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Ich zeig euch mal was schlecht ist!

Im Spielbox-Forum gabs vor kurzem -mal wieder – die Frage nach der persönlichen Flop-10. Die Diskussion um Sinn und Unsinn einer solchen Liste erspar ich mir hier mal. Was mir aber aufgefallen ist: Ein Poster nannte sowohl Tic-Tac-Toe als auch El Grande. Persönliche Meinung oder nicht – das macht keinen Sinn! Ersteres funktioniert nicht wirklich als Spiel, weil gleichstarke Spieler immer unentschieden spielen. Letzteres ist ein vollwertiges Spiel, das funktioniert. Die gleich zu bewerten ist Unsinn.
Überhaupt ist der Begriff „schlechtes Spiel“ doppeldeutig: Ist es ein Spiel, das nicht richtig funktioniert? Das keinen Spaß macht? Das mir nicht gefällt, aber anderen durchaus? Das mich enttäuscht hat?
„Bluff“ ist ein schönes Beispiel: Es gefällt mir überhaupt nicht UND es hat mich enttäuscht – Von einem Spiel des Jahres erwarte ich mehr als eine Meier-Variante, die zudem (imho) schlechter funktioniert als das Original. Dennoch würde ich es nicht als „schlechtes Spiel“ bezeichnen – nur als eines, das mir nicht gefällt.
Aber spaßeshalber wollte ich jetzt hier ein paar wirklich schlechte Spiele aus dem Horrorkabinett der Spieleentwicklung hervorholen und vorstellen.
Bei Boardgamegeek sind übrigens die am schlechtesten bewerteten Spiele Krieg und Frieden (3522), Snakes & Ladders (3523), Bingo (3524) und … Tic-Tac-Toe (3525). Klassische Spiele kommen in meiner Vorstellung aber nicht vor, genausowenig wie die Nachkommen des Gänsespieles, die man auch heutzutage noch in Zeitungen und Zeitschriften findet (Wobei es noch in den 80er Jahren solche Spiele bei namhaften Verlagen im Programm waren , z.B: eine Reisespielreihe mit den Titeln Paris, London und Rom).

Als ich meine Eltern nach dem schlechtesten Spiel gefargt habe, waren sie einhellig der Meinung: Das rote Nashorn. Bei diesem Kleinod aus den 70ern wird über ein Brett gewürfelt – Im Prinzip wie bei dem Gänsespiel, aber mit einigen Abzweigungen und alternativen Roten – um auf bestimmten Feldern bestimmte Ringe einzusammeln. Wer alle Tiere gefangen (= alle Ringe eingesammelt) hat, darf sich auf den Nachhauseweg machen. Aber halt! Da ist ja das rote Nashorn! Und das besetzt 3 Felder auf dem Nachhauseweg und wer da landet, verliert alle Ringe und darf noch einmal von vorne anfangen! Ja, das ist Spannung: Das Spiel ist bis zuletzt offen! Jeder kann kurz vorm Ziel noch einmal hoffnungslos zurückgeworfen werden, weil er keine 4 oder höher werfen konnte! Spannung pur – Vor allem die Spannung, ob das Spiel nun endlich zu Ende ist oder sich noch länger hinzieht.
Kino-Äquivalent: Attacke der Killertomaten. Begründung: Absolut sinnloses Spiel mit einer absolut bekloppten Idee: Ein rotes Nashorn? Wieso rot? Hä? Und wieso ist Wim Thölke (ja, genau „Thööööölke“) auf dem Cover? Der hat nix, aber auch gar nix mit dem Spiel zu tun.

