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Der Tag, an dem die Halle 9 still stand

Jedes Jahr erlebe ich Essen anders; mal als Besucher, mal als Aussteller, dieses Jahr als Spieleautor. Aus familiären Gründen war ich nur am Mittwoch (Pressetag) und am Donnerstag da und hatte viele Termine mit Verlagen, um Prototypen vorzustellen. Da blieb kaum Zeit zum Spielen, aber für ein paar  Eindrücke hats gereicht:

– Die Trends der Messe: kooperative Spiele (Space Alert, Ghost Stories, Der Hexer von Salem, Battlestar Galaktika, Freibeuter der Karibik und sogar ein ganzer Verlag, der sich nur dieser Sparte widmete) und Rennspiele (Hurry Cup, Flussfieber, Snow Tails, Leader 1, Formula D, Powerboats, Motorchamp...). Beides war vorher schon antizipiert worden. Überraschend dagegen die vielen „Doppelstände“ – viele Verlage hatten mehrere Stände, teilweise gabs die Spiele auch einmal beim Verlag und einmal beim Distributor (Übrigens: Pro Ludo heisst jetzt Asmodee und die hatten gefühlte 37 Stände auf der Messe, was vielleicht an den vielen Verlagen lag, die von denen vertrieben werden)

–  Angekommen bin ich am Mittwoch, nach Bahnverspätung etwas zu spät für die Presseschau, aber gerade rechtzeitig, um einen Teller Flussschrimpsalat von Stefan Marquard persönlich zu bekommen. Das kam mir nach der Bahnfahrt gerade recht und hat mir auch sehr gut gemundet. Das dazugehörige Quizspiel ist dagegen eher bescheiden, aber dazu dann im Quizspielvergleichstest Ende November mehr.

– Mittwochs hat die Messe immer eine ganz merkwürdige Athmosphäre: Einige Stände sind noch gar nicht aufgebaut, andere sind bereits fertig und „verschlossen“. Bei den meisten wird noch rumgeräumt und man kann schon was kaufen – oder sich mit den Leuten unterhalten. Und das hab ich ausgiebig gemacht, besonders mit meinen Interview-Partnern des letzten Jahres (z.B. Torben von Valley Games oder Markus von JKLM). Auch mit Gary von den Ragnar Brothers hab ich mich unterhalten und der hat mir erzählt, dass für nächstes Jahr „A shorter history of the World“ geplant ist – also eine überarbeitete Neuauflage ihres wohl bekanntesten Spiel. Ja, solche Neuigkeiten gibt es nur hier auf der Spielbar :-) Leider war Gordon nicht da und so gabs dieses Jahrkeinen Whisky-Umtrunk bei Fragor Games – Schade! Getröstet hab ich mich mit dem neuen Snow Tails. Und bei Ferti gab es Tumbling Dice – das ominöse Spiel X. Oh, und Torben hat mir erzählt, dass Municipium nur in England und Amerika erscheinen darf – das sagt der Vertrag mit Knizia! Also muss man wohl den Umweg über JKLM nehmen oder hoffen, dass ein deutscher Verlag das Spiel macht. Außerdem hab ich mir das interessante Tiernamenbluffspiel Impossum ertauscht (gegen meines Buch)

– Am Donnerstag hatte ich einen Termin um 9.00 in Halle 4 und anschließend einen in Halle 11. Bei meinem Weg durch Halle 5 fiel mir die lange Schlange auf – Es war 9.55 und alle wollte Duck Dealer bei Splotter kaufen! Von wegen es gäbe dieses Jahr keinen Hype! Das Spiel kostete 60€, rein gar nichts war darüber bekannt und doch war das Spiel vermutlich bereits vor 11.00 ausverkauft! DAS nenne ich Hype! Zumal das Spiel ja nicht auf 300 Exemplare limitiert war – es gibt ja noch über 1000 Exemplare. Die waren nur nicht auf der Messe verfügbar. „The magic of Splotter“ vermute ich mal.

– Eine dauerhafte Schlange gabs in Halle 9 beim Stand von Lookout. Es gab Erweiterungen für Agricola und natürlich Le Havre. Ich hab mich da rausgezogen – Meine Zeit war eh zu knapp und an Le Havre kommt man auch nach der Messe noch ran.

