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Sommerabschluss

Als erstes möchte ich auf diesen hervorragenden Artikel zum Thema „Warum Spiele erfinden?“ von Lewis Pulsipher hinweisen. Witzig finde ich die Aussage, dass wenn man die Zeit, die man zur Spieleentwicklung benötigt, Flaschenpfand auf der Straße sammeln würde, vermutlich ähnlich viel verdienen würde, wie mit dem Spiel.

Dann habe ich zum Ferienende gleich drei Rezensionen fertig gestellt: In aufsteigender Reihenfolge meiner Wertung: Fondue (Adrenaline Brush), Durchblick! (Interlude) und Krakow 1325 AD (Geode Games).

Jetzt wo Essen ruft habe ich zudem endlich (zu dritt) zwei weitere Spiele gespielt, die ich mir letztes Jahr mitgebracht habe: Saigo No Kane und Steel Driver. Zu beiden gleich mehr. Damit habe ich nun fast alle Spiele aus dem letzten Jahr gespielt, es fehlen nur noch Elixir (Adrenaline Brush) und Impossum (Biwo Spiele). Und Third World debt, aber das zählt nicht, war ja letztes Jahr keine Neuheit mehr. Summit (Adrenaline Brush) habe ich gespielt, aber da gab es zahlreiche Regelunklarheiten, nachdem ich die geklärt habe, würde ich es ausprobieren, obs jetzt besser ist (ich bezweifle es aber). Da der Verlag etwas patzig auf meine Fondue-Rezi reagiert hat, habe ichs jetzt auch nicht wirklich eilig, über die Adrenaline-Brush-Spiele zu berichten… Sollen die doch sehen, wo sie Rezensenten herbekommen, die überschwenglich positiv über deren Spiele berichten. Oder überhaupt.
Jetzt aber zu meinen Ersteindrücken:

Saigo No Kane von Wolf-Fang hat mich thematisch nicht gerade angesprochen – was daran liegt, dass ich kein Manga-Fan bin. Es geht um die Wahl zum Schulsprecher in einer japanischen High School. Anders als die entsprechende Kartenspielreihe bei Japan Brand (Trouble School, Magical School, Highschool Election) ist Saigo No Kane anspruchsvolle Vielspielerkost, die auch für Nicht-Manga-Fans durchaus zu empfehlen ist (So zumindest mein Ersteindruck). Wie gesagt geht es darum, eine Wahl zu gewinnen und dazu sind Stimmen nötig. Um Stimmen zu gewinnen, muss man Aufträge erfüllen („Veranstaltungen“) und dazu sind wiederrum bestimmte Talente (Schauspielerei etc.) nötig. Diese kann man über Gegenstände oder über Schüler bekommen. Erstere kauft man mit Geld, letztere mit Popularität. Es gibt also zwei Währungen im Spiel. Die Gegenstände bringen ein regelmäßiges Talent-Einkommen, das größer ist, wenn bestimmte Schüler dabei sind. Die Schülerbringen per se mal eine Stimme, mal ein Geld- oder Popularitätseinkommen, aber vor allem können sie aktiviert werden und bringen dann einmalig viele Talente mit. Da diese nur begrenzt in die nächste Runde mitgenommen werden können und der Einsatz der Schüler begrenzt ist, ist Planung angesagt. Ich will jetzt nicht zu sehr ins Detail gehen, aber die Verflechtungen sind vielfältig und wenn es hier nicht um eine Highschool ginge, sondern um das römische Reich und nicht um Talente, sondern um Waren, so stände Saigo No Kane vermutlich bei weitaus mehr Vielspielern im Regal. Es ist mit Sicherheit das beste Wolf-Fang-Spiel und es ärgert mich ein wenig, dass ich es erst jetzt auf den Tisch gebracht habe. Das Material ist aber noch verbesserungswürdig: Die Standfüße passen nicht, einige Karten sind verdruckt und die deutsche Regel enthält zumindest einen dicken Fehler: Die Talente der Schüler gibt es nicht jede Runde, wie bei der Materialbeschreibung zu lesen, sondern nur bei Aktivierung (so zumindest meine Interpretation nach der Konsultation der englsichen Regel und des Beispieles für ein Schülereinkommen). Wer diese „Das hier kaufen, das hier nutzen, das hier erfüllen“-Spiele mag, dem sei Saigo No Kane zu empfehlen!

Steel Driver hat mir sogar noch ein klein bisschen besser gefallen, was daran liegt, dass ich Eisenbahnspiele mit Aktien einfach gerne mag. Steel Driver ist eigentlich ein recht einfaches Eisenbahnspiel: AGs werden versteigert, das Gebot kommt in den Pott der Gesellschaft, der Besitzer bekommt eine Aktie und darf das gebotene Geld nutzen um Strecken zu bauen und bekommt bei Zugende für jede angeschlossene Stadt Siegpunkte. Vom Spielablauf her recht intuitiv. Aber es gibt eine Abschlußwertung, die es in sich hat: Nach den 5 regulären 5 Runden gibt es eine Spezialrunde. Hier dürfen die Spieler mit den Aktienmehrheiten aus jeder angeschlossenen Stadt Waren entnehmen. Jede Stadt hat nur eine Ware und jede Ware bringt Siegpunkte. Dabei ist ein Warenmix aus geographisch auseinander liegenden Städten wertvoller als dieselbe Anzahl Waren aus einer Region. Also nehmen sich die AGs gegenseitig Waren weg und steigern so ihren Aktienwert. Dieser Wert wird dann an die Aktionäre weitergegeben. Aktien sind also besonders wertvoll, wenn die AGs ein weit verzweigtes Netz  mit möglichst vielen „exklusiven“ Städten hat. Das aber lässt sich bei der ersten Partie nicht überblicken. Unsere Partie war sicherlich etwas ungewöhnlich: Nur eine AG startete im Westen der USA, so dass diese viele Städte exklusiv hatte. Die anderen prügelten sich im Osten und nahmen sich gegenseitig Waren und Strecken weg. Resultat: Der Spieler, der zwei AGs exklusiv hatte, wurde letzter, weil ihm alle Waren weggenommen wurden. Der Spieler mit der Mehrheit in der Westlinie wurde erster – Das lag aber nicht nur an der Endwertung. Ich hatte mich in der letzten Runde verzockt, was zur Folge hatte, dass ich am Ende nur eine Mehrheit hatte – dennoch lag ich auf Rang zwei (allerdings recht knapp). Das besondere war, dass ich 3 Aktien weniger hatte, als jeder meine Mitstreiter. Ich hatte nämlich die einmalige Sonderwertung exklusiv abstauben können – noch so eine Sache, die einem wohl nur in der ersten Partie gelingt.

Unterm Strich gefielt mir Steel Driver wirklich gut. Es ist kein Spiel, dass man auf anhieb erfasst, aber es ist nicht so brutal wie Chicago Express, bei der man sich ja noch innerhalb der ersten drei Runden fast aus dem Spiel katapultieren kann. Zwar gefällt mir Chicago Express noch etwas besser, aber Steel Driver könnte eine echte Alternative werden! Wenn da nicht das neue Wallace-Spiel wäre, was zu Essen rauskommt…

ciao

peer

Peer Sylvester
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