Seit den Herr der Ringe-Spielen und der Literaturreihe von Kosmos gibt es ja im Bereich Merchandising mittlerweile ganz ordentliche Sachen. Das war nicht immer so. Sicherlich, Donkey Kong z.B. bietet aus heutiger Sicht nicht gerade Spielerische Feinkost, aber mir hats als Kind gefallen. Das kann man nicht von „Hanni & Nanni“ (kein BGG-Eintrag) behaupten. Meine Schwester hat es damals zum Geburtstag bekommen und man was hat sie sich gefreut. Besonders als wir es gespielt haben und feststellten: Es funktioniert nicht richtig. Man möge mir verzeihen, wenn ich den Spielablauf nicht mehr zusammenbekomme – das Spiel ist mittlerweile verschwunden und ich konnte die Regeln nicht nachlesen – aber es ging wohl darum die stinkende Socke aus einem Zimmer des Internats herauszuholen (Na, das ist doch mal ein tolles Spielziel!) und man durfte (warum auch immer) nur in eine Richtung über die Gänge laufen. Problem: Immer wenn jemand kurz vor dem Ziel war, verschwand es in die andere Richtung. Erst als wir die Beschränkung der Laufrichtung aufgehoben haben, war das Spiel zu beenden, einzupacken und auf nimmerwiedersehen im Boberger Baggersee zu versenken.
Apropos Merchandising. Das erste Spiel, was ich mir von meinem Taschengeld gekauft habe war ausgerechnet Cats. Ich weiß nicht, ob wir die Regeln nicht richtig verstanden haben, aber wir haben es zweimal versucht zu spielen. Man versucht die eigene Karte mit dem geheimen, eigenen Gegenstand zusammenzubringen. Wie bei Heimlich & Co kann jeder jede Katze bewegen und die eigene Katze wird geheim gehalten. Klingt ganz gut. In der ersten Partie wurden die Katzen und Gegenstände so wild mit Hilfe der Ereigniskarten durcheinandergeworfen, dass niemand auch nur eine Chance hatte sein Ziel zu erreichen. Wir brachen ab. Wir versuchten es erneut (ich glaube mit einer anderen Regelinterpretation). Mein Vater machte einen Zug und setzte eine Spezialkarte ein. Er hatte gewonnen. Niemand sonst war an der Reihe gewesen. Das Spiel wurde bei einer Tombola zugunsten der Klassenkasse der 6a an einen Ahnungslosen Passanten weitergegeben.
Kinoäquivalent: Hellboy: Umsetzung eines Themas, das zwar viel hergeben würde, aber die so dilletantisch mit so vielen Fehlern fabriziert wurde, dass das Ergebnis sich der Vorlage schämen sollte.

Ein ganz anderes Kaliber ist Wackelturm (jedenfalls glaube ich, dass das so hieß), ein Geschicklichkeitsspiel für Grobmotoriker. Theoretisch alles ganz gut: Reihum würfelt jeder und muss je nach Ergebnis 1-3 Scheiben auf einen Turm stellen. Allerdings sind nur so knapp über 15 Scheiben im Spiel, so dass der Turm gar keine Chance hat zu kippen, wenn nicht gerade während eines Erdbebens der Stufe 6 gespielt wird. Das Spiel ist ein Kinderspiel, zugegeben, aber mir ist es bei diversen Gelegenheiten immer wieder untergekommen und in bestimmt 20 Partien (mitgespielt oder zugeguckt) ist der Turm nicht ein einziges Mal umgefallen. Die Chance dass der Tisch umfällt erscheint mir größer. Da freut sich der Pädagoge: Niemand muss traurig sein, dass er den Turm umgeworfen hat. Nachfolger war übrigens die Jenga-Klebstoff-Variante.
Kinoäquivalent: Godzilla von Emmerich: Im Prinzip eine gute Idee, aber niemand hat sich die Mühe gemacht, das fertige Produkt noch einmal anzusehen.

Ich könnte noch stundenlang weitermachen – während ich dies Schreibe fallen mir mehr und mehr misslungene Spiele ein. Spiele die einfach schlecht sind, Spiele die gut hätten sein können, aber durch eine Redaktion verunstaltet wurden (Mr. Diamond). Und Spiele die einfach abstrus sind (Zahlen-Denkfix, Wurf-Tic-Tac-Toe, Playboy-Kniffel und das unbekannte Spiel, das ich mal auf dem Flohmarkt gesehen -und leider nicht mitgenommen – habe, es hatte den Untertitel „500 Fragen aus dem Heizungsbau“). Aber ich nenne nur noch eines: Expedition, 1971 bei Ravensburger erschienen. Ein Spiel in zwei Phasen: Monopoly und Würfelspiel. Allerdings ein Monopoly bei dem es keine Grundstücke gibt sondern nur Ereigniskarten, die man Sammeln muss. Man muss nämlich Sets von 3 Karten zusammenhaben, von dem für jeden Spieler genau eines drin ist. Handlimit: 3 Karten. Man muss eine Karte aufnehmen und eine andere abwerfen wenn man kann. Resultat: Wer nach den Regeln spielt, spielt nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung ca. 24 Jahre, bis er in die zweite Runde darf. Wer nicht ganz so viel Zeit hat, fängt irgendwann an zu schummeln und tauscht mit dem Nachbarn. Dann darf man in die zweite Runde, wo über ein Spielbrett gewürfelt wird, bis einer seine Ziele erreicht hat. Toll. Besonders witzig: Nicht einmal der Graphiker oder die Redaktion hatte lust das Spiel zu spielen. Anders kann ich mir nicht erklären, dass es ein Ziel gibt, dass kein Spieler anlaufen darf.
Kinoäquivalent: The Core: So uninteressant und langweilig, dass es niemanden interessiert, dass es nicht funktioniert.

