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Spielen auf den Philippinen

Bei meinen bisherigen Besuchen auf den Philippinen habe ich gerade einmal einen einzigen Spieleladen kennengelernt. Der einzige Autor, den ich dort kannte- Joli Quentin Kansil – ist kein Filipino, sondern Amerikaner und lebt „nur“dort. An heimischen Spielen kannte ich nur einige traditionelle Kartenspiele – die hiesigen Varianten von Chinese Poker und Big Two (Pusoy Dos) sowie das hier sehr beliebte Mahjong und die lokale Variante des Bohnenspieles Sungko, die ich hier vorgestellt habe. Doch dieses Mal war alles anders. Wie in der ganzen Region hat sich auch auf den Philippinen mittlerweile eine kleine aber aktive Szene herausgebildet – und ich konnte einige von ihnen treffen, dank Freddie Tan, der Präsident von Ludos Distributions, einem Vertrieb und Lokalisator für Brett- und Rollenspiele.

Ein Kern der Szene ist die Ladenkette Neutral Grounds, wo es Brett- und Rollenspiele aber vor allem auch Tabletops gibt und wo regelmäßige Events stattfinden. Hier treffen sich dann auch entsprechende Gruppen zum spielen. Ein anderer Eckpfeiler der Szene ist Facebook, viele Autor:innen, Contenttrebende und Spielende sind hier vernetzt.

Was mir aufgefallen ist: Viele philippinische Eigenproduktionen basieren auf philippinischen IPs: Auf Serien (Wie „Team Shuffle“ ) oder auf Comics (Lastikman) z.B. und sind dann oft (aber nicht immer) auch auf Tagalog. Ich habe mir diese Spiele nicht näher anngesehen – ich hatte nur begrenzt Zeit und habe mich natürlich auf Spiele konzentriert, bei denen ich nicht das Gefühl hatte, ich verstehe die Story dahinter nicht. Meine Theorie ist aber, dass die Spieleszene noch so klein ist, dass eine IP ungemein hilft, ausreichende Stükzahlen abzusetzen. Was ich mir angeschaut habe, werde ich im folgenden kurz vorstellen:

 

Bei Pawikan Patrol von Mykey Cuento helfen wir Schildkröten (Pawikan sind Meeresschildkröten) am Strand. Das geschieht auf einfachste Art und Weise: 5 Karten liegen verdeckt aus, wir spielen eine Person aus unserer Hand unter eine davon. Die gespielte Karte gibt an wie der Wilderer bewegt wird und hat dann noch eine Sonderfunktion. Wilderer und die eigene Figur decken die Karten auf, bei der sie liegen (ist es dieselbe, greift der Wilderer zuerst zu und man hat dämlich gespielt) und wenn es Schildkröten oder Nester sind, nimtm man sie sich. Müll will man i.A. nicht haben, außer man hat den Freiwilliogen gespielt, Und andere Meerestiere schicken andere Karten unter den Stapel. Informationen über die Karten kann man mit den eigenen Charakteren sammeln, den Rest muss man sich merken oder Glück haben. Greift der Wilderer zu viele Karten ab, haben alle verloren, was durchaus für Spannung sorgt, wenn die Familie am Tisch sitzt zumindest – Vielspieler:innen werden sich vermutlich daran stören, dass jemand, der meint nicht mehr gewinnen zu können, einfach den Wilderer gewinnen lässt (An die armen Schildkröten denkt diese gewinnorientierte Person natürlich mal wieder nicht!). Pawikan Patrol spielt sich angenehm flott – 15 Minuten etwa und bei der kurzen Spieldauer stört mich der hohe Glücksfaktor nicht. Der Memoryeffekt ist für mich hier sogar angenehm und rundherum ein nettes Paket.

Die nächsten drei Spiele sind alle von Ronald Villaver und ich habe sie geschenkt bekommen – Danke!

