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Immer 1000 Blocks mehr als du!

Das schöne am Internet ist ja, dass man immer mal wieder gesagt bekommt, was man eigentlich denkt. In diesem Fall haben SU&SD bei ihrer Spartakus-Rezension einen Punkt angesprochen, der mich auch schon lange gestört hat, ohne es richtig zu merken:

Viele Spiele benutzen Aktionskarten als Motor oder als Zusatz. Das ist an und für sich eine völlig wertneutrale Aussage, denn „Aktionskarten“ können auf vielfältigste Art und Weise verwendet und ins Spiel eingebunden werden. Was stört sind nicht einmal die Aktionskarten, die sich gezielt gegen andere Spieler richten (z.B. Klaue 3 Gold oder zerstöre 17 Kirchen). Auch die können gut oder weniger gut implentiert werden (auch wenn ich die in vielen Fällen als einfallslos und unpassend empfinde). Was mich eher stört sind tatsächlich die Karten, mit denen sich die Aktionskarten abblocken lassen. Und ich würde die auch nicht als besonders gelungenes Spieldesign bezeichnen wollen.

Das Hauptproblem ist die Potenzierung des Chaosfaktors: Ich brauche eine Karte mit einer mir genehmen Wirkung. Dann endlich spiele ich sie und dann blockt der andere diese, ohne dass ich vorher eine Chance gehabt habe, das zu verhindern. Bei der besonders nervigen Variante kann ich vielleicht sogar den Block blocken und dann wird es albern. Das haben die Jungs von SU&SD gut beschrieben: Es erinnert an die Spiele unserer Kindheit: „Nein, du kannst mir nichts tun, denn ich berühre das magische Kissen!“ „Aber ich trete auf den gefährlichen Besen und dann geht das!“ „Ich habe aber einen Gegenbesen-Gürtel an“… Lustig wenn man 5 ist. Nervig wenn man irgendetwas planen will. Insbesondere wenn die geblockte Aktion mich auch noch zur Untätigkeit verdammt – das ist dann nur noch frustrierend. Außerdem habe ich immer das Gefühl, den Autoren wollten mit den Gegenkarten irgendwie die Effekte der eigentlichen Karten abmildern, weil sie die doch als zu stark empfunden haben. Das Resultat sind nicht selten sehr einseitige Partien, wenn ein Spieler deutlich besser nachzieht als die anderen.

Nun gibt es schon Spiele, die sich auf solche Effekte konzentrieren – Die Munchkin-Reihe z.B.,  – Spiele, die ich als „Aktionskartenspiele“ bezeichne. Hier mag das Zielgruppenpassend sein, aber diese Spielegattung ist zwar erfolgreich, aber nicht gerade originell (seit Touring hat sich da wenig getan). In Spielen außerhalb der Gattung hat dieser Mechanismus in dieser Form imho nichts verloren. Denn der Schutz lässt sich eleganter, origineller und spieltechnisch interessanter umsetzen: In dem Gebäude gebaut werden, die gegen diese Aktionen schützen z.B. oder in denen Geld/SP/Kartenkombinationen abgegeben werden (dann hätte der ursprüngliche Aggresor auch was erreicht!). Eine ebenso elegante wie originelle Variante habe ich gerade bei Divided Republic erlebt: Dort gibt es zwei Möglichkeiten: Einmal hat jeder pro Spiel die Möglichkeit einen Karteneffekt zu blocken (oder einen anderen zu verstärken)- der Einsatz muss natürlich wohlüberlegt sein. Zum anderen blockieren die Blockade-Karten nicht wirklich (die negative Aktion findet statt), aber der andere wird ebenfalls getroffen! Dadurch gibt es keinen echten Schutz, aber das Ausspielen der Gegenkarten muss wohlüberlegt sein.

Dieser ganze Artikel soll eigentlich nur eines zeigen: Auch Standardmechanismen sollten ab und an hinterfragt werden. Diese kleinen Dinge zu variieren ist die Kunst aus einem guten Spiel ein sehr gutes zu machen. Hab ich mir jedenfalls so sagen lassen. ;-)

ciao

peer

Peer Sylvester
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4 Kommentare

  • Hi Peer, gebe ich dir Recht. Allgemei würde ich sagen man muss mit Mechanismen die etwas zerstören oder schlagartig verändern sowie so aufpassen. Denn Leute mögen es nicht wenn etwas, das sie aufgebaut haben einfach so zerstört wird.

    Ich würde das ganze aber in den Zusammenhang Spielzeit stellen. Ein Spiel das sagen wir mal 15 min. geht ist es ok wenn es solche „überraschende“, „nicht planbare“ Aktionen gibt. Bei einem Spiel das aber über 60min dauert finde ich das überhaupt nicht mehr lustig.

    Und da wir gerade am ablästern über Spielmechanismen sind. Warum wird so oft versucht ein Merkspiel aus manchen Spielen zu machen. Gerade lag noch 5 Geld auf dem Spielfeld, nun nimmt sich Spieler A das Geld und legt es dann hinter irgend einen Sichtschirm. Zwei Runden später sollte ich wissen wie viel Geld meine Mitspieler haben. Ok wenn es in dem Spiel darum geht sich solche Dinge merken zu können ist das ok! Sonst aber nicht. Denn ich will Spielen und mir nicht Informationen merken. Wenn ich ein Merkspiel spielen will, spiele ich Memory.

  • Bei dem Merkspiel gibt es so viele Graustufen und die meisten stören mich nicht (ich bin aber auch Skatspieler). Ich weiß noch, dass selbst Siedler von Puristen angegriffen wurde, weil man sich ja theoretisch die Rohstoffe merken könnte…
    In den meisten Fällen helfen Sichtschirme tatsächlich das Spiel weniger angestrengt zu machen, weil es sich wirklich niemand alles merken kann (und auch nicht muss). Ein Merkeffekt ist imho nur dann kritisch, wenn es wirklich wenig Informationen sind, die man sich merken kann und die dann wirklich einen großen Vorteil bringen, wenn man sie sich gemerkt hat (beides ist z.B. bei Siedler nicht der Fall: Es gibt so viele Infos, dass sich nur der Rainman alles merken kann – und es brächte nur selten einen echten Vorteil, wenn man es sich merken könnte). Tatsächlich fällt mir kein aktuelleres Spiel ein, wo mir der Merkeffekt aufgestoßen wäre. Aber ich weiß, dass das ein umstrittenes Thema ist ;-)

  • Ich musste hier an Magic denken, wo Counter-Controll-Decks solch eine Überhand nahmen, das die Hauptkarte Counterspell teurer gemacht werden musste. Etliche Spieler beschweren sich, ich finde sie könnten auf diese Karten komplett verzichten.

  • Ich kann mir das sehr gut vorstellen: Wenn das Spielen einer Aktionskarte risiko- und verlustreicher ist, als das countern, dann wird halt nur noch gecountert. Das ist nicht der Sinn der Sache.
    Ein weiteres Argument gegen das Blocken