Vor kurzem war ich mit meiner Frau im Museum und habe mir die Nofretete und die dazugehörige (in meinen Augen interessantere) ägyptische Sammlung angesehen. Ich war angesichts der wirklich schönen (und beeindruckend alten) Stücke wirklich begeistert. „Wow!“ dachte ich „Daraus müsste man mal ein Spiel machen!“
Oops.
Im aktuellen Jahrgang ist zugegebenermaßen kaum ein Spiel mit ägyptischen Thema dabei (mir fällt nur die Persiflage „Cleopatras Caboose“ ein). Das dürfte aber daran liegen, dass das Thema praktisch ausgebrannt ist Alleine schon beim Titel wirds schwierig, durften doch wohl so ziemlich alle Götter und größeren Städte (von Cairo über Gizeh bis Luxor) herhalten. Woher kommt die Begeisterung? Ganz einfach: Jeder kennt Ägypten und die dazugehörige Kultur. Dadurch kann man schöne Graphik machen (gerade bei eigentlich abstrakten Spielen), mit denen der Kunde sofort angesprochen wird. Man muss nichts erklären, man ist sofort im Thema drin. Gebaut werden natürlich Pyramiden – was sonst?
Was für Themen gibt es noch die jeder kennt und die für schöne Graphik sorgen? Mittelalterlicher Burgenbau (hat noch den Vorteil, dass es mehr Möglichkeiten für Gebäudefunktionen gibt, denn jeder kennt den Schreiner, die Kirche… Entsprechende Gebäude in Ägypten sind etwas kniffliger) und italienischer Turmbau springen ins Auge. Und die werden wohl nicht so schnell ausgebrannt sein, schon weil es mehr potentielle Städtenamen gibt (ich persönlich finde Ägypten übrigens etwas schöner – als Spielthema meine ich jetzt)
Da die Kaufbereitschaft am Haken hängt ist es schwierig ein wirklich neueres Thema zu finden. Sicherlich könnten die meisten Aufbauspiele auch in Harappa spielen oder die Skythen als Thema haben, aber die kennt der durchschnittliche Spielekäufer einfach nicht so gut. Dadurch fällt das Thema als Kaufmotivation flach und das hat ein Verlag nicht so gerne.
Das es aber durchaus möglich ist, ein neues Thema zu ermöglichen, zeigt das Beispiel Tikal sehr gut. Die Südamerikanischen Kulturen (Maya, Inka, Azteken) waren vor diesem Spiel des Jahres kaum als Thema präsent. Kramer/Kiesling ist es aber gelungen durch eine gute thematische Einbindung auf das Thema aufmerksam zu machen – das wäre mit einer Ra-Variante kaum gelungen (nichts gegen Ra, das spiele ich sehr gerne, aber es its nicht gerade eine Simulation). Auch hier hilft es natürlich, dass die Maya-Kultur mit ihren Ikonen recht bekannt ist – und sei es nur durch Indiana Jones.
Ich finde die Fokussierung auf wenige Themen aus zwei Gründen schade: Zum einen denke ich dass neue Themen einfach für Abwechslung sorgen; ich persönlich schalte mittlerweile schon fast ab, wenn ich über ein weiteres italienisches Turmbauspiel lese. Wieviel interessanter ist da doch ein unverbrauchtes Thema, dass vielleicht sogar für die Materie zu interessieren vermag! Der andere Grund ist etwas metaphysischer: Immer dieselben Themen leisten (nicht von ungefähr) dem alten Irrglauben vorschub, Spieledesignern wären ihre Themen egal (gerade wieder in einem Artikel des ansonsten sehr lesenswerten Zuspielers gefunden, wobei sich Sebastian hier nicht verantwortlich zeitgt und in dem Spieltrieb wohl bewusst auf Abgrenzung setzt), eine Behauptung gegen die ich mich schlicht wehre. Außerdem steht ein Spiel mit einer Standardthematik nun gleich unter Generalverdacht, das Thema aufgesetzt zu haben. Ein richtig thematisches Spiel zum Thema Ägypten würde vermutlich im ersten Schwung nicht als solches wahrgenommen…
Und das ist schade.
ciao
peer
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Hallo Peer,
interessant zu diesem Punkt finde ich, dass das Thema Western und Indianer immer als Krepier-Thema behandelt wird. Es ist eigentlich zugänglich; aber für Spiele irgendwie nicht wirklich brauchbar.
Liebe Grüße
Nils ( liebt Wyatt Earp – pifff – Treffer)
Ja das stimmt, der Handel meint (so gelesen im Spielbox-Artikel zu „Oregon“ IIRC), dass sich Western-Spiele nicht so gut verkaufen. Plausibel, denn Westernfilme laufen in Deutschland auch nicht gut (außer Bullys natürlich ;-) ). Und das obwohl die Deutschen (dank Karl May) eine besondere Beziehung zu Indianern haben (im Vergleich zu anderen Ländern jedenfalls).
