spielbar.com

Wer den Abspann im Kino nicht nur wegen einer Hidden Szene schaut

(Vorneweg ein kleiner Disclaimer. Dieser Artikel beschäftigt sich mit etwas was mir seit ein paar Wochen deutlich vor der Nase rumgeistert. Ich habe da eine sehr deutliche Meinung, kann sie aber leider nicht völlig frei formulieren.)

Als die SAZ sich gegründet hat und ihre berühmte Bierdeckelproklamation gemacht hat, dass jeder Autor auf dem Schachteldeckel zu stehen hat, da waren die Zeiten andere. Inzwischen sehen wir es als selbstverständlich an, dass der Autor erwähnt wird. Er kann ein Zugpferd sein vom Namen. Ein Stefan Feld oder ein Eric M Lang, hilft vielen einzuschätzen wie ein Spiel wohl sein könnte.

Das ist eigentlich kein Wunder. Bei Büchern und Filmen funktioniert die gesamte Marketing Maschinerie oft in diese Richtung. Ein neuer Stephen King-Roman oder ein neuer Sandra Bullock-Film. Da wird viel mit den Personen geworben. Und die Personen können daraus Kapital schlagen. Auch ein Reiner Knizia kann das. Er handelt alle seine Spiele ziemlich genau und selbst bei den App-Umsetzungen seiner Brettspiele ist sein Name im Namen der App drin.

Inzwischen schreiben auch immer mehr Verlage den Illustrator drauf. Die Franzosen haben damit angefangen und ein Vincent Dutrait oder ein Michael Menzel sind Personen die sich das ordentlich bezahlen lassen, so wie vor 20 Jahren fast nur Doris Matthäus und Franz Vohwinkel zu sehen waren. Ein Name ist wichtig und kann garant sein.

Dasselbe passiert aber auch bei Verlagen. Einige haben einen Namen für sich gemacht, weil sie jahrelang immer wieder Arbeit abgeliefert haben, die viele Spieler begeisterten. Sei es Alea, Hans im Glück, oder auch neuerdings Feuerland. Es macht einen Unterschied ob ein Stefan Feld bei Alea rauskommt oder bei Queen Games und das liegt am Verlag. Da kommen Speile für ganz unterschiedliche Zielgruppen raus, ohne dass eins der Spiele besser oder schlechter sein muss.

Diese Unterscheidung hat viel damit zu tun, wer die Verlage sind und wofür sie stehen. Aber auch damit, wer dort arbeitet. Uwe Mölter in Rente geht und weniger für Amigo macht, dann wird seine Handschrift auf den Spielen fehlen. Es gibt zwar Nachwuchs, aber die machen es halt doch etwas anders. Nicht besser oder schlechter, halt nur etwas anders. Diese Feinheiten muss man verstehen.

Ich selber hatte mal vor vielen Jahren gewollt das der Redakteur mit auf die Schachtel gehört. Etliche Verlage schreiben ihn inzwischen auf die Rückseite und/oder die Anleitung. Da hat sich was bewegt.

Wenn berühmte Sängerinnen wie Aretha Franklin sterben, dann wird das im Fernsehen breitgetreten, denn es war eine Persönlichkeit, die uns alle berührt hat und für eine Generation stand. Wenn ein Schauspieler wie Alan Rickman von uns geht, dann steht oft das Gesamtwerk dahinter was geht. Er war vielleicht nur ein Teil der Filme, in denen er mitgespielt hatte, weil viele andere auch eine Super-Leistung gebracht haben, aber es war seine Leistung die in Erinnerung bleibt.

Die Brettspielszene ist noch jung und wir haben deutlich weniger Verluste miterleben dürfen bisher. Sei es Sid Sackson oder Alex Randolph an Autoren. Aber auch Reiner Müller und Fritz Gruber haben eine Arbeit geleistet, die viele nicht mehr kennen. Mir wurde neulich wieder deutlich, dass ich seit über 3 Jahren versuche ein Interview über das Wirken von TM-Spiele für die Bretterwisser aufzunehmen. Da haben beide noch gelebt. Ein Reiner Müller war ein Redakteur der neues erschuf. Und die TM Redaktion hatte etliche Erfolge vorzuweisen. Sie stampften mit Goldsieber etwas aus dem Boden, und als sie den Verlag verließen, passierte da nichts mehr Spannendes. Spielworxx ist Uli Blennemann. Er weiß das seine Spiele nicht immer gefallen. Aber sie stehen für ihn. Man bekommt was man erwarten sollte. Die Menschen sind der Schlüssel.

Was ich mir wünsche, wäre dass ihr euch in Essen anschaut, welche Spiele sind von dem Autor, dem Illustrator und auch dem Redakteur, der euren Geschmack trifft. Vielleicht ist dann die Enttäuschung nicht zu groß. Und wenn euch das Spiel zweitrangig ist, dann spielt mit den Menschen, mit denen ihr gerne spielt. Denn die sind auch wichtig, damit euch ein Spiel gefällt. Und hoffentlich auch für euch im Leben.

Matthias Nagy
Letzte Artikel von Matthias Nagy (Alle anzeigen)