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Der Lakmustest mit Fans

Auf der einen Seite die Firmen. Sie lieben Bestseller. Sie lieben sie vor allem wenn sie echte Klassiker werden und nicht nur zwei oder fünf Jahre im Verkaufsregal stehen, sondern gerne auch 10, 15 oder mehr Jahre. Sei es Siedler von Catan, Carcassonne, oder auch Scotland Yard. Je länger sich die Spiele verkaufen, desto mehr Umsatz für die Investition. Erweiterungen sind ein Mittel diesen Erfolg zu verlängern, sofern es einen Anfangserfolg gibt. Und doch sind manche Spiele erfolgreicher im lebensverlängernden Bereich als andere. Erweiterungen alleine reichen halt nicht. Auf der anderen Seite die Spieler. Es gibt nicht nur viele die gerne als Spieleautor mal ihren Namen auf einer Schachtel stehen haben möchten. Etliche haben einfach so Spaß mit einigen Spielen. Für alle großen Kracher gibt es Fan-Erweiterungen im Netz. Auch auf BoardGameGeek.

Dies ist auch ein Indikator für den Erfolg eines Spiels. Star Trek Catan mag überraschend für viele gekommen sein, aber Gero und sein Freund Markus haben schon vor 15 Jahren Siedler in den Weltraum versetzt. Für Carcassonne sind in Windeseile Fan Plättchen im Internet aufgetaucht. Agricola lebt von der Menge an neuen Karten, die die Fans kreieren und der Verlag dann in offizielle Karten presst. Sogar Ursuppe hatte Anfangs sehr viele Fan-Gene erhalten, aber Doris&Frank ist halt nur ein kleiner Verlag und konnten das Produkt nicht in derselben Weise über viele Jahre unterstützen. Aber Ursuppe ist ein anreicherndes Spiel, dass immer noch Spaß macht. Einige Firmen wissen um diese Fans und lassen sie walten und unterstützen diese oder behindern sie zumindest nicht. Etwa Fantasy Flight Games. Für das Herr der Ringe LCG stellt einer die original Druckdateien ins Netz um eigene Karten zu machen, ein Anderer wird fest eingestellt auf Grund der guten Arbeit an seinen Fan-Sets. Nun haben sie auch noch für Ihr Brettspiel Descent ein Tool online gestellt, mit welchem die Fans die selbst erstellten Szenarien schön aussehen zu lassen und teilen können.

Vor Weihnachten hat Kosmos auch einen Schritt in diese Richtung gemacht. Sie haben eine Anleitung online gestellt mit der die Spieler eigene Szenarien für die Legenden von Andor erstellen können. Kosmos versucht hier vielleicht aktiv die Spieler zu animieren. Ich habe noch nicht viel von eigenen Szenarien gesehen, selbst BGG hat nur eine als Datei gelistet, aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Entscheidender ist doch das der Verlag dies unterstützt oder zumindest nicht behindert. Eine lobenswerte Vorgehensweise von Kosmos, die mit diesem Spiel schon in einigen Punkten Neuland betreten haben, sei es Anleitung, Vermarktung zu Markteinführung, usw.

Anders sieht es bei einigem aus, was andere Verlage machen. Da werden solche Aktionen abgemahnt. Dies geschieht vor allem aus Angst die eigene IP wird beschädigt oder die Kontrolle wird darüber verloren. Dabei kann dieses Vorgehen selber der IP mehr schädigen.
Fans sind das Beste was einem Spiel passieren kann. Lego hat gelernt loszulassen und die Fans ohne ihre Kontrolle machen zu lassen. Und wer einmal mit AFOLs (http://en.wiktionary.org/wiki/AFOL) zu tun hatte, weiß wie loyal diese Fans sind, und wie sie dem Spiel gut tun. Wer sein Spiel liebt, liebt seine Fans. Netrunner ist nach 15 Jahren wieder auf dem Markt, weil die Fans die Fahne hochgehalten haben und verkauft sich jetzt schneller als der Verlag drucken kann. Für Risk 2210 AD gibt es einen kleinen Verlag der sich darauf konzentriert Fan-Erweiterungen herzustellen.

Und an diesen Fans kann jeder sehen ob es das Spiel geschafft hat.

Matthias Nagy
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10 Kommentare

  • Was meinst du eigentlich mit „IP“?
    „Internet Protocol“ passt irgendwie nicht…
    Und von „Individualprophylaxe“ kann doch auch kein Rede sein, oder? ;o)

  • IP = intellectual property; geistiges Eigentum.

    So wichtig der Aspekt ist, den Matthias benennt, so ärgerlich ist die Einseitigkeit und Ignoranz gegenüber den Autorenrechten.

  • Wie Günter sagt ist damit Intellectual Propertiy gemeint. Allerdings verwenden das viele Firmen nicht nur als Begriff für geistiges Eigentum sondern auch als Bezeichnung für die Marke (Brand). Carcassonne ist eine Marke, aber da steht nicht nur der Wrede drauf, sondern auch die Autoren von anderen Carcassonnes wie der Kniza für der Burg-Version.

