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Lesen!

Vor einigen Wochen wurde ich in den Comments gebeten, eine Übersicht über lesenswerte Spielebücher zu geben. Ich weiß nicht ob ich der geeignete Ansprechpartner dafür bin (zum einen habe ich nur eine relativ kleine Spielebuchbibliothek, zum anderen lese ich viele englischsprachige Bücher), aber natürlich bin ich Leserwünschen gegenüber immer offen. Also werde ich heute und in regelmäßigen Abständen ein paar interessante Bücher vorstellen. Auch heute.

Drei Arten von Spielebüchern möchte ich unterscheiden: Bücher die ein Spiel enthalten (also quasi Spiele in Buchform), Bücher die mehrere Spiele enthalten (Bücher als Spielesammlungen) und Sekundärliteratur (Vorstellen von Spielen, Strategiebücher, Geschcihet von Spielen etc.). Ich persönlich lese am liebsten den dritten Typ, aber ich möchte mit dem zweiten Typ beginnen.

Spielesammlungen in Buchform findet man häufiger in Buchhandlungen oder Flohmärkten. Die meisten sind jedoch imho nicht sonderlich interessant – zu bekannt die Spiele die sie beschreiben, zu schlecht sind die Regeln beschrieben und vor allem: zu schlecht sind die meisten Spiele, die sie beschreiben. Ich erinner mich mit Grauen an das Buch „Würfelspiele“ aus dem Heyne-Verlag, das vor allem allersimpelste Glücksspiele beschreibt! Ich möchte mich auf ein paar interessantere Vertreter beschränken:

D A S Buch ist natürlich „Spiele anders als andere“ von Sid Sackson (engl.: A Gamut of Games) (Hugendubel). Dieses Buch enthält ausschließlich unbekannte Spiele, darunter eine Vielzahl von Sackson selbst, sowie einige andere von bekannteren Autoren (z.B. Robert Abbott oder Alex Randolph). Die Regeln sind klar beschrieben und die Spiele werden sehr nett von Sackson vorgestellt. Hinzu kommen ein paar Informationen über die Autoren oder ein paar Anekdoten zur Spielegeschichte. Die Spiele selbst sind zum Großteil auf hohem Niveau. Ein Paar fanden später den Weg in die Spieleschachtel: LOA, Focus, Glasperlendomino (als Wu Hsing) und Crossing (als Epamindoras). Hinzu kommen die Regeln von Haggle, einem der besten Großgruppenspiele überhaupt. Dieses Spiel sollte in keiner Spielebibliothek fehlen!

Von ähnlicher Qualität aber mit anderem Fokus ist „Kartenspiele der Welt„(Hugendubel) ebenfalls von Sackson. Wie der Titel andeutet werden hier Kartenspiele aus allen Herren Ländern vorgestellt. Viele davon findet man in deutscher Sprache nur hier beschrieben, einige fehlen gar bei Pagat.com (Die größte Kartenspielfundgrube im Netz). Für Kartenspielfreunde damit ebenfalls ein Pflichtbuch und zudem ein großartiges Nachschlagewerk (Was wurde nochmal in Brasilien gespielt?). Als zusätzlichen Bonus finden sich auch hier einige neue Kartenspiele.

Auch von Sackson ist die Reihe „Denkspiele mit Wörtern„, „Denkspiele mit Farbstiften„, „Denkspiele miteinander gewinnen„, und „Denkspiele – Spiele für eine Person„. Diese Reihe ist in erster Linie wohl für Sammler interessant – über diese Bücher ist die Zeit hinweggegangen. Das fängt schon damit an, dass nur jeweils sechs Spiele beschrieben werden, die Dicke des Buches ist damit begündet, dass die Spielpläne mehrfach enthalten sind, damit sie „verbraucht“ werden können – im Zeitalter von Scanner und Kopierer ein Anachronismus. Die Spiele der beiden letzteren Bücher sind zudem mehr Puzzle als Spiel – netter Zeitvertreib mehr nicht. Die Wortspiele sind OK (ich hab sie nicht alle gespielt) und für Freunde des Genres sicherlich nett. Die Spiele mit den Farbstiften sind insofern interessant, als dass die entstehenden Spielfelder an Gemälde berühmter Künstler erinnern. Das Buch ist also für Kunstfreunde einen Blick wert.

Deutlich neuerem Datums sind „Die große Humboldt Enzyklopädie der Kartenspiele“ und „Die große Humboldt Enzyklopädie der Würfelspiele„. Beides sind sehr umfangreiche Sammlungen interessanter Spiele und recht vollständige Nachschlagwerke in einem. Allerdings habe ich hier bereits über das große Problem der Bücher geschrieben: Sie enthalten auch Autorenspiele, allerdings wurden diese ohne Kenntniss (oder Erlaubnis) der Autoren abgedruckt! Daher mag ich diese Bücher nicht wirklich empfehlen.

