spielbar.com

Der König von Potsdam

Im englischen kann man zwischend „themed“ und „thematic“ unterscheiden, wenn es um Spielthemen geht und wenn der Grad einer Simulation noch nicht erreicht ist. Im Deutschland fehlen mir solche Vokabeln, denn es ist ein Unterschied, ob ein Spiel irgendwie thematisch ist oder eigentlich abstrakt und das Thema nur in Begrifflichkeiten besteht. Zumindest sehe ich das so. Im einen Fall erkennt man das Thema wieder, im anderen nicht. Beispiele für ersteres sind K2 oder vielleicht auch The Viallage (wenn „Leben in einem namenlosen Dorf“ ein Thema ist), Beispiele für letzteres zum Beispiel die Burgen von Burgund oder Goa. Das ist kein Qualitätsurteil – alles sind hervorragende Spiele – sagt aber dennoch etwas über das zu erwartende Spielgefühl aus: Bei dem einen steht das Eintauchen ins Thema mehr im Vordergrund als beim anderen und potentiell Intuitiver ist es auch, da die Mechanismen sich aus den Themen speisen.

Dennoch macht auch eine übergestülpte Thematisierung durchaus Sinn – Burgen von Burgund hätte zwar auch rein abstrakt gehalten werden können, doch das hätte Spielverständnis und Regellektüre erschwert. Dazu ein thematisches Beispiel: Ein Prototyp von mir spielt im frühen Irland. Die korrekte (weil historische) Bezeichnung für bestimmte Spielelemente wäre Ri, Ruiri und Ri Ruirech gewesen. Das hätte ein Leser auswendig lernen müssen und wäre vermutlich dennoch ständig durcheinander gekommen. Ich habe daher die üblicheren Begriffe Städte, Provinzen und Gebiete gewählt. Das ist für ein thematisches Spiel, das keine Simulation sein will, legitim. Je abstrakter das Spiel, desto freier darf der Autor mit den Spielelementen sein, wenns denn der Wahrheitsfindung Herabsetzen der Einstiegshürde dient (Siehe auch hier).

Dennoch sollte man eines beachten: Krasse thematische Fehler sollte man aber durchaus vermeiden. Denn zum einen sind die kontraproduktiv, denn ein Kenner der Materie würde intuitiv das andere erwarten. Vor allem aber sind es thematische Brüche und die stören den Spielgenuss. Das ist wie mit Filmen: Wenn die innere Filmlogik stimmt, kann man über manches hinwegsehen – aber wenn selbst die nicht korrekt ist, bekommt man sowas wie Emmerichs Godzilla.  Ein paar kleine Beispiele für Fälle wo Autor und Redaktion vielleicht hätten aufpassen können (Und gerne düfen in den Kommentare weitere genannt werden):

Aktuell: Deadwood. Ich konnte es noch nicht spielen, aber es schaut interessant aus. Aber der Titel weckt falsche Assoziationen: Mit dem realen Deadwood (vor allem bekannt aus der gleichnamigen US-Serie) hat es nämlich nur den Namen und Wild Bill Hickock gemein. In Deadwood (Stadt) gab es nämlich keine Cowboys (wie in Deadwood-Spiel) – die Stadt lag im Indianergebiet und war genaugenommen illegal. Deadwood (Stadt) war eine Minenstadt in den Black Rock Hills, die -wie der Name andeuted – nicht gerade flaches Weideland für Kühe und Farmen darstellt wie Deadwood (Spiel) andeutet. Ein anderer Name wäre passender gewesen.

Störtebecker von Hans im Glück  ist immer noch ein Lieblingsbeispiel. Es ist schon etwas älter, so dass ich um Nachsicht bitte, wenn mir nicht mehr alle Waren einfallen, aber IIRC waren Bananen und Rum dabei. Beides sehr ungewöhnliche Waren für einen Piraten der Hanse, der im 14./15. Jahrhundert lebte – also bevor Amerika entdeckte und somit bevor jemand wusste was „Rum“ überhaupt ist (Skat kannte man da ja auch noch nicht). Salz und Gold wären wohl logischere Waren gewesen…

Bei König von Siam änderten wir (Richard und ich) den Namen einer Provinz, da der ursprüngliche Name damals noch nicht verwendet wurde und zudem auch nicht leicht auszusprechen war. Stattdessen verwendeten wir Roi Et. Eine im Nachhinein etwas voreilige Wahl, denn die Stadt Khorat ist historisch (und auch heute) deutlich einflussreicher gewesen – ein bisschen so, als hätte man die Provinz um Berlin „Potsdam“ oder „Klein Machnow“ genannt.

Sind solche Fehler schlimm? Nein – eher amüsant. Aber sie sind eigentlich unnötig und ärgern und verwundern den Kenner der Materie. Und gerade wenn man ein Thema nur benutzt, um die Pöppel und Spielsteine kohärent zu benennen, ist es vermutlich nicht zu viel verlangt, bei den paar thematischen Teilen allzu große Patzer zu vermeiden.

ciao

peer

Peer Sylvester
Letzte Artikel von Peer Sylvester (Alle anzeigen)

1 Kommentar

  • Hi,

    mir fällt Sylla ein: 60 v. Chr. aber soweit ich das damals las, spielte Christenverfolgung eine Rolle…

    Auch wenn man die Begriffe später verändert hat, war das Spiel damit für mich untendurch.