    Das Verhalten zwischen Verlagen und Autoren ist hier aber nicht gemeint, sondern zwischen Verlag und Kunden.

  • Der Verlag kann nicht ohne Zustimmung des Autoren Rechte an Fans abgeben.
    Beim Urheber liegt das Recht zur Bearbeitung seines Werks.

    Es geht also auch sehr um das Verhältnis Autor-Fans, darum, in welchem Maß Rechte des Autors quasi public domain werden. Das kann der Verlag nicht ohne den Autor entscheiden. Und es ist sicherlich von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Hier vom Autor gewollt, dort geduldet, woanders abgelehnt.

    Es ist sicher nicht immer das Beste für ein Werk, wenn Fans es ohne Zustimmung des Autors verändern, bearbeiten, veröffentlichen. Auch die Abgrenzung zwischen Fan und Verwerter ist nicht immer eindeutig. (Ich habe da so einen ‚Fan‘ in Russland …).

    Zu entscheiden, was das Beste für dich ist, ist dein persönliches Recht, auch wenn andere vielleicht meinen, das beste, was dir passieren kann, sei irgendwas anderes. Ebenso darf der Urheber – im Rahmen des Urheberrechts – entscheiden, was das Beste für sein Werk ist.

    Sinnvolle Fanprojekte vorzustellen, mit respektvoller Zusammenarbeit zwischen Autor, Verlag, Fan, eventuell Händler, halte ich für sinnvoll. Aber die Aufgabe von Urheberrechten und Jedermann-Erweiterungen am eigenen Werk generell als das allein Seligmachende darzustellen, ist ignorant.

    Und das Klischeebild vom ‚loyalen Fan‘ wirkt auf mich irgendwie lächerlich.

  • Übrigens: Die Anleitung zum Entwickeln einer eigenen Legende stammt vom Autor selbst. Sie enthält weder eine Aufforderung noch eine Genehmigung zur Veröffentlichung eigener Abenteuer. Es geht schlicht darum, sich eigene neue Abenteuer zu erstellen, wenn man die vorhandenen durchgespielt hat.

  • Lieber Günter,
    Ich hoffe dir ist klar das es definitiv etwas anderes ist ob jemand ein Spiel einfach kopiert und veröffentlicht wie in deinem Fall, oder wenn ein paar Fans ausgedachte Erweiterungen oder Varianten im Netz vorstellen. Keiner von denen druckt Dominion-Karten oder Carcassonne Plättchen.

    Es ist dein gutes Recht dem Rest der Welt verbieten zu wollen, wenn diese für deine Spiele eine Variante als Idee haben, aber ich glaube das meinst Du nicht. Ich würde daher bitten nicht weiter etwas in meinen Text reinzulesen, was ich nicht geschrieben habe. Danke.

  • Es ist nicht dasselbe, aber auch eine Form von Urheberrechtsverletzung:

    UrhG § 23 Bearbeitungen und Umgestaltungen
    Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden.

    Ich finde das auch richtig, dass der Urheber darüber entscheiden kann.

    Wie du meinen Beiträgen entnehmen kannst, bin ich nicht prinzipiell gegen solch Fanprojekte. Aber nicht nur von ‚loyalen Fans‘ erwarte ich, das Urheberrecht zu respektieren.

    Und wenn du forderst, dass Verlage die Veröffentlichung von Erweiterungen durch Kunden fördern, ohne dass das die Autoren was angeht, dann forderst du ganz klar Urheberrechtsverletzungen. Damit treibst du Verlage und ‚Fans‘ in eine Situation, die weder ihnen noch den Autoren nützen.

    Ich denke nicht, dass dir das beim Schreibend eines Beitrages bewusst war, aber spätestens bei Kenntnis solcher Kritik soltest du dich damit inhaltlich auseinandersetzen.
    Es ist ein typischer Fall, wo gut gemeint, ein krasses Gegenteil von gut ist.

    Ein Problem beim Erlauben von Veröffentlichungen ist, dass der Autor dadurch real Rechte verliert:

    UrhG § 3 Bearbeitungen
    Übersetzungen und andere Bearbeitungen eines Werkes, die persönliche geistige Schöpfungen des Bearbeiters sind, werden unbeschadet des Urheberrechts am bearbeiteten Werk wie selbständige Werke geschützt.

    Das Autorisieren einer Bearbeitung kann dazu führen, dass der ‚Fan‘ dem Autor ein Vertragsverhältnis mit einem Dritten aufzwingen kann. Denn dadurch wird der Fan zum Miturheber und kann vom eigentlichen Autor nicht an der kommerziellen verwertung gehindert werden:

    UrhG§ 9 Urheber verbundener Werke
    Haben mehrere Urheber ihre Werke zu gemeinsamer Verwertung miteinander verbunden, so kann jeder vom anderen die Einwilligung zur Veröffentlichung, Verwertung und Änderung der verbundenen Werke verlangen, wenn die Einwilligung dem anderen nach Treu und Glauben zuzumuten ist.

    Und klar ist auch, dass jeder Konkurrent als ‚Fan‘ beginnen kann.

