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Höchstens 5 Freunde sollt ihr sein!

Auch wenn es vielleicht anfängt zu nerven: Auch dieses Blog soll mit einer Essen-Beobachtung beginnen: Ein Freund meinte: „Außer Partyspielen hab ich keine Spiele gefunden, die mit 6 Spielern spielbar wären.“
Nun, es gab schon welche (z.B. The Circle), aber das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist: Warum gibt es so wenig Spiele für mehr als 5 Spieler?
Es gibt zwei Gründe:
1.) Aus Autorensicht ergibt sich ein einfaches Problem beim Ansteigen der Spielerzahl: Die Spieldauer explodiert.
Bei einem normalen „Reihum macht jeder seinen Zug“-Mechanismus wird die Spieldauer natürlich mit jedem Mitspieler erhöht. Schlimmer noch – es dauert immer jeweils länger bis man selbst an der Reihe ist. Dadurch erhöht sich nicht nur die einzelne Wartezeit sondern es verringert sich oft auch der einzelne Einfluß – man kann nicht so schnell reagieren. Ersteres kann man verhindern, in dem die einzelnen Züge sehr kurz zu halten sind. Letzteres aber nicht. Als Beispiele würde ich Den Palast von Alhambra oder Union Pacific nennen wollen: In Vollbesetzung tendiert der Einfluß des einzelnen gegen Null. Letzterem kann man entgegensteuern, in dem die Spiele sehr interaktionsarm sind.
Wie auch immer: Spieldauer und Einflußminderung sind zwei Probleme die beachtet werden müssen, wenn die Spielerzahl wächst. Diese Faktoren beeinflussen nicht jedes Spiel gleich stark, aber bestimmte Mechanismen funktionieren nicht mehr so gut wenn die Spielanzahl wächst. Dadurch wird die Anzahl der Spiele für hohe Spielerzahlen quasi schon bei der Entwicklung reduziert.
2) Selbst wenn ein Spiel theoretisch mit vielen Spielern funktionieren würde, spricht oft ein verlagspolitisches Argument gegen 6-Spieler-Spiele: Das Material. Wenn -wie bei Siedler – jeder Spieler einen ordentlichen Satz Material benötigt sind die Produktionskosten ein gewaltiger Faktor in der Spielekalkulation. Zumal sind die wenigsten Gruppen so groß, dass wirklich regelmäßig zu sechst gespielt wird. Daher ist es nicht selten sinnvoll ein Spiel zunächst mit Material für wenig Spieler auszustatten und anschließend ggf. eine Erweiterung für mehr Spieler nachzuschieben (wie jüngst bei den Säulen der Erde geschehen). Hinzu lkommt das Farbenproblem: 6 gut zu unterscheidene Farben zu finden ist nicht immer einfach – vor allem wenn es auch neutrale Spielsteine gibt oder die Farben noch eine Rolle für den Spielablauf spielen sollen.

Partyspiele sind da anders: Per Definition spielen da potentiell viele Spieler mit, also muss das Spiel entsprechend angelegt sein (mein Hauptkritikpunkt an Villa Palletti war damals, dass es -im Gegensatz z.B. zu Bamboleo oder Bausack – nur zu viert spielbar war). Zudem sind die meisten Partyspiele so gestaltet, dass
a) fast immer alle gleichzeitig beteiligt sind (oft wird in Teams gespielt) und lange „Grübelpausen“ sind eh nicht vorgesehen.
b) pro Spieler wenig Material benötigt wird – meistens nur ein Punkteanzeiger.

Damit wäre also wieder ein Geheimnis gelöst :-)
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Und schon taucht ein neues Geheimnis auf: Warum haben Vielspieler keine Ahnung von Kinderspielen?

Die Nominierungen zu den Geek-Awards stehen fest. Die Geekawards sind so ein bisschen die Boardgamegeek-Entsprehungen zum Deutschen Spielepreis: Genauso unbedeutend, auch per Abstimmung bestimmt, aber vielleicht etwas raffinierter in der Auswertung: Das Wahlverfahren läuft in mehreren Durchgängen und es gibt zahlreiche Kategorien. Die Veranstalter legen großen Wert darauf, dass sich alles durch die Abstimmung von selbst regelt.
Nun, das tut es natürlich nicht und so kommt es immer wieder zu witziges Stilblüten. Letztes Jahr war Twillight Struggle sowohl in der Kategorie „Best 2 Player (Non-Wargame“ als auch in „Best wargame“ nominiert und war damals gleichzeitig Kriegsspiel und kein Kriegsspiel.
Dieses Jahr fällt vor allem auf, dass Vielspieler keine Ahnung von Kinderspielen haben. Nominiert sind Zooloretto, Heroscape Marvel: The conflict begins und Qwirkle.
Alle Spiele haben zwar recht einfache Regeln, doch das macht sie nicht zu Kinderspielen: Bei Zooloretto und Qwirkle wird gerechnet (bei Qwirkle sogar recht ordentlich) und bei Heroscape gekämpft. Heroscape und Zooloretto haben Altersempfehlungen ab 8 Jahren. Alle drei Spiele würde ich als Familienspiele bezeichnen (Heroscape richtet sich allerdings in erster Linie an Jugendliche), nicht als Kinderspiele. Neben Selecta oder Haba machen sich diese Spiel schon komisch, net wahr? ;-)
Nein, Kinderspiel ist anders – die müssen haptischer rüberkommen und dürfen keine komplexeren Spielziele haben (und damit fallen Punkterechnereien schon raus). Aber das wurde im zugehörigen Thread durchaus besprochen. Die Mehrzahl stimmte wohl eher für Kinderspiele, welche sie selbst (also die Abstimmenden) spielen würden, nicht unbedingt, welche Spiele für Kinder nun besonders geeignet sind. Wer immer glaubt solche Abstimmungspreise seien das Nonplusultra in Punkto Aussagekraft wird hier eindrucksvoll wiederlegt. Vielspieler mögen viel Ahnung von Vielspielerspielen haben, sind aber erschreckend zielgruppenblind.
(BGG hat sowieso ein Problem bei Kinderspielen – es ist nicht klar geregelt ob man die Spiele aus persönlicher Sicht oder aus Kindersicht bewerten soll. Daher haben Kinderspiele meistens sehr niedrige Bewertungen – Erwachsene spielen nur die wenigsten Kinderspiele freiwillig in reinen Erwachsenenrunden)

