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Nach Essen

Natürlich ein paar Worte über meine Esseneindrücke. Keine Sorge: Ich werde nicht -wie alle anderen – über 10.000 Spiele schreiben und diese dann mit Ja, nein, gut, schlecht abhaken. Mir gehts mehr um allgemeinere Eindrücke zur Messe selbst (auch weil ich weniger zum Spielen gekommen bin als so manch anderer. Das Los eines Autoren…)
Auf einen Eindruck muss ich aber hinweisen: Meine Rezension von Akkon ist online.

Zuerst einmal zu meinem eigenen Spiel: König von Siam lief ziemlich gut. Viele Erklärungen, überwiegend gute Kritik (eigentlich nur gute Kritik am Stand. 2 Spieler gingen aber am Stand vorbei, verdrehten die Augen und meinten „Wie das schon aussieht!“ – und das trotz imho sehr gelungener Graphik. Aber naja, solche Leute gibts immer). Bei der Fairplay-Scoutliste lagen wir immer im Trend (gute Noten, aber zu wenig für das Ranking) am Samstag abend war es dann endlich soweit: 2- und vor Amytüddelüt von Ystary! Man, bin ich froh über dieses Ergebnis!
Außerdem zum Unterscheid zwischen den Verlagen: König von Siam hat sich allein am Donnerstag und Freitag besser verkauft als „Monochrom“ im ganzen letzten Jahr. Umgekehrt verkaufen sich Kosmos-Spiele im selben Zeitraum im vierstelligen Bereich und ich vermute allein Cuba von eggertspiele dürfte durch Vorbestellungen eine höhere Verkaufszahl erreicht haben. Aber was solls: Ich bin rundum zufrieden!
(Update: Wir sind insgesamt 423 Siams losgeworden (inklusive Rezensionsexemplare etc.). Wenn man nur die Privatkunden (und nicht die Händler) rechnet, war Donnerstag der einträglichste Tag. Am Sonntag endete Siam auf Platz 7. Leider änderten die Fairplay-Leute die Anzahl der Mindeststimmen von 45 auf 50 ab und damit ist Siam wegen zwei fehlender Stimmen aus der Liste geflogen – ärgerlich, aber ich sehe die Liste auf der Messe als wichtiger an. Jetzt bin ich auf die Nachbenotungen auf den diversen Seiten gespannt. Bei BGG sind sie im Moment positiver als bei Hall. Dafür gibts auf letzterer Seite eine sehr gute Note für On Q.)

Ich kaufe auf der Messe ja eigentlich nur Spiele, die ich später nur schwer bekomme. Entsprechend gucke ich mir auch nur Spiele an, an die ich später nicht mehr rankomme. Aber: auch das wird immer schwieriger! Zugegeben, ich hatte dieses Jahr mehr Termine als sonst (auch wenn ein Termin wegfiel, weil ich meine Prototypen im Hotel vergessen hatte *zähneknirsch*), aber dennoch: Die Anzahl gerade der ausländischen Verlage ist enorm gestiegen. Das freut mich natürlich, wird das Hobby doch internationaler.

Ein Tipp für neue Aussteller: Schnell einen Platz in einer guten Halle sichern. Während sich die Massen durch 11 und 12 schoben und auch 5 und 6 zumindest am Samstag stark frequentiert waren, herrschte in Halle 4 fast gähnende Leere. Zwar gabs durchaus interessante Stände dort (z.B. Hive-Erfinders Yiannis Army of Frogs oder die Master-Print-Spiele von QWG oder Richard Breeses Key Harvest), aber irgendwie fanden nur Insider den Weg durch die Rollenspielhalle.
Noch schlimmer hatten es aber die Handvoll Verlage getroffen, die in der Galerie untergebracht worden sind. Die überhaupt zu finden war schon eine Kunst für sich. Wenn dort nicht der zweite Czechische Verlag (mit dem Sechsstädtebund) wäre, wäre wohl niemand dagewesen. Ärgerlich vor allem auch, weil in Halle 4 ein Stand nur ein Tag (für die Memory-Meisterschaft) besetzt war – da hätte man sicherlich den Verlagen entgegen kommen können. Einer der Verlage tat mir so Leid, dass ich dort dessen „Oilfield“ probiert habe. Dabei handelt es sich um ein Zweipersonenverbindungsspiel mit zufälliger Startaufstellung. „Zufällig“ ist hier das entscheidende Wort, denn ich sehe nicht, wie man tatsächlich besser spielen kann, als sein Gegenüber. Und damit entscheidet letztlich die Startaufstellung (wobei man mit solchen Vorverurteilungen ja vorsichtig sein sollte. Auf Hall meinte jemand, Siam würde sich immer in der achten Runde entscheiden ;-)

Fast so schön wie das Kennenlernen der Spiele ist das Treffen von Leuten. Jedes Jahr lerne ich mehr Autoren, Readkteure und Journalisten kennen. Diesmal habe ich mich viel mit der amerikanischen Journaille (Greg Schlosser z.B. oder Patrick Korner) unterhalten. Auf diese Weise kommt man an interessante Infos und erfährt nette Geschichten. So weiß ich jetzt, dass „Space Dealer“ nicht mehr so heißen darf, weil es eine Berliner Werbefirma gibt, die sich den Titel hat schützen lassen. Eigentlich kein Problem, da der Spielebereich nicht betroffen ist. Nur leider macht die Werbefirma eben auch ab und an Werbespiele und daher könnte der Titelschutz greifen. Zwar würde eggertspiele im Zweifelsfall wahrscheinlich eher Recht bekommen, aber das Risiko ist dem Verlag verständlicherweise zu groß. Folglich heißt es auf der Oberseite zur Erweiterung „1. Erweiterung für das erste sanduhrgesteuerte interplanetare Echtzeitspiel“ – ohne Titelnennung (Ob die Neuauflage unter dem Namen „Raumhändler“ erscheint oder ob ein griffigerer Titel gefunden wird, steht noch nicht fest)
Auch habe ich von Thorsten Gimmler erfahren, dass das Thema und die Graphik von „Gangster“ bereist vor dem Ludo-Art Gangster feststand. Es kam von Verlagsseite zu langen Verzögerungen, die der Garphiker nutzte um ein weiteres Spiel bei der Konkurrenz im selben Stil zu illustrieren. Thorsten ist verständlicherweise über diesen Umstand nicht so recht glücklich, dasselbe dürfte letztlich für Czarné gelten.

