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Innovation und Neuheitenflut

Etwa eine Woche vor der Spiel in Essen hat Piatnik eine Pressemitteilung rausgeschickt, welche mir eine Schauer über den Rücken steigen lies. Zu wissen, dass dies von einem Presseservice rausgegangen ist, beruhigte mich nur zum Teil hatte ich doch mit solchen Pressevertreibern gute Erfahrungen gemacht, was die Verbreitung von Meldungen betraf, aber auch schlechte was andere Aspekte des Jobs betraf. Zumindest steht Piatnik über der Meldung, also steht der Verlag auch zu dem was er sagt.

Wer zuerst auch mal lesen möchte: Hier geht es lang.

Nun muss ich einfach meinen Senf dazu schreiben. Und das fängt schon mit der Überschrift an. Es geht um Nachhaltigkeit statt Neuheitenflut. Piatnik bringt halt keine Neuheiten zu Essen, sondern vertieft das was sie schon in Nürnberg gezeigt hat. Mein erster Gedanke ist, das sei ihnen gelassen. Damit sind sie nicht der einzige Verlag. Sich mit solch einer Meldung gegen die andere große Meldung zu stellen, das Essen schon wieder einen Rekord an Neuheiten aufgestellt hat mag wirken.

Das diese Flut aber nicht auf den Schultern einiger Verlage ruht sondern, vor allem auch mit der Masse an Verlagen zusammenhängt sei mal dahin gestellt. Die Zahl der Verlage die im gesamten Jahr 2012 etwa ein oder zwei oder drei Neuheiten rausgebracht haben liegt bei geschätzt 90% der Messe.

Werfen wir einen Blick auf die Webseite von Piatnik und da auf die Zahl der Neuheiten nur in diesem Jahr. Ich habe mal alle Spiele, welche zwar als neu deklariert sind aber für die Piatnik nur den Vertrieb übernimmt abgezogen. Also nur die Spiele die ein gelbes Dreieck unten rechts haben. Ergebnis: 11 Familienspiele und 2 Kinderspiele. Mit den rausgerechneten Spielen käme ich auf 51 Spiele. Da müssen wir zum Glück noch nicht von einer Neuheitenflut sprechen, wenn ich die Worte des Verlags richtig interpretiere.

Natürlich hat der Verlag recht, wenn es darum geht, dass in der Masse an Spielen es schwer ist die Spiele zu pflegen und daraus Dauerbrenner zu machen wie Catan, Carcassonne, 6 nimmt!, Bohnanza, Zug um Zug oder das eigene Activity. Solche Spiele gibt es in der Tat nicht oft. Aber ich würde unterstellen wollen das alle Verlage auf der Suche nach diesen Spielen sind und jedes Jahr aufs neue hoffen es gefunden zu haben. Kleine Verlage versuchen es mit einem Spiel im Jahr, die Größeren können sich auch mehrere Kandidaten leisten und so auch mehr Marktsegment besetzen.

Aber der Vogel wurde dann im dritten Absatz abgeschossen. Ich muss das zitieren um es festzuhalten.

Der Druck, Innovationen zu produzieren, führe außerdem nicht automatisch dazu, dass auch wirklich Innovatives entstehe. Vielmehr würden häufig bekannte Konzepte neu aufgepeppt und als vermeintlich innovativ beworben. „Da wird dann die 100. Version eines historischen Strategiespiels als Neuheit angepriesen“, bedauert Piatnik.

Nun wird mir hoffentlich jeder Spieler zustimmen, das sehr wohl viel innovatives in den letztes 10 Jahren erschienen ist. Oft auch gerade durch einfaches verbinden und verknüpfen Ich würde sogar soweit gehen das die überwiegend größere Zahl an neuen Spielen für Strategiespieler Innovativ ist. Die Spieler verlangen das. Die Natur tut in der Evolution nicht viel anderes und hat damit so manche Masse an Innovativen Kreaturen rausgebracht.

Ich will natürlich nicht abstreiten, dass es dies nicht auch in den anderen Bereichen der Spiele gibt wie den Kommunikationsspielen oder Kinderspielen. Aber den Strategiespielen dies abzustreiten, weil diese nicht zum eigenen Verlagsrepertoire gehören ist schon etwas hochnäsig. Gerade im Vielspielerbereich gibt es Innovationen, die dann auch in die normalen Familienspiele überschlagen.

Und was wird dann als eigene Qualität vorgestellt? Zum Beispiel ein „pfiffiges Förderspiel für Kinder“: Bei Biotrio geht es um das bekannte „Drei gewinnt-Prinzip“. Oder Absolutely English, wo anhand von Quizfragen die Sprachkenntnisse vertieft werden. Halt in Englisch. Ich habe diese Spiele nicht gespielt und müsste mir das näher ansehen, aber wirklich innovativ klingt erst mal beides nicht.

Unterm Strich ging es wohl um Aufmerksamkeit für den Verlag. Das was Pressemitteilungen in den meisten Fällen erreichen sollen. Ich weiß nicht ob es in der Breite für Piatnik in der Form gereicht hat, hier sind sie zumindest gelandet, wenn auch nicht in der Form die vielleicht gewünscht war.

Matthias Nagy
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3 Kommentare

  • Sorry, aber nach 2 Absätzen musste ich aufhören zu lesen, weil ich bei der nicht vorhandenen Kommasetzung die Sätze zum Teil doppelt lesen musste, damit sie Sinn ergeben.
    Wenn man schon bloggt (oder wie es heissen mag), sollten doch ein wenig Grammatikkenntnisse vorhanden sein.

  • Da stellt sich die Frage, was ist innovativ. Kann etwas, was nur Kenner als innovativ bezeichnen, als innovativ bezeichnet werden? Welche Kennerschaft darf man voraussetzen?
    Kann man den hundersten Joghurt mit einer neuen Frucht als innovativ bezeichnen?

  • Piatnik behauptet doch nicht, dass es keine Innovationen gebe, sondern dass der Druck zu Innovationen oftmals nur zu Pseudo-Innovationen führe. In welchem Umfang bleibt offen. Aber sie wollen lieber keine oder wenig Innovationen als Pseudos.

    Von den eigenen Spielen bezeichnet Piatnik lediglich ‚Good Friends‘ ausdrücklich als innovativ. ‚Pro&Contra‘ und ‚Absolutely English‘ werden als kommunikativ vorgestellt – darüber ob sie auch innovativ sind, wird nichts mitgeteilt. ‚Biotrio‘ wird – quasi ausdrücklich – als nicht innovativ vorgestellt.

    Ich lese aus der Pressemitteilung heraus:
    Gute Spiele müssen nicht innovativ sein, innovative Spiele müssen nicht gut sein und ‚innovative‘ Spiele müssen nicht einmal innovativ sein.

    Ich finde es wert, das zu diskutieren. Du offensichtlich auch. Sonst hättest du nicht darüber geschrieben. :)

    Tja, insofern ist zumindest die Pressemitteilung innovatief …