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Verlagsvorstellung: Baccum

In Essen begegnet man immer wieder einer Reihe von Verlagen, von denen man im Vorfeld nichts gehört hat.Der Koreanische Verlag  Baccum war so ein Verlag und das gute Material ihres Erstlingswerkes Generalship machte mich sofort neugierig!

Bitte stelle Dich und Deinen Verlag kurz vor!

Wir sind zwei Brüder die Baccum zusammen gegründet haben. Wir sind beide keine Profis: Einer von uns ist ein Halbleiteringenieur und der andere Offizier beim Militär unseres geteilten Landes. Brettspiele sind also nur ein Hobby für uns, aber wir waren mit den meisten Strategiespielen nicht so recht zufrieden. Wir wollten unserer eigenes Spiel machen und mit anderen Brettspielern spielen. Wir wollten auch zeigen, dass man selbst in einem so unbedeutenden Brettspielmarkt wie Korea gute Strategiespiele produzieren kann

Bitte erzähle uns etwas mehr über euer Spiel!

Generalship ist ein kompaktes Strategiespiel, bei dem die Spieler einen Teil der Erupäischen Geschichte erleben können. Es ist sehr strategisch, mit nur einem kleinen Glcksanteil, aber dennoch noch leicht zu bewerkstelligen. Es gibt keine klare Gewinnstrategie und die Führung wechselt ständig. Die Spieler können mit dem Material sehr lange Spaß haben.

Was habt ihr für die Zukunft geplant?

Wir planen ein Spin off von Generalship,. dass auf dem selben Prinzip basiert, aber in Japan während der  Sengoku Zeit spielt.

Wie sieht der Brettspielmarkt in Korea aus?

Normalerweise werden nur traditionelle Spiele (z.B. Go, Janggi, Schach) gespielt. Auch Familienspiele wie Jenga sind populär. Nur wenige Leute spielen echte Strategiespiele.

Wie kann man in Deutschland Euer Spiel erwerben?

Einige Händler haben einige Exemplare aus Essen mitgenommen. Eine andere Möglichkeit ist Spiel direkt.

Vielen Dank für das Interview!

Wie oben angedeutet ist das Material durchaus hochwertig: Klare Ikonographie ohne viel Drumrum, Dicke Packung, Holzmünzen, viel genial gepacktes Material – Die Schachtel ist schwer! Die Iluustrationen auf den Karten sind toll (die auf den Hexfeldern dagegen eher weniger) Leider ist die Regel deutlich schlechter – sowohl vom Aufbau als auch vom Satzbau her. So erfährt man nicht, dass tatsächlich die Schachtelunterseite das Spielbrett darstellt (Gut, es ist ein reines Anzeigebrett, alles relevante findet auf Hexfeldern statt). So manches ist sehr implizit, wichtiges erfährt man eher nebenbei in gestelzten Sätzen – so wird erst nach wiederholtem Lesen klar, dass die Mitspieler meistens nicht denselben Zug des Startspielers machen dürfen. Oder wie eine Runde überhaupt aufgebaut ist. Nebensächliches ist dagegen deutlich hervorgehoben. In einigen Teilen ist jeder Satz ein neues Rätsel – Wohl dem, der das Spiel in Essen erklärt bekommen hat! Ich jedenfalls stand mehrmals kurz vor der Aufgabe… Insbesondere bei den Produktionsregeln kann ich nur hoffen, dass ich sie verstanden habe (ich habe die mühsam aus den Beispielen rekonstruiert). Hinzu kommt noch, dass Schrift und Ikonographie z.T. sehr klein geraten ist (Ein Mitspieler witzelte, das Spiel sei nichts für über Vierzigjährige). Doch genug gemeckert – Worum gehts und wie spielt es sich?

