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Nach der Spiel ist vor der Spiel

Gut, technisch gesehen läuft die Spiel noch, aber ich bin schon zu Hause und der eine oder andere Leser vielleicht auch. Obwohl ich das bezweifel. Ich hab so viele Leute getroffen, die alle behauptet haben, sie würden mein Blog lesen, da kann eigentlich keiner mehr übrig sein :-) (Ehrlich: Ich bin überwältigt!)

Jedenfalls wollen bestimmt alle daheimgebliebenden wissen: Was ist der Messetrend. Meine Antwort: Es gibt keinen. Keinen richtigen. Es gibt mindestens drei Werwolf-Spiele (Düsterwald-Erweiterung, Luno Llena und Werwolves oder so ähnlich in Halle 5), aber ein Trend ist das nicht. Wenn es einen Trend gibt, dann ist er: Mehr Spiele. Überwältigend mehr Spiele. Schon letztes Jahr war das Angebot kaum zu überschauen, dieses Jahr ist es schlicht unmöglich. Ich schätze selbst wenn man sich alle 4 Tage in der Presseschau einschließt und ohne Pause spielt, bekommt man nicht alles Interessante mit. Und wenn man -wie ich – nur von Mittwoch bis Freitag da ist und zahlreiche Termine hat (also Autor -siehe Überschrift – und als Pressefritze) ist man von Glück und seiner Vorbereitung abhängig – was aber auch bedeutet, dass Spiele, über die ich vorher nichts wusste, jetzt besonders kleine Chancen auf Wahrnehmung haben.

Einen Trend gibt es aber doch: War früher die Fairplay-Scout-Aktion das Fieberthermometer der Messe, konnte dieses Jahr bereits an drei Orten abgestimmt werden: Neben der Fairplay am Hall-Stand (den gabs in der Vergangenheit bereits) und bei Boardgamegeek. Nun haben die wenigsten wohl die Zeit dreimal abzustimmen, und so verteilen sich die Noten noch weiter und die Aussagekraft der einzelnen Liste nimmt ab. Es dürfte eine Frage der Zeit sein, wann die erste Webseite einen Gesamtwert aus allen Abstimmungen ins Internet stellt. Aber auch so deckt sich das Bild mit meinen Eindrücken: Einen klaren Favoriten gibt es nicht. Viele gute Spiele und sicherlich auch die „üblichen Verdächtigen“ (Alea, Vor den Toren von Loang, Opera, Eggertspiele, Peloppones...)  in den Listen, aber kein einheitliches Bild. Meine Wertung des Spieles war übrigens Platz 10 für das Umspannwerk in der Geek-Liste am Freitag morgen (Das Umspannwerk ist eine einzelne Karte!).

Was es diesmal (im Gegensatz zum letzten Jahr) kaum gab waren Verschiebungen. Fast alles kam pünktlich zur Messe, vereinzeltes erst am Freitag oder Samstag. Und ausverkauft war zumindest am Freitag abend auch nichts – sieht man von den obskuren japanischen Spielen beim Stand von Mondanai ab, die bereits am Mittwoch (!) weg waren, den Winsome-Games (wie jedes Jahr) und vermutlich die zehn 1870-Spiele von Lookout, die man aber nach der Messe bequem ordern können dürfte.

Ich selbst kam wenig zum Spielen – Gerade mal 6 Eindrücke kann ich bieten: Mein Favorit ist ganz klar Square on Sale von Japon Brand. Ein absolutes abstrakes Versteigerungsspiel mit spartanischem Material, das aber höchst originelle Mechaniken zu bieten hat. Tolle Ideen und spannend bis zum Schluß, ein absolutes Highlight! Last Train to Wensleydale hat mir ebenfalls gefallen. Ein typischer Wallace: Sehr viel Spielspaß, sehr interessante, vielschichtige Mechanismen. Nicht ganz so eingängig wie Steel Driver, aber eine einfachere Abrechnung. Es ist aber etwas fummelig und der Aufbau dauert doch recht lange. Tammany Hall macht ebenfalls eigentlich einen guten Eindruck, aber an zentraler Stelle gibt es ein ausgeprägtes „Blind Bidding“-Element und weder ich noch meine Spielrunde ist davon allzu angetan, also habe ich mich schweren Herzens gegen einen Kauf entschieden. Am Freitag tauchte überraschend Acqua Dolce auf Platz 2 (!) der Boardgamegeekliste auf . Hierbei handelt es sich um ein nettes Familien-Kartenspiel bei dem man seine Handkarten loswerden muss. Dazu muss man Fische in ein Aquarium setzen und zwar so, dass die auch glücklich sind und genug zu fressen haben. Wie gesagt: nett, ich habs mir mitgenommen, aber der hohe Platz dürfte wohl eher das Resultat einer begeisterten Sechser-Spielrunde gewesen sein als ein Messetrend… Enttäuscht war ich von MegaCorps von Greg Costikyan (ein bekannter Autor aus den 80er Jahren). Das Spiel ist ein Wirtschaftsspiel mit vielen Ärgermöglichkeiten und zugegeben kamen viele Aspekte in unseren Spiel zu dritt nicht richtig zu tragen, aber auch wenn ich das berücksichtige bleibt allenfalls ein durchschnittliches Spiel, das keiner braucht. Und warum Age of Steam eine Neuauflage benötigte werde ich auch nicht verstehen. Sicher, ich kann nachvollziehen, dass einige das Geschehen reizvoll finden könnten (mir ist es zu langsam), aber dieses Plättchen-Legen-und-Zug-fahr-Spiel bietet rein gar nichts, was es nicht schon hundertmal besser gegeben hätte.

Für die nächsten Wochen habe ich nicht nur aureichend Spiele zum testen angesammelt, sondern auch viele potentielle Kontakte für die Interview-sektion gesammelt. Da kommt jetzt bald was. Außerdem freue ich mich nach langer Zeit wieder meine „So spielt die Welt“-Reihe fortzusetzen: Auf der Spiel habe ich Interviews mit Taiwanesen, Chinesen und Koreanern geführt, deren Resultate ich in bälde präsentieren kann. Und Anfang Dezember kommt natürlich die Vergabe des Quizspielpreises. Denn Quizspiele gab es auch ein paar neue auf der Messe …

Abschließend bleibt mir noch zu sagen, dass ich mit dem Erfolg meines Filipino Fruit Market soweit zufrieden bin. Es gab viel positives Feedback, wenn auch nur wenig Bewertungen auf den Scoutseiten. Immerhin gibt es schon einen (positiven) Ersteindruck online

Oh, und wenn jemand meinen Avatar (den Golem aus Dungeon Master) auf dem Boardgamegeekspiel findet, wäre ich für sachdienliche Hinweise sehr dankbar :-)

ciao

peer

Peer Sylvester
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