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Die erste Messeschau

Heute war ich auf dem Berliner Spieleautorentreffen. Es war insofern etwas besonderes, weil viele Essen-Neuheiten vorgestellt wurde.
Schmidtspiele war in Person von Mario Coopmann (hoffentlich richtig geschrieben) da und dabei hatten er das neue Auf Achse und das Spiel zu der Fernseh-Doku-Reihe Panda, Gorilla & Co mit dem treffendem Titel Panda, Gorilla & Co – Das Spiel.
Ersteres sieht wirklich schick aus. Ich habs die Neuauflage nicht gespielt (aber natürlich das Original), aber die Regeländerungen klingen gut und Auf Achse ist sicherlich auch heute noch ein gutes Familienspiel.
Das Zoospiel sieht auch recht gut aus. Schöne Tierbilder auf stabilem Material, nicht schlecht. Das Spiel selber? Nun, ich bin nicht Zielgruppe, aber ich war recht froh, als meine Testpartie vorbei war. Spielerisch ist es ein bisschen an Carcassonne angelehnt: Man baut Plättchen an, die vom Wegesystem und der Wiesenart her passen müssen. Dann kann man dort noch eine Figur abstellen, die dann wertet, wenn ein Gebiet abgeschlossen ist. Dabei kann die Größe der Figur gewählt werden und so wird bestimmt, ob man lieber riskante viele Punkte oder schnelle wenig Punkte haben möchte. Klingt nicht schlecht, aber da die Plättchen aufgrund der Wiese sehr eingeschränkt in ihren Legemöglichkeiten sind, wird man ziemlich gespielt. Hinzu hat man immer 2 Plättchen zur Auswahl und das bedeutet: Man muss erst mühsam gucken, wo man denn überhaupt anlegen kann. Welche der (sofern überhaupt vorhandenen) Alternativen man wählt, ist dann meistens ein „No-Brainer“. Nicht wirklich empfehlenswert, denke ich. Anscheind gabs diese „Auswahlregel“ im Prototypen wohl nicht. Wenn das stimmt wars eine Verschlimmbesserung: Mit nur einem Plättchen gehts schneller und man muss eher mal einen Teich spielen. Damit setzt man zwar aus, aber an einem Teich passt alles, so dass spätere Kärtchen wieder flexibler genutzt werden können. Und überhaupt – Warum eine Glücksverringerungsregel in einem lockeren Familienspiel?

Das Spiellabor war mit deren Neuheit Fackel oder Keule vertreten, aber ich hab nur kurz zugucken können. Dabei erschloß sich mir das Spiel nicht, aber das muss ja nichts heissen (So ohne Erklärung erschließt sich mir so manches nicht ;-) )
Günter brachte seine Neuheit Down Under mit, von dem er hofft, dass es rechtzeitig in Essen da ist. Zur Not gibts auf der Messe eine günstigere und kleinere „Reiseversion“ im Kartenspielformat. Down under ist eine Überarbeitung von „Schlangennest“ mit leichten Regeländerungen und einem neuen Punktesystem, dass das Spiel nochmal einen Tick interessanter macht. Ich mochte das Spiel in all seinen Inkarnationen, diese ist keine Ausnahme. Die Graphik ist im Aborigines-Kunst-Stil gehalten und sieht recht edel aus.
Es gab noch einem Tisch mit einem Gedächnis-Spiel, dass recht professionell aussieht, ich weiß aber nicht mehr, wer oder was sich dahinter verbirgt und ob es ein Prototyp oder eine Neuheit war.
Ich selbst hatte König von Siam mit und spielte als Essen-Warm-Up eine Demopartie. Interessanterweise haben tatsächlich die Briten gewonnen und ich bleibe auch in meiner x-ten Dreierpartie ohne Sieg. Ich spiels in Zukunft nur noch zu zweit oder viert *gg
Außerdem gab es natürlich noch einige Protos zu sehen. Ich selbst konnte mein Copacobana testen und der Test verlief positiv. Mal sehen, wem ichs anbiete. Nachdem die letzten Berliner Treffen oft eher enttäuschend verliefen (weil wenig Leute da waren), wars diesmal ergiebig und mit viel Publikum. Nächstes Mal im März soll Schmidt wieder mit von der Partie sein – dann wird der Trend hoffentlich fortgesetzt. Schön wärs!
Ach ja, Ravensburger Redakteure waren keine da. *Nurmalsogesagt…*

Und der Meilenstein der Woche geht an ein Spiel, dass wohl niemand kennt:
Touring (Autor unbekannt) erschienen 1906 bei Parkerspiele.
Touring ist im Prinzip eine Art Vorläufer von Mille Bourne/1000 KM und damit spielerisch sicherlich nichts, was einem begeistert vom Stuhl fallen lässt. Aber es ist ein Meilenstein, denn es ist das erste Spiel der beliebten Nimm-Das!-Sorte (von mir auch gerne „Aktionskartenspiel“ genannt).
Aktionskartenspiele sind Spiele, bei denen irgendein Ziel erreicht werden muss und die Karten in 2 Arten vorkommen: Karten, die einem helfen, das Ziel zu erreichen und Karten, die andere daran hindern, das Ziel zu erreichen. Insofern werden Karten für einen selbst oder für andere gespielt. Die Hinderungskarten sorgen für eine hohe Interaktivität.
Mit Touring startete eine Welle: Da eine hohe Interaktivität gesichert ist und die Karten praktisch jeden Grund für eine Behinderung geben können, wird das Aktionskartenspiel heutzutage gerne eingesetzt, vorzugsweise von Autorenanfängern. Jedes Thema kann so problemlos und relativ einfach umgesetzt werden. Ein Spiel über das Zerschlagen von Aquarien? Kein Problem! Mach ein Aktionskartenspiel draus! Als Hinderungskarten bieten sich an „Aquarium aus Panzerglas!“ „Aquarium enthält Piranhas“, „Gestolpert!“… und schon hat man ein „witziges“ Spiel erfunden. Geht schneller als Haare waschen…
Zugegeben, das klingt etwas zynisch, aber das soll die Leistung des Touring-Autoren nicht mindern: Er hat ein destruktives Element eingebaut, dass thematisch verbunden ist und hohe Flexibilität erlaubt. Und das so gut ist, dass es seitdem tausendfach kopiert wurde. Das ist schon einen Meilenstein wert, oder?
Touring war übrigens bis in die 70er im Programm bei Parker. Mille Bournes ist daraus entwachsen, gilt aber auch als besseres Spiel: Touring enthält zu viele negative Karten, so dass sich eine Partie ziehen kann.

ciao
peer

Peer Sylvester
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