Woran könnte es liegen? Vielleicht reizt das Thema Erwachsene nicht so zum spielen. Vielleicht liegt es auch gerade an Karl May, der das Thema für andere Medien irgendwie verdorben hat. Keine Ahnung.
Sobek (von game works) ist in diesem Jahrgang ein ansprechendes Spiel mit ägyptischem Thema. Das Spiel ist im Comicstil gezeichnet. Das gibt auch einiges her, wie wir es von Asterix schon kennen. Und es spielt sich sehr flott.
Zum „Thema“ eines Spiels möchte ich noch folgendes beitragen: Meine Frau etwa war vom „Mechanismus“ von Pandemie sehr angetan. Aber das „Thema“ des Spiels macht es für sie unspielbar. Da ist einfach nichts zu machen …
Johannes
Vielleicht sind ja die Indianer als Verlierer vordefiniert. Ist vielleicht nicht gerade vorteilhaft für ein Spielvorhaben.
Ähnlich geht es wohl dem Thema Gangster. Ich vergleiche gerade intensiv Der Pate mit Die Burgen von Burgund. BuBu ;) fliegt gerade zu die Herzen zu. Der ähnlich konzipierte Pate friste so sein Dasein; und das, wo die einzig Kritik an BuBu nicht zu trifft. Es ist ein sehr gut ausgestattes Spiel. (Insgeheim vermutet ich jedoch, dass der Pate wirtschaftlich der größere Erfolg wird.)
Themen, die auch immer gehen, sind Seefahrt und Handel.
Liebe Grüße
Nils
Hallo, Peer,
ich wollte weder dir noch allen anderen Autoren, die, ausgehend von einem Thema ein Spiel entwickeln ans Bein treten.
Es würde mir auch nicht einfallen, zu behaupten, daß Spieleautoren, das Rhema ihres Spiels „egal“ wäre. Ich wollte nur sagen, daß das Thema bei Mainstream-Spielen variabel ist – oder zumindest variabler – und es damit einen fundamentalen Unterschied zu unserer Arbneit bei Spieltrieb gibt.
Zweifellos gibt es ungezählte Spiele, die exakt so entwickelt wurden, wie der Autor/die Autorin sie ursprünglich geschaffen hat, aber eben auch eine ganze Menge anderer, die im Sinne des Marketing oder sonstiger größerer Atrraktivität thematisch umgebaut wurden.
Nunja, und außerdem schreibe ich ja auch, daß das Thema eines (Mainstream-) Spiels nichts über die Qualität des Spiels aussagt.
Abgesehen davon freue ich mich, daß du meinen Artikel ansonsten sehr lesenswert findest.
Viele Grüße
Till
Hi Till, kein problem, vermutlich hab ichs schiefer verstanden als es gemeint war. Ich shcätze das was ihr bei Spieltrieb macht, aber weniger weil es thematischer wäre (es gibt auch viele thematische Spiele im Mainstream-Bereich – gerade habe ich wieder K2 gespielt), sondern eher weil ihr den Schwerpunkt eher auf Simulation legt, auf etwas was vielleicht „Spiel als Medium zum Vermitteln“ wert gelegt wird und weniger auf die „Spaßmach/Herausforderungs“-Aspekte (Hm, das könnte man jetzt seinerseits wieder falsch verstehen…)
Aber als ein Autor, der sich von Themen inspirieren lässt und zumindest partielle Abbildung (wenn auch nicht Simulation) versucht, bin ich da einfach empfindlich :-)
Hey, Peer,
jam, den Eindruck hatte ich auch, daß du da etwas empfindlich reagiert hast. Kenne ich aber auch von mir (z.B., wenn mal wieder merke, daß mein Gegenüber Spiele für ein unseriöses Medium hält…..Baaaah). Ich habe mich wohlweißlich überall bemüht, zu relativieren, wo es um Autoren und ihre Themen geht.
Aber anyway, wir verstehen uns ja jetzt.
Was unsere Arbeit angeht….ich denke, wir haben sowohl das Eine, wie auch das Andere gemacht. Aber klar, es geht immer um die Umsetzung der realität, so oder so, selbst wenn es einfach nur Spaß machen soll, wie bei „Windschatten“ oder „Wir gehören zusammen“.
Aber so sehr diese Arbeit auch Spaß macht, wir spielen natürlich auch einfach nur gern. Deshalb haben wir uns ja zum 12-jährigen und 13-jährigen Eynsteyn und Jets geschenkt. Nix Simulation, nix Pädagogik, nix Information – einfach nur 2-Personen-Strategie, bzw. Augenmaß und Gemeinheit.
Muß auch mal sein….
Viele Grüße
Till
Hey in Opera sieht dein Seiten Design irgendwie kaputt aus.