    Gerade solche Rechtsirrtümer, wie du sie hier verbreitest, führt dazu, dass Verlage und Autoren besonders sensibel sind, was unautorisierte Veröffentlichungen betrifft. ‚Das machen alle‘, ‚das nützt dem Spiel‘, ‚das gibt es bei bgg‘ führt dazu, dass etwas als erlaubt angesehen wird, was die Rechte des Urhebers massiv verletzt. D

    Es ist Sache des Autors über die Veröffentlichung seines Spiels, einschließlich Bearbeitungen, zu entscheiden. Und je mehr das in Frage gestellt wird, desto mehr zwingt man sie, ihre Rechte aktiv zu verteidigen.

  • Um noch etwas zu ergänzen: Jeder darf für den Eigenbedarf Erweiterungen und Ergänzungen zu spielen machen. Das ist auch zu begrüßen. Keinesfalls darf man diese Dinge (ohne Genehmigung) verkaufen – wie es bei ebay öfter geschehen ist (da gabs viele selbstgebastelte Catan und Carci-Erweiterungen).
    Eine reine Veröffentlichung (auf eigenetr Homepage oder BGG) ist prinzipiell auch
    nicht unproblematisch. Das hat Günter schon ausgeführt, hier kann man aber oft einfach um Erlaubnis bitten.

  • Noch ein paar Ergänzungen:
    Ich habe mir mal Carcassonne-Fanseiten angeschaut:
    http://www.carcassonne-welt.de/ und http://carcassonneerweiterungen.blogspot.de/
    Während erstere sich grundsätzlich zum Urheberrecht (leider des Verlages und nicht des Autors, aber dazu s.u.) bekennt, fehlt ein solcher Hinweis beim anderen völlig. Ob dessen Angebote, die Dateien Interessierten zuzuschicken, als Verkaufsangebote gemeint sind, oder ob dies gerade in der Absicht geschieht, Urheberrechtsverstöße durch Herunterladen zu erschweren, ist nicht erkennbar.

    Dass die Veröffentlichung solcher Dateien dazu führt, dass die Varianten als „Raubkopien“ gegen Geld bei Ebay angeboten werden, kann man unter
    http://www.carcassonne-welt.de/ebay.php nachlesen. (Soviel zum Thema „Keiner druckt Carcassonne-Plättchen“)

    Dass sich die Carcassonne-Welt sehr entschieden zum Urheberrecht des Verlages und nicht des Autors bekennt, ist in diesem Zusammenhang ein Lapsus, der ganz bestimmt nicht bös gemeint ist, sondern resultiert – wie manch andere gut gemeinte Ungereimtheiten auf dieser Seite auch – aus der Unerfahrenheit des Fans:
    http://www.carcassonne-welt.de/copyright.php

    Beiden Fanseiten ist gemein, dass sie selbst Urheberrechte für ihre Varianten und auch grafische Umgestaltungen des Originals beanspruchen und eigene Copyright-Vermerke platzieren. Das macht die Widersprüchlichkeit zwischen gut gemeintem Fantum und (potentieller) Urheberrechtsverletzung deutlich. Was ist, wenn ich jetzt als Fan einer dieser Varianten, die Variante variiere und auf meiner Seite veröffentliche?

    Und Lego?

    Lego ist Spielzeug, nicht Spiel.

    Da geht es mehr um die Marke, Patente, um Gebrauchsmuster (das aus guten Gründen nur ein paar Jahre gültig ist). Urheberrecht gibt es da eigentlich nur für aus Lego erstellte Bauwerke. Die liegen beim Urheber des Bauwerks nicht der Steine. Die Fan-Problematik ist also eine ganz andere und weit weniger unproblematisch als bei urheberrechtsfähigen Werken wie Bücher, Filme, Spiele, ….

    Mehr Bewusstsein für das Urheberrecht auf Seiten der Fans würde es Verlagen und Autoren erleichtern, die Dinge relaxed zu sehen. Bestimmte Urheberrechte frei zu geben ist leichter, wenn es nicht als völlige Aufgabe missverstanden wird. Dazu gehört, dass man es als selbstverständlich akzeptiert, wenn Verlag und Autor bestimmte Rechte nicht frei geben. Und nicht versucht, ihnen vorzuschreiben, was das beste für sie sei.

    Auf der anderen Seite sollte Verlagen und Autoren klar sein, dass Fans nicht ständig mit dem Urheberrecht unter dem Kopfkissen schlafen; kennen sie sich doch selbst oftmals nicht genügend aus, bzw. haben sich erst im Laufe der Zeit Kenntnisse angeeignet (beides gilt natürlich auch für mich).

    Gut durchdachte Blog-Beiträge können da helfen, Missverständnisse zu beseitigen und Wege zu ebnen. Deiner tut – wenn auch vermutlich gutgemeinterweise – das Gegenteil.

    Es wäre schön, wenn du dich mit dieser Kritik auseinandersetzen würdest.
    Kritik am Werk eines Autors steht auch für Interesse an diesem Werk. :)