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Inspirationen für aufstrebende Jung-Autoren

Gerade lese ich, dass Planet Steam auf M.U.L.E. (einem alten Computerspiel) basiert. Überrascht mich nicht. Wenn überhaupt ist es nur überraschend, dass es so lange gedauert hat, bis jemand ein „M.U.L.E.-Brettspiel“ kreiert. Immerhin hatte das Computerspiel Kultstatus und gilt als eines der besten Computer-Wirtschaftsspiele aller Zeiten.

Ich habe bereits über Buchversionen von Spielen gesprochen, aber auf der Suche nach Ideen ist der Bücherschrank nur eine Möglichkeit. Filme und Computerspiele bieten sich genauso an – Mit der entscheidenen Einschränkung, dass dort i.A. die Rechte nicht frei liegen und man sich daher auf eine Inspriration beschränken muss – wie bei Planet Steam ja geschehen. Übrigens ist King Kong rechtefrei – Universal hatte damals vor Gericht durchgesetzt, dass die Vorlage „Public Domain“ geworden ist – sonst hätten sie in den 70er Jahren nicht den zweiten Film drehen dürfen. Also: Her mit dem King Kong-Brettspiel!

Aber zurück zu den Computerspielen. Ich habe ja in den letzten Jahren das Gefühl dass im Mainstreambereich der Trend zu immer realistischeren Spielen (Shooter und Sportspielen) geht und die Originalität etwas auf der Strecke bleibt. Das war nicht immer so. Anfang der 80er Jahre galt bei Atari die Devise „Jedes Spiel muss etwas völlig neues sein!“ (Quelle: The Ultimate History of Videogames von Steven L. Kent). Und tatsächlich sind in den 80er und 90er Jahren einige Spiele entstanden, die sich als Ideengeber für Bretspiele eignen. Da Computer- und Brettspiele völlig unterschiedliche Mechanismen ermöglichen (und bedingen) muss das Spiel, dass letztlich rauskommt sich eh ziemlich vom Original unterscheiden (Das unsägliche Civilization – The Boardgame zeigt was passiert wenn man sich zu eng an die Vorlage hält).
Hier ein paar Vorschläge zur Inspiration:
Infocom hatte immer tolle Storys in ihren Textadventures, die sich prima als Ideengeber eignen. Als Beispiele sei Bureacrazy, Ballyho, Stationfall, The lurking Horror genannt (Es gab noch ein Echtzeit-Textadventure mit einer Spionagestory, aber der Titel fällt mir nicht ein!)
Bei Loom ging es um das Weben von Musik – Zauber wurden durch das Abspielen von Noten gesprochen. Das lässt sich auch als Brettspielmechanismus umsetzen.
Ports of Call war als Computerspiel etwas langweilig. Als Brettspiel könnte die Wirtschaftssimulation um das Verschiffen von Waren von Hafen zu Hafen funktionieren.
Wasteland spielte in einer postnuklearen Zeit. Das Setting wird auch in ein, zwei Rollenspielen verwendet, aber mir ist nur ein Spiel bekannt, dass dies nutzt (Ein Wirtschaftsspiel von SPI).
Emerald Mine/Boulderdash gehören zu den bekanntesten Computerspielprinzipien: Man sammelt Diamanten ein und muss zum Ausgang. Dabei sind einige Level sehr actionreich und andere ware Denksportaufgaben. Ich denke aus dem Sammelprinzip und dem einen oder anderen Element müsste sich ein Brettspiel machen lassen!
They stole a million: Banküberfall ist auch ein prima Brettspielthema, oder? ;-)
Populous: Eine Populous-Umsetzung war mein erster ernsthafterer Gehversuch in Richtung Brettspieldesign. Leider benötigte meine Götterdämmerung zu viel Material und hatte keinen sehr gelungenen Mechanismus. Mittlerweile würde ich alles ganz anders machen… Vielleicht eines Tages…