Ansonsten sind die Nominierungen -wie bei Abstimmungen üblich – recht unüberraschend gewesen. Allerdings ist der Gewinner des Deutschen Spielpreises Säulen der Erde nur für die Graphik („best Artwork“) nominiert. So viel zum Thema „Der DSP zeichnet das beste Spiel aus„… (und Zooloretto ist für bestes Familienspiel nominiert – so falsch liegt die Jury also nicht – Norwegisches Spiel des Jahres hin oder her).

Der heutige Meilenstein ist einem der spektakulärsten Spiele-Designs der Spielegeschichte gewidmet. Das Spiel ist nicht bei BGG gelistet.

Es handelt sich um Dungeons & Dragons von Gary Gygax. Ja, es ist kein Brettspiel, sondern ein Rollenspiel. Aber: Damals gab es ja eben noch keine Rollenspiele! D&D war das erste seiner Art. Ich kann mir nicht einmal vorstellen wie jemand ein solches Spielkonzept entwickeln kann, ein Spielkonzept, dass mit nichts dagewesenen vergleichbar gewesen wäre: Es gibt keinen Gewinner, kein starres Spielziel. Es ist mehr eine Erfahrung als ein Spiel. Und es war der Startschuß für eine ganze Gattung von Spielen, die sich heute ungebremster Beliebtheit erfreut und dem eine ganze Halle auf den Essener Spieletagen gewidmet ist. Als Autor kann ich nur sagen „Wow!“.

In den letzten 40 Jahren gab es nur zwei völlig neue Sachen: Rollenspiele und Sammelkartenspiele. Letztere sind ein Meilenstein für sich. Erstere Entwicklung halte ich allerdings für spektakulärer, denn sie sind noch weiter von den herkömmlichen Brettspielen entfernt, als erstere. Und Rollenspiele haben jetzt ihrerseits Abkömmlinge hervorgebracht: Live-Rollenspiele, Erzählspiele und auch dort gibt es neuartige Ansätze und Entwicklungen (erst die Würfelorigien, dann große Skill-Listen, schließlich die viel freieren Systeme, wie sie World of Darkness benutzen, schließlich die D20-Welle (so eine Art Retro-Phase) und ich bin gespannt was als nächstes kommt). Aus den Rollenspielen ist eine Parallelwelt geworden – begonnen haben sie aber in der Fantasy-Brettspielecke.

Zum Schluß noch ein Hinweis in eigener Sache: Ich brauche etwas Platz in den Regalen und werde mich von einigen Spielen trennen. Wer Interesse an den hier genannten Spielen hat, schicke mir eine Mail (peerchen at hotmail punkt com) mit seiner Preisvorstellung. Die Chancen stehen gut, dass ich zuschlage, denn ich bin meistens zu faul für ebay…
Dungeon Twister: Einmal gespielt, dabei gemerkt dass es mir zu fummelig ist. Entsprechend guter Zustand.
Criss Cross: Altes Spiel von FX Schmid aus den 70ern. Ich bin nicht Sammler genug um das zu behalten.
Streuhandspiel: Schachtel ist angeschlagen, ansonsten ist das Spiel ungespielt. Laut Pöppel Revue solls recht gut sein, wenn man es durchdrungen hat, aber 3-Stunden-Spiele müssen bei mir sofort zünden, sonst ists Asche.
How Ruck (Kosmos): ein paar mal gespielt, aber die Schachtel und Material sind noch sehr gut in Form. Ist ein stinknormales Nimm-Das!-Spiel, sieht man von der Deck-Zusammenstellung ab. Davon hab ich genug.
Akkon: Wer meine Rezi gelesen hat, weiß, warum ich es verkaufe.
Arche Opti mix: Signiert vom Autor. Ist mir für ein lockeres Kartenspiel zu umständlich (Nein, jetzt darfst du die Karte nicht legen wegen dem. Ok. Nein, da auch nciht, wegen der Regel. Ok. Und da erst Recht nicht wegen der Regel. Ist gut. Und denk nicht mal daran das zu machen! Ok….“) Es hat aber seine Fans.
Campanile. Vom Flohmarkt. Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung warum ich das spielen soll – es reizt mich so gar nicht.
Übrigens suche ich meinerseits Pizza-Krieg, Killer (Sid Sackson Games), Ice-Cube (MB), Carabistouille (deutsche Version) und Krakatoa. Ich tausche gerne, gebe aber nach Essen und vor Weihnachten keine Sammlerpreise mehr aus ;-)

in diesem Sinne,
Peer

Peer Sylvester
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