Es geht um Krieg, eas bei dem Titel nicht überraschen sollte. Die Spielfläche ist eine sehr abstrakte Hexfeldlandschaft, wobei die Spieler Länder an deren Ecken übernehmen. Diese Reiche unterscheiden sich ein wenig in Punkte Geographie, Bevölkerung und potentiellem Nahrungserwerb. Bevölkerung wird in erster Linie benötigt um Nahrung zu produzieren, wird aber auch geringer, wenn man Truppen aushebt. Dazu wiederrum ist Nahrung notwendig und bei den späteren Truppen auch Stein. Auch der Unterhalt kostet ab einer bestimmten Truppenstärke jede Runde 1 Nahrung. Daran sieht man schon: Primär werden Armeen ausgehoben und über das Brett bewegt. Alternativ darf man ein bisschen Forschen, was neue Waffentypen (für alle) freischaltet, Siegpunkte bringt und ein Ereignis auslöst, dass Auswirkungen auf die Führungskräfte der beteiligten Länder hat (Jeder hat einen Kommandeur offen, der individuelle Vorteile bietet). Siegpunkte sind natürlich das ein und alles – Zehn braucht man zum Sieg. Da die Forschung eher schleppend voranschreitet wird man die in erster Linie durch das gewinnen von Schlachten erlangen, wobei es mehr Punkte gibt, wenn man direkt beim Feind zu Hause gewinnt.

Der Zentralmechanismus ist an Puerto Rico angelegt: Wer dran ist sucht sich eine Aktionskarte aus und (mit Ausnahme der Allianz)  jeder darf die Aktion durchführen – es sei denn die Karte zeigt zwei Aktionen, dann darf man nur die Aktion durchführen, die der Zugspieler NICHT gewählt hat. Außerdem darf jede Aktion generell nur begrenzt durchgeführt werden.

Generalship bietet eine Vielzahl von guten Ideen: So erobert man neutrale Gebiete durch reinziehen, fremde aber durch rausziehen, so dass der Gegner meistens noch reagieren kann. Die Aktion Allianz erlaubt es beliebige Nationen zu allierten zu erklären, woraufhin die sich nicht mehr angreifen können. Das Enternen einer Allianz ist auch möglich, kostet aber (im Gegensatz zur Gründung). Gelungen ist auch das kartengesteuerte Kampfsystem, bei dem die Einheiten erst mit gezogenen Karten aktiviert werden müssen. Das dauert länger als ein simples Auswürfeln, ist aber thematischer.

Generalship ist ein merkwürdiges Spiel: Da sind auf der einen Seite viele sehr thematische Elemente – z.B. die Einheiten, Ereignisse, der Techtree und das Kampfsystem. Auf der anderen Seite ist das Spielfeld selbst total abstrakt. Auf der einen Seite sind die Regeln in den meisten Fällen klar und intuitiv, auf der anderen Seite sind in bestimmten Punkte aber viel Tüddellüt den man sich merken muss – insbesondere die Kosten beim Ausheben einer Armee sind voller Ausnahmen und Sonderregeln und ähnliches gilt auch für den Seekampf. Wie bei der Spielregel und bei der Graphik gibt es auch hier ein paar Dinge, die man hätte besser machen können. So zieht sich insbesondere zu dritt die Entwicklung neuer Technologien und das macht den Kampf anfangs etwas langweilig.

Dennoch ist Generalship keinesfalls ein schlechtes Spiel. Wenn die abstrakte Landkarte nicht stört bekommt man ein durchaus interessantes Prügelspiel. Es dauert mit mehr als zwei Spielern zwar deutlich länger als die 60Minuten, die auf der Schachtel versprochen werden. Gerade Anfänger müssen eher mit Zweieinhalb Stunden rechnen, aber das sollte die Zielgruppe nicht abhalten. Mich erinnert es rudimentär an Spiele wie Brittania oder Hannibal und wem das zusagt, der sollte durchaus zugreifen. Man muss eben wissen, dass es ein Prügelspiel ist – ohne Konflikt kommt man hier nicht weit.

ciao

peer

Peer Sylvester
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2 Kommentare

  • Update: Der Verlag hat dem Spiel ein neues Regelwerk spendiert und wohl auch die Regeln noch leicht feinjustiert. Die neuen Regeln finden sich auf Boardgamegeek.

  • Update: Die Regeln sind noch einmal überarbeitet worden und sehr viel klarer.
    Auf der Essen 2016 wird ein Spiel präsentiert, dass nicht in der Generalship-Reihe ist, sondern sehr viel klarere Regeln hat – Eurogame eben. Ich versuche es mir anzuschauen!