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Legos Nachhaltigkeit

Wie sagte Søren Lund von Lego neulich so treffend: “ Die Entscheidung zur Einstellung der LEGO Spiele fiel kürzlich. Die Idee der Produktlinie war, innovative und unterhaltsame Spiele für die ganze Familie auf Basis des LEGO Steins anzubieten. (…) Dennoch zeigte es sich im Laufe der Zeit, dass die LEGO Spiele den Anforderungen der LEGO Gruppe für einen nachhaltigen und langfristigen Geschäftszweig nicht standhalten. Daher wurde auf globaler Ebene beschlossen, die Produktlinie einzustellen. Das bedeutet, dass es keine Neuheiten mehr ab dem 2. Halbjahr 2013 geben wird.“

Ich bin nicht überrascht. Ich zitiere noch einmal: „Die Idee der Produktlinie war, innovative und unterhaltsame Spiele für die ganze Familie auf Basis des LEGO Steins anzubieten“  (Hervorhebung von mir).

Warum haben sie das nicht getan? Die Spieler waren weder innovativ (über unterhaltsam lässt sich streiten) noch nutzten sie die Basis des Legosteines sinnvoll. Der erste Schwung an Spielen bot (bis auf Creationary)  reine Würfelspielkost. Ich habe sogar einige gespielt und fühlte mich in die 80er Jahre versetzt. Das die Graphik nicht so doll ist, kiegt am Baumaterial. Aber das Spielprinzip ist mittelalterlich: Reine Würfelorgien, zum Teil mit klassischem Rauswerfen. Dass sich diese Spiele gut verkauft haben, liegt an der Marke. Dass sich die Spiele aber auf Dauer nicht gut verkauft haben, liegt am Spielprinzip. Wer ein Legospiel spielt und feststellt, es bietet nichts neues -sondern nur langweiliges – warum noch ein weiteres kaufen? Wer moderne Spiele kennt, springt hier ab. Wer nicht, springt spätestens beim zweiten Spiel ab, das fast genauso funktioniert wie das erste. Nachhaltigkeit ist etwas anderes.  Gute Spielzeugdesigner sind nicht unbedingt gute Spieledesigner.

Und ja, sie haben Reiner Knizia gebeten, Spiele zu machen. Eines ist sogar ganz ordentlich, die anderen – siehe oben. Ich gehe stark davon aus, dass die Redaktion sehr feste Vorstellungen hatte, die Knizia umsetzen sollte – und diese festen Vorstellungen waren nun wohl „Ein klassisches Würfelspiel, wie es sie schon tausendmal gibt und keiner mehr will oder braucht“.

Über die nicht-innovativen und nicht-unterhaltsamen Spielen hätte man sogar hinweggucken können, wenn denn das Objekt „Lego“ genutzt worden wäre. Ohne jetzt alle Spiele zu kennen: Es wurde nicht genutzt. Das einzige flexible Objekt war der Würfel und auch da war man sehr darauf angewiesen, was die einzelnen Spiele als Würfelflächen mitlieferten. Und das war nicht originell. Wie schrieb Udo Bartsch so schön: „Einige Spiele enthalten Würfelflächen zum Austauschen, was glatt so aufregend ist, als würde man bei einem normalen Würfel die Eins durch eine weitere Sechs ersetzen.“ Ansonsten baute man das Spiel auf und das wars. Was z.B. bei Minotaurus den tollen Effekt hatte: Entweder baut man jedes mal vor der Partie 20 Minuten das Labyrinth auf oder man lässt es ausserhalb der Schachtel irgendwo stehen. Das war nicht praktikabel – und bewegte Bauelemente gabs auch fast keine. In der Form behinderte das Legomaterial das Spiel nur und machte es unansehnlicher, genutzt wurde aber nicht .

In den letzten Monaten hat Lego diese Problematiken erkannt und versucht gegenzusteuern: Es wurden gezielt Spieleautoren gesucht und mit Heroica versuchte Lego die Flexibilität (und den Sammlertrieb)  der Legosteine in einem moderneren Spiel zu nutzen und auch Star Wars:  Battle of Hoth war (neben einer zugkräftigen Lizenz) ein nettes Taktikspiel, dass sogar von der Jury empfohlen wurde. Doch das kam zu spät – die Verkäufer waren von den Legospielen der ersten Generation der Spiele bereits abgeschreckt.

Der Fall zeigt Zweierlei: Zum einen, dass auch Redaktionen, die es besser wissen müssten (wie die von Lego) bei „Spielen“ immer noch an Simpelwürfelspiele denken oder zumindest glauben, dass dies die Spiele sind, die Leute wollen.

Zum anderen, dass gerade aus diesem Grund Redaktionen auch in Sachen Spielen Leute fragen sollen, die sich damit auskennen. Gute Spiele zu machen, ist nicht so einfach wie es aussieht (schlechte Würfelspiele zu machen, ist dagegen deutlich einfacher!) Es hätte genügend freie Redakteure und Spieleautoren gegeben, die aus der Serie einen Erfolg hätten machen können (die Rahmenbedingungen waren dank starker Marke und Verbreitung in Spielwarenabteilungen ja ausgesprochen gut). Man hätte sie nur viel früher hätte machen lassen müssen.

ciao

peer

Peer Sylvester
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4 Kommentare

  • Mein Resumee:
    Das Potenzial der Symbiose von Brettspiel und Legostein ist nicht ansatzweise ausgeschöpft worden.
    Das ist sehr schade, und daher die Entscheidung fast zwangsläufig…

  • Ich weiß nicht, ob man als Spieleinsider für die breite Masse sprechen kann. Die meisten wollen unterhalten werden und nicht an Strategien und Taktiken herumtüfteln. Die wollen einfache Spiele, sie wollen Spiele, die man auch mal mit Glück für sich entscheiden kann.

    Vielleicht lag es auch daran, dass man das Spielbrett erst zusammenbauen muss, bevor man loslegen konnte. Da nimmt man doch lieber ein klassisches Spiel.

  • Erstens spreche ich nicht nur für, sondern ab und an durchaus auch mal mit der breiten Masse ;-)
    Zweitens ging es (zumindest nicht primär) um den mangelnden Anspruch. Sondern darum, dass sich alle Spiele sehr, sehr ähneln und dasselbe Grundmuster benutzen. Das motiviert nicht zum sammeln, insbesondere wenn das Spiel auch noch unpraktisch ist (und zum Legobauen möchten die Leute die Materialien auch nicht unbedingt benutzen, damit das Spiel nicht unvollständig wird).

  • Dass sich die Produkte zu ähnelten, kann durchaus ein Grund dafür sein, warum das Konzept nicht aufgegangen ist.