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Vor Essen

Die Meldung letzter Woche war natürlich, dass Adam Spiel zum Jahresende aufhört. Adam Spielt war lange Zeit mein Lieblingsversender. Genauer gesagt, es war lange Zeit der einzige Versender, den ich genutzt habe. In Punkto Service, Preis und Auswahl war er lange Zeit unschlagbar. Aber so wie schon der alte Saturn seine Kinder gefressen hat, so ist Adam jetzt ein Opfer des eigenen Erfolges geworden. Die neuen Versender der zweiten Generation stehen in Punkto Service und Auswahl dem großen Vorbild in nichts nach, haben aber deutlich tiefere Preise. Zwar habe ich keine Ahnung wie z.B. magierspiele die Preise, die praktisch mit dem Einlaufspreis identisch sind, halten kann, aber als Kunde nimmt man solche Angebote natürlich gerne mit.
Mindestens so überraschend wie die Aufgabe von Adam spielt ist die Reaktion des Forums darauf. Wo ich Platitüden wie „Geiz-ist-geil-Mentalität“ erwartet habe, war die Diskussion doch sehr differenziert, so dass ich mir hier eine tiefergehende Analyse sparen möchte.

Die Meldung der nächsten Woche wird die Öffnung der Spielemesse sein. Normalerweise ist es üblich eine Liste mit Spielen zu bloggen, die man für interessant hält (König von Siam soll der Bringer sein! :-) ). Aber ehrlich gesagt, hab ich mich dieses Jahr mit den Vorbereitungen doch noch sehr zurück gehalten – so weit, dass ich gestern zwar von der Messe geträumt habe, mein Unterbewusstsein aber Spieltitel erfinden musste, weil es zu wenig kannte (wobei Oxmox, Der Landvogt und Diebesgut durchaus wie reale Spiele klingen. Also eine Gratulation an mein Unterbewusstsein!). Ich weiß lediglich, dass ich mir „Race for the Galaxy“ von Tom Lehmann ansehen werde und am Mittwochmorgen alle „Animalia“-Spiel von Hurrican Games aufkaufen werde – mit den zu erwartetenen ebay-Gewinnen dürfte ich mir meinen Lebensabend gestalten können ;-)
Stattdessen will ich mal einen Einblick geben, wie mein Messeaufenthalt aus Autorensicht aussieht. Da meine Kristallkugel in der Reinigung ist, basiere ich diesen Einblick auf meine Erfahrungen von 2005, als Jam Dudel erschienen ist und ich ebenfals bereits am Dienstag auf dem Messegelände war.

