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Theurers Gesetz

Gut, gut, ich gebe zu: Die Posts letzter und dieser Woche sind vom selben Buch inspiriert worden: The History of Video Games von Steven L. Kent. Bevor ich also anfange, ein paar Sätze zur Vorlage: Das Buch schreibt kurzweilig und gut lesbar (wenn man denn englisch kann) die Geschichte der Videospiele auf. Diese beginnt laut Buch bereits bei den Flippern (und deren Geschichte) und geht dann weit in die 90er Jahre hinein (Das Buch wurde 2001 geschrieben, also sind die neuesten Konsolen noch nicht drin). Dabei wird viel zitiert, es gibt viele amüsante Anekdoten und wenn man -wie ich – mit Videospielen aufgewachsen ist, hat man so manches „Ach  ja…Seufz!“-Erlebnis. Dabei setzt der Autor einige interessante Schwerpunkte (Ein Kapitel beschäftigt sich z.B. mit den Rechtsstreitereien in Bezug zu Videospielen, hieraus werde ich mal in der nächsten Runde der Urheberrechtsdebatte zitieren… ;-) ). Der einzige Kritikpunkt ist, dass so manches ein bisschen doppelt vorkommt – mal bei der Geschichte von Firma X und mal bei der von Firma Y. Aber das liegt wohl in der Natur der Sache einer umfassenden Historie eines so komplexen Themas. Wer sich für die Materie interessiert findet kaum ein besseres Werk.

Jetzt aber zurück zum eigentlichen Post: Was ist Theurers Gesetz? Es ist nach Dave Theurer benannt, einem bekannten Videospielautoren. Es lautet:

„Niemand veröffentlicht sein erstes Spiel.“

Gilt das auch für Brettspiele? Mit den üblichen Einschränkungen was solch dogmatische Sätze betrifft, lautet die Antwort wohl  eher Ja!

Warum ist das so?

In der Regel hat man als Spieler (oder Nichtspieler) eine Idee und denkt sich: Daraus kann man ein Spiel machen! Ist man etwas selbstkritischer oder ist das Projekt etwas ambitionierter (Eine 30stündige Simulation des 30jährigen Krieges, in dem jede Stunde Spielzeit ein Jahr des Krieges abbildet beispielsweise) stellt man schon beim ersten Zusammenbasteln der Regeln und des Prototypen fest , dass da viel mehr zu bedenken ist, als zuerst gedacht. Aber Beharrlichkeit führt hier dann auch zum Ziel und wer nicht aufgibt, der wird bald mit einem mehr oder minder funktionierenden Spiel belohnt. Und hier fällt man schnell in eine Falle:

Das erste Spiel funktioniert und auch wenn es vielleicht nicht ganz so die Eleganz hat, die man sich erträumt hatte, als man die Idee dazu hatte, so ist es doch das erste eigene Spiel! Toll! Gute Arbeit! Endlich ein Spiel über das Zwiebel schälen in Timbuktu! Wollte ich schon immer und es funktioniert ja auch ganz gut! Alle Freunde klopfen einen auf die Schulter und sagen: „Hast Du gut gemacht!“, „Ein schönes Spiel!“ , „Weiter so!“ ,“Verwende nicht so viele Ausrufezeichen!“

Tatsache ist: Es ist erstaunlich leicht ein Spiel zu produzieren, dass „gar nicht mal so schlecht funktioniert und auch ein bisschen Spaß macht“. Viel schwieriger ist es sich selbst einzugestehen, dass man das Spiel niemals kaufen würde, wenn man es im Laden sähe. Dass der Spielwert eigentlich gering ist. Dass das Spiel, wenn man ganz ehrlich ist, gar nicht so wirklich gut funktioniert und kaum mehr ist als eine Idee. Die Euphorie verdeckt vieles. Und wenn es einem gelingt ehrlich zu sich selbst sein, verdampft die Ernüchterung auch erst einmal sämtliche Motivation an dem Spiel weiter zu arbeiten. Und selbst wenn man auch noch diese Hürde meistert, beginnt das schwierigste: Fehler in dem Design aufzuspüren und zu korrigieren. Da die meisten Erstlingswerke (zumindest die, die ich kenne) auf einer einfachen Idee (Mechanismus oder Thema) basieren, sind schwerwiegende Fehler kaum auszubügeln ohne alles bisherige komplett einzustampfen und neu zu beginnen. Und das macht kaum jemand. Eher nutzt man die Erfahrung und macht beim zweiten Spiel alles ganz anders.So zumindest meine Erfahrungen (und die einiger Kollegen).

Aber es gibt noch mehr Gründe: Als Erstautor kann man vieles schlichtweg noch nicht überblicken, was für eine Veröffentlichung wichtig wird: Kompatibilität des Thema. Originalität. Richtiges, kritisches Testen der Prototypen und Kritikfähigkeit. Aber auch: Richtiges Ignorieren von Ratschlägen, die das Spiel nicht verbessern würden. Materialmöglichkeiten (Wo lässt sich was sparen? Lässt sich das Spiel überhaupt prouzieren? *). Möglichkeiten Abläufe zu verbessern. Etc.

Letztlich ist auch das Erfinden von Spielen ein Handwerk, bei dem man mit der Übung besser wird. Das sollte man beachten. Aber das sollte einen aber nicht davon abhalten es einmal zu versuchen!

Oh, und stimmt für die Spielbar beim Goldenen Fuchs (siehe Link rechts oben)! Spielbox.de gewinnt sowieso vor Hall und dem Reich der eingetragenen Wortmarke (SCNR), aber vielleicht schaffen wir es ja mal in die Top-Ten. Irgendwann. Wär schön!

ciao

peer

* Rumis galt mal als Unveröffentlichbar wegen des Materials. Jetzt kommt es als Blokus 3D. So ändern sich die Zeiten.

Peer Sylvester
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1 Kommentar

  • „The History of Video Games“ hat mir auch sehr gefallen, es schafft es auf gute Weise, Fakten und Anekdoten auf unterhaltsame Weise zu vermitteln. Bei einem Sachthema ein solche Schreibe hinzubekommen, ist mit Sicherheit nicht leicht.