Selten genug, dass ich auf spielbar.com auch schreibe, heute ist es mal wieder soweit. Dieses Jahr war bei mir absehbar beruflich recht anspruchsvoll. Daher hatte ich mir zu Beginn des Jahres ein „Ausgleichsprogramm“ vorgenommen. Und dafür bin ich quasi nochmal in die Lehre bei Profis gegangen.
Und die bestand aus drei Teilen. Ich starte mal mit dem zweiten.
Tag der Brettspielkritik
Die Jury „Spiel des Jahres“ hatte im Frühjahr zu einem Tag der Brettspielkritik eingeladen. Hierzu haben sich in Hamburg ganz viele Medienschaffende (aus den klassischen Medien genauso wie aus Internetmedien) zusammengefunden und sich untereinander ausgetauscht. In vielen kleinen Workshops wurden Wissenshappen vermittelt, von handwerklichen bis hin zu Meta-Themen gab es ein breites Angebot, aus dem man wählen konnte. Viele der Referenten kamen aus den Reihen der Jury und haben ein breites journalistisches Portfolio zu bieten. Spannend war auch, dass weitere erfahrene Journalisten sehr bereitwillig in den Workshops ihr Wissen geteilt haben. Insofern war auch das allgemeine Feedback sehr positiv, so dass ich gespannt bin, ob es dazu eine Folge- oder Anschlussveranstaltung geben wird. Persönliches Highlight war in der Veranstaltung sicherlich die enge Zusammenarbeit aller Anwesenden – bis hin zu den gemeinsamen Spieleabenden im Anschluß an die Abendessen. Es war schön, so viele bekannte Gesichter dort kennenzulernen und von ihnen zu lernen.
Damit war dann für meine Ausbildung die Abteilung „Spielekritik“ durchlaufen. Der Besuch der zweiten Abteilung „Spiele erschaffen“ hat sich Anfang des Jahres ergeben.
Mallorca Gathering
Andreas von cliquenabend.de organisiert seit vielen Jahren eine Woche Urlaub Spiele testen auf Mallorca – und ich war sehr interessiert auch diese Seite von Brettspielen einmal kennenzulernen.
Als dann Anfang des Jahres das Angebot kam, dass ein Zimmer in der Finca frei wäre, ob ich wohl mitfahren wollen würde, musste ich nicht lange überlegen. Also ging es Ende Juli auf nach Mallorca. Ich bin mit ziemlichem Respekt dorthin geflogen, waren auf der Teilnehmerliste doch einige sehr bekannte Persönlichkeiten der Branche, die ich bislang noch nicht persönlich kannte. Ich war einer derjenigen, die einen Mietwagen hatten und dann schon am Flughafen die anderen einsammeln durfte. Und ich habe mich sehr gefreut, dort so herzlich aufgenommen zu werden – die Brettspielszene ist halt wirklich eine nette Branche, das hat sich dabei wieder einmal gezeigt.
Respekt hatte ich auch angesichts der Aufgabe dort: Spiele unter professionellen Rahmenbedingungen testen, das hatte ich noch nie gemacht. Insofern war ich ein wenig nervös, was wohl auf mich zukommt und was erwartet wird. Daher war dieser Teil meiner Ausbildung vermutlich derjenige, der mir auch den größten Neuheitsgrad geboten hat. Ich war wirklich zutiefst beeindruckt mit welcher Professionalität dort an das Testen von Brettspielen herangegangen wurde. Das fing schon bei der Organisation der Runden an. Da wurden schon zu Beginn der Woche Zeitslots für bestimmte Spiele vereinbart, morgens beim Frühstück die Reihenfolge der Tests besprochen oder Diskussionen zur Eignung von Spielen für Verlagsprogramme geführt. Sehr schön fand ich die Begeisterung der Redakteure und der Autoren für die Spiele. Auch wenn es manchmal viel und harte Kritik gab – da hilft bestimmt die Umgebung auf Mallorca, damit umzugehen. Nach harter Kritik springt man halt einfach zur Erfrischung in den Pool :-) Und nach erfolgreichen Tests auch.
Hochspannend fand ich dabei die verschiedenen Perspektiven, die Autoren, Redakteure oder Spieler bei der Beurteilung der Prototypen eingenommen haben. Da wurde über potentielles Material genauso philosophiert wie über die Farbwahl von Pöppeln oder Schwierigkeitsstufen und die verwendeten Begriffe bei Wortspielen. Ganz toll fand ich den glücklichen Blick eines Autoren, als klar wurde, dass vier verschiedene Verlage den vorgestellten Prototypen am liebsten sofort unter Vertrag nehmen wollten.
Die Woche war in der Tat anstrengend und intensiv, aber auch entsprechend lehrreich. Insofern bedauere ich durchaus, dass ich im kommenden Jahr aus terminlichen Gründen leider nicht dabei sein kann. Aber anstrengend ist vielleicht das passende Stichwort für meine dritte Ausbildungsabteilung. Und das war eigentlich die erste Abteilung, in der ich unterwegs war.
Sprechcoaching
Als Podcaster hat mich an den eigenen Aufnahmen immer sehr gestört, dass der rheinische Singsang viel zu oft durchkam (von den viel zu vielen „ähms“ mal ganz zu schweigen). Das ist zwar in Teilen authentisch, aber so ein wenig wollte ich gerne an meiner Aussprache arbeiten. Und ja, das ist in Teilen wirklich hart, weil man an eingeschliffene Verhaltensweisen ran muss. Ich sage nur ch und sch. Für einen Rheinländer echt hart… wer auch üben möchte:
Sechzig tschechische Chef-Chemiker schätzen sechzig tschechische Chef-Chemikerinnen.
(meine persönliche extreme challenge)
Über eine sehr glückliche Fügung habe ich eine tolle Sprechcoach kennengelernt, die mich in den letzten Monaten mit viel Geduld durch so einige umfangreiche Lektionen geleitet hat. Das war ein Ausbildungsteil, der mir richtig viel Spaß gemacht hat, bei dem ich aber auch meine eigenen Grenzen am besten kennengelernt habe – und hoffentlich ein wenig verschieben konnte.
Jetzt steht die zweite Jahreshälfte an, die sicherlich auch wieder einige Neuerungen mit sich bringen wird – seid gespannt. Ich jedenfalls freue mich auch die kommenden Monate. Ein neu etablierter regelmäßiger Spieleabend trägt dabei schon die ersten Früchte.
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