Ein Brettspiel kann aus unterschiedlichsten Gründen witzig sein. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit ein paar Beispiele:
- Die Texte können lustig sein (mit dem Nachteil, dass sich der Humor schnell verbraucht)
- Die Spielenden müssen regelmäßig alberne Dinge tun – etwa “Quack” rufen oder sich mit vollen Namen anreden oder eine Karte auf dem Kopf balanzieren
- Die Spielenden können z.B. durch Geschwindigkeitselemente überfordert werden, was die Gefahr beinhaltet, dass es frustrierend oder gemein wird (eine Frage des Timings)
- Die Spielhandlungen ergeben in Kombination mit dem Setting absurde Situationen, wenn sie entsprechend (gemeinsam) interpretiert werden
- Kreative Leistungen bei Kommunikationsspielen sorgen für besonders lustige Werke
- Spektakuläres Scheitern kann lustig sein, insbesondere wenn die eigene Hybris dafür zuständig war (etwa bei Dungeon Fighter oder Cookie Box)
- …
Texte über Humor sind ja für ihre Humorlosigkeit bekannt, daher werde ich nicht über alle Fälle schreiben. Genau genommen nur über einen, der mir in der vergangenen Woche gleich zweimal begegnet ist: Dem Fall, in dem es zentrale Spielhandlung ist, die lustigen Sachen sich selbst auszudenken.
Mir sind zwei Spiele bekannt, bei denen es explizite Spielhandlung ist, Pointen von Witzen zu schreiben: Why the chicken… und Wise Owls. Dass beide Spiele es (meines Wissens) nicht nach Deutschland geschafft haben, ist kein Zufall: Witze zu schreiben ist schwer. Vor allem wenn der Druck hoch ist; Ist es die einzige Spielhandlung, eine Pointe zu schreiben und diese anschließend zu verlesen, so sollte diese Pointe besser witzig sein! Sei witzig! Jetzt! Zudem ist die persönliche Fallhöhe recht groß. Was, wenn man konsequent nur Mitleid statt Lacher erzeugt? Dem will sich kaum jemand aussetzen.

Zum Glück kann man diesem Druck ausweichen, in dem das eigentliche Spielziel das Schreiben von Pointen nicht direkt in den Mittelpunkt stellt: Vielmehr geht es eigebtlich um etwas anderes und die Pointen sind nur der Mittel zum Zweck. Das ist insbesondere bei vielen Argumentationsspielen der Fall, wo man Begründungen für zufällige, absurde Dinge finden muss. Beispiele sind etwa Cat & Chocolate, wo man mit zwei zufälligen Karten absurde Situationen überleben muss oder Big Boss, bei dem man begründen muss, warum man aufgrund zufällig gezogener Eigenschaften für besonders geeignet ist, einen bestimmten Job zu machen. Doch auch diese Spiele stellen die Spielenden z.T. noch recht weit in den Mittelpunkt und nicht alle sind begeistert, spontan eine witzige Rede zu halten. Diese Hürde wird deutlich gesenkt, wenn das Spiel auch noch Stichwörter anbietet, die über die gebotene Aufgabe hinausgehen und an die sich die Pointe anhängen lässt. Gespielt habe ich letzte Woche Punk sucht Lady, ein 90er Jahre-Spiel von Wolfgang Kramer, bei dem es um Heiratsvermittlung geht, bei dem alle ihre Kandidat:innen anpreisen müssen. Dabei sind die enthaltenen Personen schon sehr satirisch-überspitzte Personen. Das Spiel gibt zudem zwei (von 6) Eigenschaften vor, die in dieser Anpreisung enthalten sein müssen. Bloßes Vorlesen wre schon witzig, daher ist die Stufe zu feurigen Rede, warum die Pferdewetterin doch irgendwie zum Fakir passt, nicht hoch. Ergo ist das Spiel witzig, ohne dass jemand allzu viel Druck verspürt.

Einen anderen Weg geht Wilmots Warehouse, bei dem sich die Gruppe die Lage von bestimmten Plättchen anhand von kleinen, selbst gemachten Geschichten erzählt wird. Da die Graphiken sehr viel Interpretationsspielraum bieten, sich aber aufeinander beziehen sollten, ist auch hier der Schritt zu wirklich adsurdem recht klein. Zudem ist das Spiel kooperativ und ähnlich wie bei guten kooperativen Quizspielen, können sich immer gerade die beteiligen, die gerade eine gute Idee haben. Zurückhaltung ist möglich – und deshalb liegt kein Druck auf den Spielenden. Das Spiel arbeitet zudem mit witzigen Texten, die hier aber nicht zum Selbstzweck werden, sondern den Ton setzen. Auch das hilft bei der Kreation von Witzigem.
Humor in Brettspielen wurde lange Zeit als Gimmick wahrgenommen, zum Teil gelegentlich man schon regelrecht angst vor betont lustigen Spielen haben. Spiele wie Cards against humanity, wo zudem ein gewisser Zwang zum Spaß haben besteht (um nicht als Mießmacher zu gelten), haben dem Ruf witziger Spiele nicht gerade geholfen. Dennoch gehört Humor zum Brettspielen wie bei jedem Medium anderen auch, durchaus dazu. Dieser Humor kann viele Formen annehmen, die alle ihre eigenen Fallstricke und Probleme beinhalten. Das heißt jedoch nicht, dass man darauf verzichten sollte – wie alle Elemente ist auch der Humor eines, dass man als Spieleschaffender beherrschen können sollte.
ciao
peer
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