Aufgefallen ist mir auch, dass Spiele mit mehr als 5 Spielern eine ausgesprochene Rarität bleiben – Partyspiele einmal ausgenommen. Zu diesem Phänomen werde ich sicherlich hier noch ausführlicher schreiben.

Insgesamt viel gelaufen, viel mitgenommen (getauscht, gekauft und ein paar Rezensionsexemplare waren auch dabei) und ein bisschen was gespielt – ich freu mich auf nächstes Jahr… und auf die Berichte der anderen Seiten. Vor allem wenn es um „König von Siam“ geht. Ich bin einfach gespannt auf die Reaktionen (Immerhin einer hielt es für das beste Spiel der Messe. Das geht natürlich gut runter!)

Ich bin nicht sicher, ob „6 nimmt!“ wirklich das erste Spiel war, dass den „Alle glöeichzeitig auswählen und umdrehen“-Mechanismus verwendet hat (vermutlich eher nicht), aber es ist auf jeden Fall das Spiel, dass diesen Mechanismus bekannt gemacht hat. Daher gebührt ihm ein eigener Meilenstein!

Wer kennt das Spiel nicht? Alle wählen eine Karte gemeinsam aus und es wird gleichzeitig aufgedeckt. 2 einfache Regeln bestimmen an welche der Reihe die Karten kommen. Wer die sechste Karte einer Reihe nehmen muss, bekommt die 5 Karten und die darauf aufgedruckten Minuspunkte. Einfach und genial und gut funktionierend in allen Besetzungen hat es 2 Nachfolger hervorgebracht (die aber nicht die Genialität des Vorbilds erreichen). Wäre es kein Kartenspiel gewesen, wäre es wohl Spiel des Jahres geworden.

Doch unabhängig von der Qualität: Der Mechanismus des gleichzeitigen Spielens ist gehört heutzutage einfach zum Handwerkszeug eines Spieleautoren, genauso wie die Kramerleiste desselben Autors (dem ich auf der diesjährigen Spiel die Hand schütteln durfte :-) ). Gleichzeitiges Spielen ist nicht nur ein beliebtes Mittel, für ein Bluffspiel, sondern bringt auch ein Zufallselement hinein, was für manche Spiele einfach notwendig ist (schon damit jede Partie anders abläuft). Vielleicht noch wichtiger ist, dass es das Spiel i.A. beschleunigt, weil die normale Rundenstruktur durchbrochen wird. Dies erlaubt es, ein Spiel auch für höhere Spielerzahlen möglich zu machen, ohne dass die Spieldauer explodiert. Wer ein Kartenspiel oder ein kartengesteuertes Zugspiel kreiiert kann sich dank 6 nimmt nun immer fragen: Was passt besser zum Spiel: Gleichzeitiges oder reguläres Ausspiel?
Und das ist gut so.

ciao
peer

Peer Sylvester
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5 Kommentare

  • Hi Peer, Glückwunsch zu den verkauften Siams. Bald kommt auch noch eins für mich dazu. Christian

  • Hallo,
    so ist das wenn man nicht regelmaessig mitliest – dann muss man Kommentare zu alten (aber hoffentlich nicht vergessenen) Texten abgeben *g*
    Du schreibst:
    ‚Ich bin nicht sicher, ob “6 nimmt!” wirklich das erste Spiel war, dass den “Alle glöeichzeitig auswählen und umdrehen”-Mechanismus verwendet hat (vermutlich eher nicht), aber es ist auf jeden Fall das Spiel, dass diesen Mechanismus bekannt gemacht hat.‘

    An dieser Stelle moechte ich dir einfach mal widersprechen – wenn meine Recherechen nicht voellig daneben liegen ist ‚6 nimmt‘ 1994 erschienen. Schon 1990 hat jedoch ‚Adel verpflichtet‘ schon einen ‚alle gleichzeitig‘-Mechanismus benutzt. Und in anbetracht des Erfolges von Adel verpflichtet (SdJ 1990, DSP 1990, Neuauflage 2000,…) halte ich es fuer falsch allen Erfolg an der Verbreitung ‚6 nimmt‘ zuzuschreiben – auch wenn es ohne Frage ein sehr bekanntes und sehr beliebtes Spiel ist, welches diesen Mechanismus nutzt…

    besserwisserische Gruesse

    Fluxx

  • Argh! Natürlich hats du Recht. Vielleicht rührt dieses Gedächnislücke daher, dass ich Adel verpflichtet nie etwas abgewinnen konnte :-)
    OK; dieser Meilenstein wird in „Adel verpflichtet“ umbenannt ;-)

  • Hallo Peer,

    Alex Randolph hat noch früher mit diesem System gespielt. 1988 war sein tolles Spiel „Hol´s der Geier“ sogar auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Hier wurde der Mechanismus des gleichzeitigen Aufdeckens benutzt. Ob es wirklich das „Erste“ war weiß ich im Moment nicht, aber bestimmt das erste Spiel, dass einen solchen Bekanntheitsgrad erlangt hat.

    spielerische Grüße
    Uwe