Es ist Sonntag, ich sitze neben einem kleinen Berg spielen, bin übermüdet und habe eine Erkältung. Mit anderen Worten: Die diesjährige Spielemesse ist jetzt schon fast wieder vorbei. Jede Messe ist anders und diese war noch ein klein bisschen anderser, ist es doch die erste nachdem Dominique Metzler die Messe an ihr Nachfolgerteam übergeben hat. Gemerkt hat man das vor allem am Hallenkonzept – aber ich greife vor. Hier meine diesjährigen Messesplitter
Kinderkrankheiten I: Egal wie gut man als Team arbeitet, es ist bei einem Megaprojekt wie der Spiel fast unvermeidlich, dass Dinge noch Optimierungsbedarf haben, wie es im Managersprech so schön heißt. Die APP z.B. vor der Messe als wirkliche Verbesserung gelobt, konnte offenbar nicht mit dem Stress umgehen und klappte zusammen. Bei mir stürzte sie am Ende so schnell ab, dass ich nicht einmal das benötgte Update herunterladen konnte. Aber geschenkt. Auch einige Kommunikationsschwierigkeiten sind fast schon Tradition: Den Educators Day zu finden war nicht leicht (der Ort wurde auch eher kurzfristig bekannt gegeben), wo die Presse wann reindurfte wurde nicht an selbige kommuniziert (Wohl mit den Ausstellern, was aber zumindest am Donnerstag nur West klappte). Das ist eher schade als ärgerlich, wenn man nicht weiß, ob man bereits vor 10.00 Termine machen kann. Kritik gab es für die Neuheitenshow/DSP-Verleihung, die wohl in zu kleinen Räumen stattfanden und zudem gespoilert wurde, was denn nun auf dem Treppchen stehen würde (Planet Unknown hat sich hier gegen Dorfromantik durchgesetzt. Leisten verstehen eben ihr Handwerk oder so). Aber am Ende des Tages ist das eher Gemäkel – alles in allem lief die Organisation angenehm hintergründig ab.
Ai, is Katze da? (für bessere Wortspiele bin ich zu müde): Allerdings komplett unverständlich, warum das mit viel Trara noch im Sommer angekündigte Maskotchen Meeps aus der Feder von Michael Menzel in der kompletten Promotion zur Spiel fehlte: Es tauchte weder auf der Webseite noch auf der APP oder den Plakaten zur Spiel auf. Auf der Messe selbst fanden sich in bestimmten Bereichen ein paar Aufsteller mit der Katze, so dass sie offenkundig doch nicht tot war. Das absurde daran: Die Verwendeten Graphiken waren AI-Schnellschüsse von spielenden Personen mit sichtbar zu vielen Fingern. Keine Ahnung was die Hintergründe betrifft, aber es wirkt fast so als sollte in letzter Minute die Katze durch irgendwas anderes ersetzt werden und das ging nur mit KI in der Kürze und dem Budget. Gerade bei einer ehemaligen (Auch-)Comicmesse vielleicht nicht das Durchdachteste.
Kinderkrankheiten II: Viele Leute, aber kaum Masken. Zum ersten Mal seit Jahren gab es keine Hygiene-Maßnahmen mehr zu beachten. Die Anzahl der Maskentäger:innen war daher eher überschaubar und lag sicherlich eher im Bereich 0,1%. Ich selbst hatte als Kompromiss an den besonders vollen Stellen eine Maske auf, ebenso wenn ich mir verschnupften Personen spielte.