Das solls erst einmal gewesen sein. Der aktuellste Vertreter ist übrigens wohl Zwischendurch von der Ideenfnderin. Ein Spiel, bei der Zahlen gewürfelt werden müssen. Das erklärt man wenigstens schnell.

ciao
peer

Peer Sylvester
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9 Kommentare

  • Ja, den Reiz von Bluff habe ich auch nicht verstanden. Aber auch, welch namhafter Autor sich hinter so manch einer Gurke verbirgt, ist interessant. So finde ich Spy von Knizia ziemlich zum spyen. Aber gerade bei diesem Autor wird manch ein high von dem ein anderen sehr low untertroffen. Und übrigens: Nicht Krieg und Frieden (Platz 786) sondern War belegt Platz 3522 bei Boardgamegeek.

  • Hi,
    bezüglich „War“ – Das ist das Kartenspiel bei dem beide Spieler eine Karte aufdecken und die höhere gewinnt. Kenne ich als „Krieg und Frieden“ (aber natürlich war mein Kommentar mißverständlich – das Krieg und Frieden von TM meine ich jedenfalls nicht)

  • Hallo,
    zu Expedition:
    Deine Meinung kann ich leider nicht teilen. Du hast die Spielanleitung nicht richtig gelesen. Jeder Spieler bekommt am Anfang 4 Mannschaftskarten und während einer Runde um das Spielfeld kann man sich Ausrüstung dazukaufen. Es ist keineswegs erforderlich 3 Stück Ausrüstung zu haben! Es gibt auch kein Handlimit von 3 Karten, nur ein Handlimit von 4 Mannschaftskarten! Ausrüstung kann jeder soviel kaufen, wie er will. Laut Anleitung soll der erste Spieler, der eine Expedition beginnen will, 4 Karten (und da zählen die Mannschaftskarten mit!), der zweite Spieler 3 Karten, der 3. Spieler 2 Karten haben. Bei Beginn einer Expedition werden die Karten der anderen Expeditionen abgegeben, so können die nachfolgenden Spieler sich in einer 2. Spielbrettumrundung bessere Karten holen. Da es 4 Expeditionen für 4 Spieler gibt, bleibt jedem eine Expedition offen. Verschiedene Felder des Spielplans können während einer Expedition nur mit passenden Ausrüstungen betreten werden. So kann z. B. ein „Taucher“ nie auf einen Berg steigen, weil er nicht auf Landfelder kommt! Während ein „Archäologe“ nicht tauchend einen Schatz entdecken kann. Und wenn jemand versehentlich auf das prähistorische Skelett kommt, kriegt er ohne passende Mannschaftskarte kein Geld dafür… Im Ziel gibts für die Schnellsten nochmals Geld. – ein weiterer Punkt, keine unnötigen Umwege zu reisen und falsche Ziele anzusteuern. Denn nur das Geld entscheidet schlußentlich, wer gewinnt.
    Fazit: Die alte Expedition ist insgesamt ein ganz nettes Würfelspiel für die ganze Familie.
    und: – welches Spiel gut oder schlecht ist, sollte jedem selbst überlassen sein. Die Geschmäcker sind verschieden.

  • „Gut oder schlecht“ – das ist m.E. keine Frage des Geschmacks! (Diese Frage würde dann nämlich mit „gefällt mir oder eben nicht“ beantwortet.)

    Es gibt halt doch objektive Kriterien, nach denen man ein Spiel (auch) bewerten kann.