Apropos Kartenspiele: „Kartenspiele als Kunst“ von Robert Abbott ist ein weiterer „Klassiker“ unter den Spielebüchern. Es enthält zwar nur 8 Spiele, dies sind aber allesamt sehr origelle Spiele. Darunter auch Eleusius, das berühmte Induktionsspiel. Allerdings muss gesagt werden, dass in der heutigen Zeit (den vielen Spielen, die jedes Jahr erscheinen oder im Internet beschrieben werden) das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht optimal ist: Es sind eben nur 8 Kartenspiele. Insgesamt würde ich sagen: Dieses Buch ist für Sammler ein Pflichtkauf. Alle anderen können auch gut darauf verzichten.

Ein kleiner Geheimtipp von mir ist „Jeder gegen Jeden“ von Michael Laver. Was dieses Buch so einzigartig macht, ist dass es eigentlich ein Politikbuch ist: Der Autor ist Politikwissenschaftler und benutzt die Spiele um Gesellschaftsformen und Politiktheorien zu verdeutlichen. Das klingt vielleicht abschreckend, aber die Spiele sind originell, mit vielen Spielern spielbar und oft richtig schön fies. Gelungen der Aufbau des Buches: Zuerst wird ein Spiel beschrieben. Es folgen taktische Tipps und wiederkehrende Beobachtungen und Strategien. Diese werden dann mit der Wirklichkeit verglichen. Das Resultat ist ein Spielbuch, das man auch richtig gut lesen kann! Wer gut englisch lesen kann sollte übrigens dem Buch „Playing Politics – The bightmare continues“ der deutschen Fassung dem Vorzug geben, denn es enthält mehr Spiele und ist leicht aktualisisert.

So, das was der erste Teil meiner Buchschau. Demnächst werde ich einen Überblick über meine Lieblings-Sekundärliteratur geben.

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Letzte Woch konnte ich zwei amerikanische Knizias spielen und werde meinen Eindruck hier wiedergeben:

Poison ist ein einfaches Kartenspiel: Es gibt drei Farben und ein paar Joker. Wer an der Reihe ist legt eine Karte auf einen Stapel. Dabei müssen die Stapel farbrein bleiben. Wenn die Kartenwerte eines Stapels die 13 überschreitet, muss der Spieler alle Karten nehmen, bis auf die Karte, mit der die 13 überschritten wurde. Eine Art „6 nimmt“ also. Originell wirds durch die Wertung: Sind alle Karten gespielt zählt jede Karte 1 Minuspunkt, jeder Joker deren 2. Hat aber ein Spieler von einer Farbe mehr Karten als jeder seine Mitspieler, so darf er diese Farbe komplett abwerfen! Dadurch wird das Spiel durchaus interessant. Ich würde es rudimentär mit Kramers „Hornochsen“ vergleichen, es hat aber eine schönere Graphik. Ein durchaus empfehlenswerter Absacker! Allerdings ist die Schachtelgröße viel, viel, VIEL zu groß für das Spiel.

Genesis ist zwar ein Brettspiel, es dauert aber nicht viel länger als eine Partie Poison. Ich war gespannt auf das Spiel, denn mir wurde gesagt, dass das Spielgefühl etwas an einen meiner Protos erinnert (was im übrigens stimmt, auch wenn die Spiele doch sehr verschieden sind). Wer an der Reiheist würfelt mit 2 Würfeln und spielt die gewürfelten Landschaftsplättchen seiner „Tierart“ (Farben entsprechen hier Landschaften, der Besitz wird durch Urtiere angezeigt) auf das Brett. Ziel ist es hier Gruppen gleicher Lanfschaftsplättchen zu bilden und innerhalb einer Gruppe am meisten aneinanderliegender Tiere zu haben. Bei Spielende werden die Gruppen nämlich getrennt abgerechnet und der Spieler mit der größten zusammenhängenden Gruppe bekommt die meisten Punkte, der mit den zweitmeisten bekommt auc noch was, der Rest geht leer aus. Wie viele Punkte es gibt hängt davon ab, ob es eine „Standard“-Herde ist, die größte Herde ihrer Farbe oder gar die größte Herde auf dem Brett. „Dank“ des Würfels ist ein nciht unerheblicher Glücksfaktor im Spiel, aber dank einer Reihe von Feldern, die nicht besetzt werden dürfen (Günter Cornett würde sagen „organischer Spielplan“), ist durch eine Menge durch gute Legetaktik auszugleichen. Für die Spieldauer auf jeden Fall ein nettes Spiel, wenngleich auch kein Brüller. Für ein optimalen Spiel müsste der Spannungsbogen etwas straffer: Am Anfang sind die Züge noch relativ unspannend, dafür endet das Spiel etwas zu abrupt. Ich glaube mein Spiel ist besser, Höhöhö. Im ernst: Wie gesagt: Ein schönes Zwischendurchspiel, insbesondere sehr Wenigspieler-tauglich!

ciao

peer

Peer Sylvester
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2 Kommentare

  • Hey Peer,

    danke, dass du meinen Wunsch nach den Büchern nicht vergessen hast. Einige der oben genannten habe ich bereits und freue mich, dass du sie genauso beschreibst wie ich sie auch empfinde – somit haben wir da den gleichen Geschmack ;-). Ich freue mich schon auf weitere Bücherhits aus deinem Regal, damit ich meine Sammlung vervollständigen kann.

    viele Grüße
    Smuker