spielbar.com

Last Exit Ba-roken

Das Beeple-Wochenende war klasse. Die Autofahrt dahin musste ich glücklicherweise nicht alleine stemmen, sondern hatte den Peer dabei, mit dem ich mich klasse unterhalten konnte. Auf dem Weg war dabei etwas für mich witziges passiert. Die Navi führte uns durch ein paar schöne Landstraßen und sagte dann in einem Kreisverkehr, dass wir die zweite Ausfahrt aus dem Kreisverkehr nehmen sollen. Die erste Ausfahrt konnten wir auch nicht nehmen. Die Straße war nur andeutungsweise zu sehen. Es war gleich hinter der Andeutung nur noch Wiese und ein paar schwere Steine versperrten die Option da durchzufahren.

Und Peer sagte trocken: Da hat einer 2 Siegpunkte für die Steine bekommen. Da musste ich ordentlich lachen. Nicht nur weil ich es witzig fand, sondern vor allem auch, weil ich dabei etwas lernte. Es führte mir vor, wie Siegpunkte bei vielen Spielern ankommen, die sie nicht mögen. Für mich war das ja eigentlich nie ein Problem.

Gefühlt ist das ja Mathematik. Die Spieler machen etwas und das wird quantifiziert. Und je nachdem wie gut sie das gemacht haben, wird das entsprechend bewertet und am Ende wird das zusammengezählt. So empfinde ich Siegpunkte. Und was viele als Siegpunktesalat abtun, ist für mich nur die leise Lösung verschiedene Strategien zu bewerten und vergleichbar zu machen. Denn genau das ist ja oft das Ziel. Verschiedene Herangehensweisen zu ermöglichen und damit das Spiel erlebbar zu machen und dennoch am Ende einen Sieger zu haben.

Der Ausbau einer Strecke in Russian Railroads nach Wladiwostok oder der Ausbau der Fabriken und das doppelte Ablaufen der selbigen ist halt ganz verschieden und schwer zu vergleichen, wenn nicht über Punkte. Und wenn ich vergleichen will, wie gut sich die Spieler bei Trajan in der Eroberung neuer Gebiete oder dem Ausbau der Stadt oder dem Handel mit anderen Völkern oder auch einfach nur dem Aufbau der politische Willensbekundung machen, dann brauche ich ein Vergleichsmittel für selbiges. Und dieses Mittel heißt Siegpunkte.

Aber es gibt wohl inzwischen zu viele Beweise, wo es sich längst davon wegbewegt hat. Wo Siegpunkte so abstrakt wirken, dass jeder nur denkt, es gibt für alles Siegpunkte, ohne zu begreifen, dass es nicht um das Bekommen geht, sondern um die Menge. Natürlich bekomme ich dafür 3 Punkte. Aber dort bekomme ich 4. Das ist also die bessere Aktion. Oder die 3 sind besser, weil ich per Engine nachher dafür noch mal 3 oben drauf bekomme, während es bei den 4 nur einer extra ist. Ich habe kein Problem mit Siegpunkten und ein Siegpunktesalat ist für mich kein KO-Kriterium für ein Spiel.

Aber mir wurden die Augen geöffnet, warum es anderen nicht gefällt. Für sie ist die Abstraktion zu groß. Für sie ist das schon mehr Schach als Thema. Sie wollen nicht eine Aktion machen, weil es 2 Punkte gibt, sondern sie wollen die Aktion machen und dafür 2 Punkte erhalten. Sie wollen nicht den bürokratischen Ansatz, weil das so in den Regeln steht, sie wollen das Erlebnis und dass sich natürlich daraus ergibt was man möchte. Sie wollen nicht den Weg belohnt bekommen. Sie wollen ein Ziel worauf sie hinarbeiten.

Beim Beschäftigen mit dieser Erkenntnis habe ich für mich erkannt, welche Spiele mich langweilen. Welche Spiele mir nur ein müdes Lächeln hervorholen und eigentlich gleich wieder verschwinden können. Und da geht es nicht um Punkte oder Ziele, um Abstraktheit oder Thema. Es geht um Konflikte.

Konflikte finde ich spannend. Bei Netrunner ist es spannend seinen Zug zu planen und zwischen den Optionen zu wählen. Als Konzern zu überlegen baue ich eine Falle auf oder lege ich da die wichtige Agenda hin. Als Runner ist es wichtig zu wissen traue ich mich rein, lasse ich mich spielen oder warte ich die Runde. Das sind innere Konflikte bei den Spielern. Aber auch bei Spielen wie Die Burgen von Burgund wo ich mich mit den Spielern um die Plättchen streite, wo ich schauen muss, welche Strategien die anderen fahren und wo ich sie sowohl stoppen kann, aber gleichzeitig meine Strategie auch voranbringen kann. Das sind Konflikte die ich toll finde.

Aber es gibt auch Konflikte die mich langweilen. Bei Warhammer prügeln wir auf uns ein. Wir haben unsere Armeen und ziehen voran. Wie bei einem MOBA (z.B. League of Legends) geht es nur darum: Die sind anders und wir sind im Krieg. Warum wir das sind oder was es für einen Grund für sowas gibt, ist mir unschlüssig. Auch etliche Superheldenfilme sind da schon angekommen, wo es gar nicht mehr um die Entwicklung der Charaktere geht, sondern nur um die nächste dämliche Bedrohung. Warum alle Mächte im Universum es immer auf die Erde abgesehen haben und warum sie außer Hass nichts hervorbringen, wird nicht erklärt. Dass sie es überhaupt schaffen, einen Fuß vor den anderen zu setzen, wenn sie nicht mal eine Begründung für ihren Hass haben, ist mir schleierhaft.

Wenn also ein Spiel rauskommt, welches sich als Arena präsentiert und in blutigster Manier die Leute aufeinander einprügeln, mag das von der strategischen Seite spannend sein, aber die Spiele machen mich nicht an. Ob das über Figuren, oder Karten oder Würfel oder beides passiert ist da gar nicht wichtig. Die ersten Spiele der Art waren noch schön. Das 500te ist es nicht mehr, weil es in dem Bereich sehr schnell nichts mehr (für mich) Spannendes gab. Onitama war eine gefühlte Ausnahme. Oder Tash Kalar. Aber brauche ich einen weiteren Magic-Klon? Brauche ich einen weiteren Dungeon-Crawler der vor allem das übliche Monster plattmachen bietet und keine spannenden Entscheidungen? Descent Second Editon war gut, weil es zwei Parteien vor eine Aufgabe stellte, die aber zu Konflikten führte. Descent First Editon ist ein wildes aufeinander einprügeln. Churchill ist so genial, weil es nicht einfach darum geht, aufeinander einzuprügeln, sondern weil die Spieler ihren eigenen Schuh durchgedrückt bekommen wollen. Friedvoll am Konferenztisch. Cuba Libre lebt davon, dass wir nicht einfach uns um Einheiten prügeln, sondern dass wir Koalitionen am Tisch eingehen und gleich wieder brechen. Das wir mal mit dem einen und mal mit dem anderen zusammenarbeiten während die sich nicht leiden können.

Ein Tabletop, das spannende diplomatische Entscheidungen auf das sinnlose Angreifen reduziert, gibt mir nichts. Wer Spaß dran hat, bitte sehr. Ich nehme mir solange den nächsten Punktesalat zum Beispiel mit Handel im Mittelalter. Das finde ich schon spannender.

Matthias Nagy
Letzte Artikel von Matthias Nagy (Alle anzeigen)