Viele Leute und neue Hallen: Und es waren wirklich viele Leute da, gerade auch am Donnerstag und Freitag (Samstag morgen war etwas leerer, aber die Massen kommen da ja eher nachmittags und da war ich schon weg). Es wurde bereits spekuliert, ob Rekorde gebrochen werden. Nach den Covid-Jahren machten sich mehr Leute aus aller Welt auf Pilgerfahrt. Die Einwohnerzahl von Essen verdoppelt sich gefühlt für die tollen Tage im Oktober. Aber diese Schätzungen sind auch deshalb mit Vorsicht zu genießen, weil ja die Hallen anders sortiert wurden und bestimmte „Hot sports“ wegfielen oder woanders lagen. Ich fands ehrlich gesagt ganz erfrischend, neue Wege zu gehen und gerade in Halle 3 ist die Entlastung spürbar. Halle 1 ist was früher Halle 6 war, was jetzt keine schwerwiegende Änderung war, und dass alle Produktionsfirmen zusammengelegt wurden ist als Messebesucher auch angenehm. Manchen Stand hätte ich woanders vermutet, aber das Aufteilen von Spielen ist eben keine scharfe Wissenschaft. Experiment eher geglückt, würde ich sagen. Oh und in Halle 4 standen Tische und Sitzbänke, zur freien Verfügung. Gute Möglichkeit für alle, die zwischendurch mal einfach nur ausruhen und quatschen wollten. Hoffentlich stehen die nächstes Jahr wieder dort!
Schlange hier? Viele Leute, viel wurde verkauft und viel ausverkauft. Das ist normal. Aber so ewig lange Schlangen sind man sonst in der Menge selten. Dabei war es nicht nur Lorcana oder Feuerland oder Lagerverkäufe, sondern vor allem auch bei Japanischen und Koreanischen Ständen. Mehr Leute wollen Krams aus Fernost, die Asiatische Schule setzt sich internatinal durch. Interessanterweise hatten viele Japanische Verlage feste Stückzahlen pro Tag angeboten und so hatte man theoretisch jeden Tag Chance sich in den Schlange zu stellen. Mich freut das ja, dass Horizonte erweitert werden ist eine großartige Eigenschaft unseres Hobbies.
Stich- und Hiebspiele: Anders als vorhergesagt haben sich die letztjährigen Trends von Soundbasierten Spielen oder Kooperativ-Varianten der Klassiker nicht bestätigt. Ungebrochen sind Naturthemen, das liegt sicherlich am Zeitgeist, aber auch daran, dass man da schicke Bilder malen kann. Außerdem sind diese Spiele entweder Legespiele oder Spiele mit Kartenkombis oder beides und da kann man alles auf die Natur projizieren. Auch Roll and Writes sind gekommen um zu bleiben, Allplay hatte alleine glaube ich schon so drei. Doch ein großer Trend ist noch nicht in Deutschland angekommen: Stichspiele haben eine neue Renaissance, ob aus Asien oder den USA (oder vereinzelnd auch Europa): es wird wieder viel mit dem Genre gearbeitet, zum Teil mit thematischer Einkleidung, zum Teil mit mechanischen Innovationen. Kein Trend aber mein Lieblingsspiel auf der Messe war das Mini-Axtwerf-Set in der Galerie. Ja, man wirft mit kleinen Äxten auf eine Zielscheibe. Ja, die Axtköpfe sind aus scharfen Metall. Hatte in „meiner“ Hotellobby leider niemand dabei, ich hätte es ja gerne ausprobiert, bevor ich ein Set meinem Patenkind zum sechsten Geburtstag schenke.
Kackwurst: Ein weiterer Mini.Trend ist etwas anrüchiger: Hasbro hat Kackel-Dackel gesehen und um einen Kackhaufen werfenden (!) Affen erhöht. Ein anderer Verlag hatte ein Spiel dabei, bei denen Häufchen auf Hüte gelegt wurden (?) und ein Deutscher Verlag hatte als Otaku-Liebensbeweis an Japan das mir etas unangenehme Tokio Poo Diver dabei. Mit dem Alter wird man eben wieder infantil. Aber wers mag. Die Toiletten waren übrigens überall auf der Messe gleich voll.
Ich hatte nicht vor diesen Messebericht mit diesem Thema zu beenden, aber gut, manchmal laufen die Dinge eben, wie sie laufen.
ciao
peer
#Spiel23
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