Watchlist gefällt mir dabei am besten. Es ist ein originelles Kooperatives Spiel, bei dem eine Person inesgamet 5 Karten bekommt, die alle Teile einer großen Szene zeigen. Die anderen haben ein identisches Deck (mit der gesamten Szene), aufgeteilt auf mehrere Häufchen. Ein Clou: Das Deck der Gruppe ist farbig, dass der Einzelperson schwarz-weiß. Nun hat die Gruppe 5 Minuten Zeit, um die 5 Karten durch Ja-Nein-Fragen herauszufinden. Das geschieht gleichzeitig, Auch müssen die Kartenstapel dabei idealerweise durchwühlt werden. Das ist deutlich kniffliger als man denkt. Zugegebenermaßen hat die Einzelperson etwas wenig zu tun, auch wenn nicht alle Fragen eindeutig beantwortet werden können (aber man halt trotzdem nur mit Ja ode Nein oder Weiß nicht antworten darf), aber für eine schnelle Runde Zwischendurch eine gute Herausforderung. hat sich eine FGGruppe auf Standardfragen eingeschossen, gibt es Varianten, in denen man besonders höflich fragen muss, nicht auf Merkmale wie „Geschlecht“ oder Aussehen von Personen fragen darf oder sich auf Pantomime beschränken muss. Für mich hat die Basisversion aber bislang völlig ausgereicht für den Geschiwindigkeitskick zwischendurch (obwohl die Kinder ja alle mal Antworten wollen und man gleich mehrere Partien am Stück spielt). Übrigens hat dieses lustigfe, hektische Koop einen ernsten Hintergrund: Das Spiel wurde inspiriert auf Dutertes Drogenkrieg, wo Polizisten einfach irgendein altes Schwarzweißfoto bekamen und in ein Viertel geschickt wurden, um die Verdächtigen zu töten. Dem Spiel selbst merkt man diesen Hintergrund nicht an, aber es zeigt vcielleicht, dass es apolitische Spiele nicht gibt…

Apropos Politik: Plataporma ist ein kleines „Überzeugungsspiel“, wie es einige gibt. Eine Person nutzt eine Handkarte um ein politisches Thema (z.B. „Fake News“) vorzugeben. Alle anderen spielen jetzt ihrereseits zwei Karten mit jewiels einem Vornamen (oder Titel wie „Königin“) und erklären warum diese beiden Personen als Präsifent und Vize die ideale Besetzung sind, um das Thema adäquat zu behandeln. Die Vornamen sind schon mit bedacht gewählt – „Barack“ z.B. lässt sich leicht als Barack Obama deuten, Joe kann aber genauso Joe Biden wie Joe Public oder sonstwer sein. Die Person mit dem Thema wählt dann das favorisierte Team. Plataporma ist nun bei weitem nicht das erste Spiel dieser Art und bietet jetzt dem genre nicht wirklich neues. Eine Vielzahl der Namen sagen zudem nur Leuten etwas, die sich mit Philippinischer Politik und/oder Popkultur auskennen.

Folded Wishes ist das einzige Nicht-Kartenspiel, dass ich gesehen habe (Kartenspiele sind nun einmal günstiger in der Produktion und auf den Philippinen ist weniger frei verfügbares Einkommen vorhanden, so dass Spiele schon einigermaßen günstig sein müssen). Es spielt auf einer Auslage von Plättchen und hat ein Origami-Thema, ist aber ein waschechtes abstraktes Spiel. Es geht darum 4 Steine in eine gerade Linie zu bekommen. Dazu wird zum einen der „Verrückte Labyrinth“-Mechanismus verwendet, zum anderen haben alle Plättchen, die verschoben werden, eine besondere Bewegungsart, mit der Plättchen und/oder Spielsteine bewegt werden können. Das ist clever gemacht und zu zweit auch flott gespielt. Mit mehreren Personen (man kann es auch zu dritt oder viert spielen) kann es sich ziehen, da kaum vorrausgeplant werden kann und man im Prinzip hoffen muss, dass andere etwas übersehen.

Insgesamt merkt man auch in den Philippinen wieder, dass andere Spielkultur einen anderen Stil an Spielen hervorbringt. Diese einfachen udn doch cleveren Kartenspiele, oft mit lokalr IP sind anders als Eurogames oder japanischer Minimalismus. Sowas finde ich immer spannend – und ich hoffe auf der Spielemesse in Zukunft auch mal philippinische Verlage zu finden.

Peer Sylvester
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