Also, Dienstag früh fahre ich mit dem Histogame-Richard und einigen Paletten von „König von Siam“ und „Napoleons Triumph“ (nehme ich an) in Berlin los, um ca. 6 Stunden später in Essen anzukommen (oder 7 Stunden, wenn man den obliagtorischen Stau bei Bielefeld mitrechnet). Dann gehts auf das Messegelände wo der Stand aufgebaut wird und ein Teil der Spiele ausgepackt wird. Kleine Stände bauen sich recht schnell auf, denn die Trennwände sind schon da. Dienstags befinden sich die meisten Stände noch sehr im Aufbau. Bei den großen Ständen (wie Kosmos) sieht man, dass die Messeaufbauer wohl eine Nachtschicht einlegen werden.
Am nächsten Tag gehts wieder hin und da ist der Tag der Presseschau. 2005 durfte ich da Socks in the city und Jam Dudel präsentieren, auch wenn beide Spiele bei Beginn der Messeschau noch nicht angeliefert waren. Aber „Des Kaisers neue Kleider“ ist ja eine schönes Beispiel dafür, dass man auch mit nichts arbeiten kann.
Bei der Presseschau baut man irgendwo auf einem Tisch in einem großen Saal -oder im Vorraum zu dem Saal, wenn man später kommt – seine Neuheiten auf. Viele Tische sind bereits durch die großen Verlage in Beschlag genommen, aber wenn man nicht ganz spät kommt, findet man ein nettes Plättchen. Wer jedoch auf den letzten Drücker kommt, muss mit dem Boden oder der Treppe vorliebnehmen. Das würde ich aber sowieso nicht empfehlen, denn die Presse ist vor der Schau in der offiziellen Pressekonferenz. Man selbst hat dann also Gelegenheit und Ruhe selbst einen Blick auf die gebündelten Neuheiten zu werfen und mit Autoren und Verlegern zu reden. Ich selbst hab es letztes Mal genutzt um ein paar Spiele aus meine mentalen Liste zu streichen und andere hinzuzufügen. Wer einen Presse- oder Ausstellerausweis hat, kann auch in den Folgetagen da hinaufsteigen. Die Presseschau ist während der Messetagen nämlich offen, aber es ausser einem Wachmann niemand da. Ideal um abseits des Trubels sich mal ein paar Neuheiten genau anzusehen oder durch Regeln und Material zu gehen. Streng genommen könnten ein paar Mitarbeiter ihre Pause so koordinieren, dass sie da oben eine ungestörte Partie Diebesgut (oder was auch immer) spielen.
Ist die Pressekonferenz beendet wird die Presseschau mit Journalisten geflutet und das ist durchaus wörtlich zu nehmen! Dafür, dass über Brettspiele in der Regel nur selten berichtet wird, ist die Anzahl der Journalisten enorm, sogar internationale Prominenz wie Aldie von Boardgamegeek oder Greg Schlosser konnte ich letztes Mal ausmachen. Dabei gilt die Faustregel: Je größer das Medium, je mehr Fotos werden von den großen Verlagen (die nicht selten mit passend gestalteten Models und Schauspielern arbeiten) gemacht. Letztes Mal war meine Ausstellungsfläche genau neben einer Firma, die große Tipp-Kick-Figuren mit dem Aussehen von Nationalspielern herstellt. 3 verschiedene Fernsehanstalten haben eine Aufnahme gebracht, wie ein Kind mit Kevin Kuranyi ein Tor schießt. Wer den Beitrag zufällig gesehen hat: Ich stehe im Hintergrund und versuche Leute davon zu überzeugen, dass die Socken, ein tolles Spiel enthalten, dass nur von Leuten gesehen werden kann, die gute Puerto-Rico-Spieler sind.
Nach dem man sich ca. 2 Stunden lang den Mund fusselig geredet hat, ist der Spuk praktisch vorbei und man kann sich wieder mit anderen Kollegen unterhalten – vorzugsweise bei einem kleinen Mittagessen, denn jetzt haben wir bereits frühen Nachmittag. Jetzt ist auch eine gute Gelegenheit schon einmal über die Messe zu gehen. Viele Verlagsmitarbeiter sind bereits da und man kann schon einige Einkäufe machen. Einige Leute schwören darauf, dass jetzt die beste (einzige?) Zeit ist, um auf dem Flohmarkt in Essen gute Schnäppchen zu machen. Ich kann das nicht bestätigen, weil ich in Essen so mit den Neuheiten beschäfigt bin, dass ich die gebrauchten meistens nicht beachte.
Am Donnerstag und den Folgetagen gehts dann ca. um 9.30 auf die Messe (manchmal auch später, je nachdem wieviel man jeden Tag aufbauen muss) und erwartet den Ansturm der Massen. Ich werde diesmal meine Zeit zwischen Histogame und Bambus aufteilen, aber auch viel Zeit für mein eigenes Umherlaufen einplanen. Eine sehr schöne Sitte ist es, dass kleinere Verlage und Spieleautoren ihre Neuheiten untereinander tauschen. Dadurch kommt man auch mal an Spiele, die man sonst vielleicht nicht so beachtet hätte.
Außerdem finden auf der Messe immer wieder kurze Treffen mit Verlagsvertretern statt, um neue Prototypen vorzustellen oder einen kurzen Stand über die alten zu erfahren. So ganz optimal finde ich die Messe dazu nicht, denn eigentlich alle Beteiligten sind schwer im Stress. Manchmal ist es aber die einzige wirklich praktikable Lösung.
Samstag mittag gehts für mich dieses Jahr nach Hause. Mal sehen, was ich bis dahin im Kofferraum und was noch im Geldbeutel habe…

ciao
peer

Peer Sylvester
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