Preis nach der Anzahl der Sorten, nicht der Anzahl der Steine! Dafür kostet der wichtige Kapitän (den man für jedes Schiff braucht) so viel, wie man zuvor Matrosen eingekauft hat – 0 bis 5 Gold (mehr als 5 Matrosen gibt es nicht). Beim Segeln schließlich ist man im Zwiespalt: Plätze, die viele Siegpunkte garantieren, bedeuten i.A. dass das Schiff nur kurz im Spiel ist. Aber jedes Schiff wirft jede Runde, die es auf dem Plan ist, noch einen Bonus ab. Zudem sind die Plätze begrenzt und so kann man durch geschicktes Platzieren einen gegnerischen Kahn frühzeitig nach Hause schicken.

Auch wenn ich es gerade versucht habe: Das Spielgefühl von Vasco da Gama lässt sich nur schlecht vermitteln: Alles hängt miteinander zusammen und alles ist wichtig. „Fein verzahnt“ nennt man das wohl. Dabei wirkt es – anders als viele andere italienische Spiele – nicht überladen. Alles hat seine Berechtigung, jeder Mechanismus verbessert das Spiel (Eine Ausnahme gibt es: Die Sonderfähigkeiten der Spezialisten, die ich hier nicht erwähnt habe; sie sind etwas kompliziert in der Anwendung).
Was man dem Spiel aber ankreiden muss, ist dass des doch etwas abstrakt ist. Sicherlich: Kapitäne, Schiffe, Matrosen, das gehört schon zusammen. Doch das Abwickeln des eigentlichen Segelns ist nicht gerade intuitiv oder thematisch begründet. Wer ein echtes Entdeckungsspiel erwartet wird enttäuscht.
Doch: Vasco da Gama ist zweifelsohne ein Highlight des diesjährigen Spielejahrgangs, zumindest was uns Vielspieler betrifft: Die Strategien sind vielfältig, es gibt viel zu bedenken und optimieren, das Spiel ist spannend bis zum Schluss.
Ein Klassiker wird es aber wohl auch nicht werden. Insbesondere macht man schnell mal einen Fehler, weil man etwas übersieht. Und wer im Eifer des Gefechts versehentlich eine falsche Zahl wählt und so die Reihenfolge von zwei geplanten Aktionen vertauscht, wodurch die eine (etwa das Segeln) unmöglich wird, kann sich alle Siegchancen abschminken. Das ist dann doch für ein Spiel solcher Länge zu hart (weswegen wir bei solch einem offensichtlichem Spielfehler durchaus auch mal eine Zugrücknahme erlauben, wenn noch nichts Relevantes passiert ist). Zudem ist die Zahlenauswahl nur bei drei Spielern richtig gelungen: Zu viert müssen zu viele Zahlen deshalb gewählt werden, weil keine anderen mehr übrig sind, was den taktischen Spielraum etwas einschränkt. Dafür ist zu viert insgesamt mehr los, was dem Spiel gut tut. Zu zweit funktioniert Vasco da Gama zwar auch, ist aber nur ein Schatten seiner selbst.
Zu dritt oder viert will ich es aber nicht mehr missen. Zumindest nicht bis zur nächsten Spielemesse…

Peer Sylvester
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