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Von Spielen, Zünften und Verlagen

Vor einigen Jahren gab es nur ein Geographieratespiel: Das World Fact Game (Rezension ). Da meine Familie und ich alle eine Affinität zu Geographieratespielen haben (wir haben ein paar mal das Quiz des Encarta Weltatlanten benutzt) habe ich mich mal an ein entsprechendes Spiel rangesetzt. Es war eines der glücklichen Entwicklungen, wo alles auf Anhieb zusammenpasst. Das Ratesystem ist denkbar einfach, alle sind immer beteiligt und man kommt mit gutem schätzen weiter als mit blindem Raten, dennoch ist es kein Wissensquiz. Ich nahm es zu meinem ersten Spieleautorentreffen mit und dort wurde „Weit Weg“ gleich von einem Verlagsvertreter mitgenommen. Juchu!

Ich lernte eine Menge neues über die Spieleszene.

Vor allem lernte ich, dass ein Verlag sehr viel Zeit braucht, um ein Spiel zu testen (es sei denn, es ist so schlecht oder so ungeeignet, dass sie es sofort zurückschicken können, aber das ist natürlich nicht der Fall, wenn ein Verlagsvertreter dies auswählt). In meinem Fall behielt der Verlag das Spiel über ein Jahr. Mittlerweile weiß ich, dass das eher die Regel ist, als die Ausnahme, ja es ist sogar eher ein gutes Zeichen. Leider hat es nichts genutzt. Und da lernte ich die zweite Lektion: Man braucht eine Menge Glück. Das Spiel wurde nicht veröffentlicht, denn es war „zu klein für die große Schachtel und zu groß für die kleine Schachtel“. Aber es wurde mir bescheinigt, dass es ein gutes Spiel ist, und nur knapp scheiterte. Ich kenne mittlwerweile eine Menge Gründe, warum ein Spiel „knapp scheitern“ kann. Einige haben sogar etwas mit der Qualität des Spieles zu tun.

Mittlerweile haben die Verlage die Geographiespiele entdeckt. „Ausgerechnet Buxtehude“ war das erste und wurde letztes Jahr mit „Ausgerechnet Uppsala“ sozusagen erweitert. Kosmos bringt „Finden Sie Minden?“ heraus. Für mein Spiel sind das schlechte Neuigkeiten. Gerade bekam ich „Weit Weg“ wieder zurück – mit der Begründung, es erinnert zu sehr an „Ausgerechnet Buxtehude“. (Was nur insofern stimmt, als das es ein Geographieratespiel ist. Mechanismus und Spiel sind ziemlich verschieden).

Dieses Blog soll jetzt keine Jammerei sein, sondern ein paar Einblicke über meine Erfahrungen mit diversen Prototypen bei diversen Verlagen geben. Ich erwähne keine Verlage mit Namen, denn, naja, ich möchte auch in Zukunft Protos zu Verlagen schicken… :-)

Der beste Weg ein Spiel einem Verlag anzubieten ist vis-a-vis bei einem Autorentreffen, vorzugsweise Göttingen. Die Vertreter können gleich einschätzen, ob das Spiel überhaupt eine Chance hat. Allerdings ist der größte Teil des Jahres kein Göttingen, also wird man es mal per Post verschicken. Dann wird es immer gerne gesehen, wenn man eine Email vorschickt. Das klappt bei vielen Verlagen auch recht gut. Aber bei einer Reihe von Verlagen klappts eher sporadisch, bei einer Handvoll gar nicht. Das kann zum einen an einem starken Spam-Filter liegen, aber ein Verlagsvertreter meinte am Telefon „Nein, habe ich mir nicht nageguckt. Wir öffnen keine Emails von Autoren, die wir nicht kennen“. Na, kein Wunder, dass dort immer dieselben Namen auf der Schachtel stehen…
Bei einem anderen Verlag wurde mir mitgeteilt, sie hätten „Prototypenstopp“, da sie noch so viele ungetestete Protos hätten. Lustigerweise kommt man da auch mit „Vitamin B“ weiter: Wer jemanden kennt, der jemanden kennt, kommt dennoch in die Testrunden. Also ist auch in der Spieleszene der beste Tipp: „Kenne viele Leute. Habe einen Namen.“
Generell glaube ich, dass die Schnittstelle Verlag Autor besser funktionieren könnte, als sie es im Moment tut. Wie gesagt, bei vielen Verlagen funktioniert sie gut, bei anderen aber nur stockend oder gar nicht. Bei einigen wird man gut behandelt, bei anderen eher als Bittsteller (gerade als noch unbekannter Autor). Manche Verlage haben auch eine etwas merkwürdige Verlagsstruktur. Ein Verlag schickte ich eine Regel. Daraufhin wollten die das dazugehörige Spiel haben. Ich schickte es ihnen. Nach einem Jahr kam es zurück mit der Begründung „Passt nicht ins Verlagsprogramm.“ Aha, dafür haben die ein Jahr gebraucht? Als ich ein Buchmanuskript zu einem ungeeigneten Bucverlag geschickt habe, kam eine entsprechende Antwort anch 2 Wochen…
Wäre es nicht schön, wenn es eine Organisation gäbe, die es sich auf die Fahnen geschrieben hätte, die Zusammenarbeit zwsichen Autroen und Verlagen zu verbessern?

Ach ja, die Spieleautorenzunft.

Ich dachte früher, sie wäre eine Art „Spieleautorengewerkschaft“. Das war bevor ich Autor war. Als ich angefangen habe, Spiele zu erfinden kam gerade der „Ravensburger Vorstoß“ und die Stellungsnahme der SAZ, die …ah…anders ausgefallen ist, als ich es erwartet hätte (Hier die alte Diskussion zum Thema). Ich bin nicht eingetreten, denn ich habe immer mehr das Gefühl, es geht mehr darum die Autoren an die Verlage anzupassen („Professionalisierung“) als anders herum, bzw, als eine Brücke zu schlagen. Also eher Handelskammer als Gewerkschaft?

Zur Klarstellung: Ich bin nicht in der SAZ. Es kann sein, dass ich es als Außenstehender komplett falsch sehe (würde mich aber wundern, denn ich kenne ja Leute, die drin sind), aber von der Außenwirkung her, sehe ich die SAZ nicht als das, was sie sein könnte. Ich sehe auch, was es für Möglichkeiten gäbe, eine bessere Außenwirkung zu bekommen, aber bislang wurden alle diesbezüglichen Elfmeter leider vergeben. Ich finde es schade, eine gute Autoren-Vertretung wäre auf jeden Fall etwas sehr erstrebenswertes.
Naja eine „Zunft“ ist ja eigentlich eine Organisiation gewesen, die sicherstellen sollte, dass kein Handwerker, der nicht in der Zunft ist, einfach so etwas verkauft. Manchmal beschleicht mich das Gefühl, die SAZ wäre nicht traurig, wenn das in der Spieleszene auch so wäre.

Das beste was man machen kann? Spiele erfinden, die man selber gerne spielt. Dann ist die Veröffentlichung ein Bonus, kein muß.
Aber wenn man einmal von der verbotenen Frucht gekostet hat…

ciao
peer

Peer Sylvester
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