  • Jo, es gibt objektive und subjektive Kriterien, wobei auch nicht auszuschließen ist, dass ein objektiv schlechtes Spiel subjektiv Spaß machen kann.
    Ein Beispiel hierfür: Mein Bruder und ich haben früher ‚Autonummern aufschreiben‘ gespielt. D.h. Wir haben uns an der Grundstücksgrenze aufgestellt und die Nummern vorbeifahrender in Notizbücher eingetragen. Wer die meisten hatte bzw. besonders exotische Nummern lag jeweils vorne.

    Expedition gehört zu den Spielen, die ich als Kind sehr gern mochte, passend zu Filmen über Entdecker. Was die objektiven Kriterien betrifft, so ist die Erinnerung zu verblasst, um da mitreden zu können. Aber subjektiv war es damals ein Spitzenspiel. Wenn du es noch hast, Peer, lass es uns mal spielen … :)

    Ganz schlecht kam übrigens Backgammon weg. Die übersichtlich verfaßte Anleiung in der Spielesammlung hatte ich trotz mehrerer Anläufe nicht verstanden, bevor ich erwachsen wurde. :)

  • Interessant, dass ein Artikel, den ich vor 3 Jahren geschrieben habe, solche Wellen schlägt ;-)
    Also: Zur ersten Phase kann ich nichts mehr sagen, da ich das Spiel nicht mehr habe (sorry, Günter). Aber die zweite Phase war eben ein reines Würfelspiel. Ja, der Taucher kann nicht ins Gebirge. Warum sollte er auch dorthin wollen? Er hat ja ein ganz anderes Ziel. Bei MÄDN darf der rote Spieler auch nicht auf die gelben Zielfelder – wird das Spiel dadurch interessanter? Und dass das überflüssige Ziel für den Fall da ist, dass ein Spieler da versehentlich drauf zieht und dadurch verliert ist doch eher ein schlechter Witz, oder?
    Ich hab früher (als Kind) übirgens sehr gerne die Würfelspiele aus Readers Digest gespielt: Da wurde gewürfelt, entsprechend vorgesetzt und ggf. die Aktion auf dem Aktionsfeld (1x aussetzen, zwei Felder vor etc.) durchgeführt. Dennoch waren das keine guten Spiele… Ich habe gerne gespielt und vor die Wahl gestellt, hätte ich was anderes gespielt. Die hatte ich aber nicht, also war ich von den Würfelspielen begeistert (zumal die graphisch auch schick waren. Und sogar thematisch!)

  • @ Peer: wenn du das Spiel nicht mehr hast, die Erinnerung daran zu schlecht ist, die Regel nicht (mehr) kennst – warum schreibst du dann eine Kritik zu einem Spiel???

    Der Würfel in der 2. Phase ist ein Symbolwürfel, der nur 1-2 Schritte zulässt! Der Clue bei der Expedition besteht darin, in der ersten Phase nicht zuviel Ausrüstung zu kaufen, und in der 2. Phase sich einen Weg durch die möglichen Felder zu bahnen. Die einzelnen Felder benötigen die Ausrüstungsgegenstände der ersten Phase, dadurch wird es etwas knifflig.
    Da das Spielziel nicht darin besteht, als erster irgendwelche Ziele zu erreichen, sondern das meiste Geld zu haben, würde eine reine Würfelei wie du es beschreibst, keinen Sinn machen!

  • Ganz einfach: Es ist 4 Jahre her, das ich den Artikel geschrieben habe. Seitdem ist meine Erinnerung an das Spiel glücklicherweise verblasst.
    Wenn Sie nächstes Jahr noch mal hier posten, werden es 5 Jahre sein und meine Erinnerung wird nicht besser geworden sein :-)

    Aber deswegen werde ich den Artikel nicht löschen…

    Und so ganz falsch liege ich nicht, wenn ich mir andere Bescreibungen durchlese, z.B: Spielphase http://sunsite.informatik.rwth-aachen.de/keirat/txt/E/Expediti.html
    Auch hier steht klar, dass sich die erste Phase extrem ziehen kann.
    Und was die Sache mit dem Geld betrifft: In erster Linie geht es um die Ziele, damit ist das Geld zu machen! Und andere Karten als die aktuell benötigten, darf man eh nicht behalten. Bleibt also nur die Frage: 2 oder 4 Karten kaufen…

    Naja, wems gefällt…