Sicherlich fallen einem noch mehr Möglichkeiten ein (Dungeon Keeper,Manhunt NY, Marble Madness stehen noch auf meiner Liste)! Wer immer nach Inspirationsmöglichkeiten sucht, sollte sich mal wieder mit alten Computerspielen beschäftigen!
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Ein paar Neuheiteneindrücke:
Chicago Express: Ich kannte Wabash Cannonball nicht. Ist ein super Spiel! Allerdings muss man sich erst einmal an die unintuitiven Denkweisen des Spieles reinfuchsen. Sehr interessant, muss ich unbedingt nochmal spielen!
Hab & Gut: Naja, ganz nett. Hab mir mehr von erwartet. Die Preise gehen hoch, die Preise gehen runter. Wirklich sehr Börsenspielmässig und ich finde das Prinzip etwas angestaubt. Mir gefallen zwei Mechanismen: Dass man immer mit einem Nachbarn eine Kartenauslage teilt und dass der Spieler, der am wenigsten gespendet hat, am Ende verliert. Beides sollte man in bessere Spiele einbauen… Die Abrechnung ist zudem für so ein eher lockeres Spiel viel zu viel Gerechne.
Tumblin Dice: Habs jetzt mehrfach gespielt, ist halt kurz und hat dank des Materials einen hohen Aufforderungscharakter. Kein Brüller aber ein schönes Zwischendurchspiel. Ob der Preis für den Spielspass gerechtfertigt ist? Kaum, aber man bekommt was sehr schönes!
Nice Weather: Interessantes Spiel mit tollem Thema und einigen sehr netten Ideen. Im Grundspiel ist der Glücksfaktor aber recht hoch, zudem hat das Spiel einige Kinderkrankheiten. Vielleicht nimmt sich ja ein Verlag dem Spiel an – mit etwas Redaktionsarbeit kann daraus ein richtig gutes Spiel werden!
Snow Tails: Interessantes Rennspiel. Bin mir noch nicht sicher, obs wirklich aus den vielen Rennspielen dieses Jahres herausragt und es ist etwas verkopft für den Kartennachziehglücksfaktor, aber die erste Partie macht lust auf mehr.
Habitat: Tolle Graphik, schönes Thema (auch gut umgesetzt), furchtbare Regel (die schlechteste in diesem Jahr), Spiel so lala – eine Art aufgebohrtes Räubern. Nicht schlecht, aber auch nichts wirklich aufregendes.

ciao
peer

Peer Sylvester
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4 Kommentare

  • Um eine Brettspielumsetzung von „Ports of call“ habe ich auch schon einige Stunden gegrübelt. Vor allem der unterschiedliche Verbrauch bei unterschiedlicher Schiffsgeschwindigkeit ist interessant aber sicherlich schwer umzusetzen (außer mit einem enormen Verwaltungsaufwand).

  • Och die Geschwindigkeiten duerften kein Problem sein – Einfach rundenweise x Felder vorsetzen, Extrafelder kosten extra. Wer etwas Unsicherheit moechte, kann den Verbrauch auch auswuerfeln lassen – mit mehr Wuerfeln, wenn schneller gezogen wird.
    Die Herausforderung ist eher die Spielgeschwindigkeit anzupassen. PoC war doch etwas langwierig…

  • 1. Die Dauer wird etwas problematisch, das denke ich auch. Unter 3-4 h würde das wohl nix. somit würde wohl nur ein Spiel eher für den „amerikanischen“ Spieler übrigbleiben, der schon mal eher eine Simulation spielt.

    2. Um halbwegs ein ähnliches Gefühl für die Dauer der Schiffsreisen wie in PoC zu erreichen, so dass man z.B. zwischendurch andere Schiffe auf Reise schickt oder sich zufällig bewegende Schlechtwettergebiete oder Stürme sich auf Reise befindliche Schiffe in Probleme bringen, müsste der Spielplan eine Vielzahl von (Hex-)Feldern aufweisen. Leider wären die Schiffe dann sehr klein (hatte ich mal so ungefähr ausgrerechnet). Die Waren und den Treibstofftank würde man eh auf einem Schiffstableau managen müssen.

    3. einige weitere Ideen/Gedanken sind noch bei mir vorhanden…