– Meine Lieblingsmessehalle ist die Nummer 4.  Das ist wirklich noch ein kleines Messereservat aus vergangenen Prä-Internetzeiten. Hier findet man noch Verlage und Spiele, die in keiner Messeschau auftauchen. Wie z.B. Adrenaline Brush, ein englischer Verlag, über dessen Spiele ich hier wohl noch mal gesondert berichten werde. Hier gabs auch Illusio von Funforge. Ein Spiel über Magier des frühen 20. Jahrhundert – ein Thema das mich sehr anspricht. Leider liegt der Preis mit 25€ deutlich über dem, was ich für ein Kartenspiel bereit bin auszugeben. Auch Leader 1 war mir für einen Blindkauf zu teuer und zum Spielen fehlte mir die Zeit. Gekauft hab ich mir Nice Weather und The Club – Beides sehr ungewöhnliche Spiele, die hoffentlich auch spielerisch was taugen.

– Die einzigen beiden Spiele die ich tatsächlich gespielt habe waren Climb! von Le Scorpion Masque und Chefs´Dinner Party von Manabi – Asobi Games. Leider war ersteres bereits ausverkauft und letzteres sowieso nur als Prototyp zu sehen. Sehr bedauerlich, hätte ich beide doch sofort gekauft! Bei Climb gehts darum mit einer Hand eine Kletterroute „hochzuklettern“, dazu müssen Finger in bestimmte Löcher gesteckt werden. Je mehr Finger man gleichzeitig benutzt, desto mehr Punkte gibt es. Sehr ungewöhnlich, aber sowohl thematisch als auch lustig! Bei der Dinner-Party legen die Spieler japanische Gerichte auf einen Drehteller. Der aktuelle Koch (der nichts legen darf) dreht den Teller anschließend nach seinem Gusto und alle müssen essen, was vor ihnen liegt. Ziel ist es sich besonders ausgewogen zu ernähren. Das Spiel ist sicherlich kein Strategiehammer, aber man hat mehr Einfluss, als man zunächst denkt. Ein sehr witziger Absacker, der durch die richtige Athmosphäre lebt. Ich hoffe, dass das Spiel tatsächlich irgendwann produziert wird!

– Am Donnerstag abend hatte Anders Farger von Gottik Games zu seinem Stand geladen, um gemeinsam im Kollektiv eine deutsche Version von Scoop zu erstellen – Er selbst spricht nur wenig deutsch, also mussten wir passende Übersetzungen für die witzigen Schlagzeilen finden. Anders ist ein unglaublich witziger Mensch (In Hamburg würde man sagen „Ein Original“) und das Spiel macht einen lustigen Eindruck. Am Freitag wollte er übrigens die deutsche Version am Messepublikum erproben. Ich hoffe alles verlief nach Plan, denn das Spiel hat durchaus mein Interesse geweckt!

– Und meine eigenen Produkte? Von Entensuppe hab ich noch keine Rückmeldung, aber die paar Male wo ich am Stand war, schien es durchaus Interesse zu erzeugen. Mein Left & Right erschien ja „überraschend“ bei HiKu und mir wurde gesagt, dass es (im Gegensatz zur Frankfurter Buchmesse) gut ankam. Das freut mich, ist es doch ein sehr ungewöhnliches Spiel und sowas ist immer unberechenbar (Monochrom hat sich im zweiten Jahr noch besser verkauft als das imho bessere On Q im ersten).

– Und natürlich vielen Dank an alle, die mir auf der Messe gesagt haben, wie toll mein Blog ist! Im ernst: Ich freue mich über das positive Feedback und bin ein bisschen überrascht wie viele Leute hier regelmäßig oder unregelmäßig mitlesen!

ciao
peer

Peer Sylvester
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3 Kommentare

  • Hallo Peer, auch ich kann von vielen Seiten Lob für Deine Beiträge hier auf spielbar.com weiterleiten. Du triffst anscheinend einen Nerv der Szene! Herzlichen Dank und herzlichen Glückwunsch!

  • Hiho. Also am Donnerstag war tatsächlich eine ewig lange Schlange vor Splotter. Da ich keine Lust hatte mich dort anzustellen, habe ich Cities von Emma gespielt und als ich damit fertig war, habe ich mir ein Duck Dealer gekauft – ganz ohne Schlange.
    Ähnliche Strategie konnte man bei Lookout verfolgen, nur das man hier erst am nächsten Tag kommen sollte. Ich war insgesamt 3 mal bei Lookout und jedesmal bin ich unverzüglich drangekommen – allerdings habe ich nicht am Donnerstag probiert. ;-)
    Zum Schlangestehen ist mir die Zeit in Essen dann doch zu schade.