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Fondue

Verlag: Adrenaline Brush
Autor: Nellie Maan
Spieleranzahl: 2-6
Alter: ab 8 Jahre
Spieldauer: 20-40 Minuten (in Vollbesetzung auch mal 60)

Spieleautoren und Kleinverlage, die nicht aus der „Szene“ kommen, werden von dieser in der Regel kritisch beäugt. Das kommt nicht von ungefähr – ich lese immer wieder gerne über die „neuen Spiele“ auf Purple Pawn, bei denen es sich im besten Fall um Monopoly-Klone und im Normalfall um simple „Würfel und setze vorwärts“-Spiele handelt. Aber nicht selten kommt ein Spiel heraus, das einzigartig ist, gerade weil der Autor nicht aus der Szene kommt.

Fondue fällt in keine dieser Kategorien. Um es vorwegzunehmen: Es wäre 1985 ein tolles Familienspiel gewesen. Es ist immer noch ein gutes Familienspiel. Vorausgesetzt, die Familie hat nichts von der Spieleentwicklung der letzten 25 Jahre im Allgemeinen und dem Spiel „Das verrückte Labyrinth“ im Besonderen mitbekommen.

Bei Fondue geht es darum, vier verschiedene Käsesorten einzusammeln und in seinen Fonduetopf zu werfen. Keine Ahnung, wie man auf so ein Thema kommt, aber originell ist es. Der Käse liegt in einem Labyrinth versteckt – wo auch sonst – und wird zudem von mehreren Käsedieben bewacht. Das Labyrinth besteht aus Plättchen, die anfangs verdeckt sind. Entsprechend werden in den ersten Runden nur Plättchen aufgedeckt und Figuren sowie Käsediebe platziert. Ist das geschehen dürfen die Spieler in ihrem Zug zwei Plättchen manipulieren (auf- oder zudecken oder drehen) und – wie beim verrückten Labyrinth – soweit setzen, wie sie kommen. Käsediebe sind dabei bewegliche Hindernisse, werden aber bei Zugende bewegt. Ziel ist es wie gesagt, die Käseplättchen zu finden, dort Käse abzuholen und in den eigenen Fonduetopf (der auch erst gefunden werden muss) zu werfen. Käsediebe können dabei, wer hätte es gedacht, den Käse klauen. Und da sie von den Gegenspielern bewegt werden, sind sie auch gefährlicher, wenn mehrere Mitspieler mitspielen. Hinzu kommen noch Aktionskarten, die für positive wie negative Überraschungen sorgen, in erster Linie aber das Labyrinth umbauen.

Wie ist es nun mit der Nähe zum verrückten Labyrinth? Dieser Vergleich drängt sich auf, denn beides sind lockere Familien-Spiele, bei beiden entsteht ein Labyrinth und beide verwenden denselben Zugmechanismus und bei beiden gewinnt, wenn jemand genug eingesammelt hat. Nun, da eben nichts verschoben wird und da mit den Käsedieben neutrale Figuren ihr Unwesen treiben, spielen sich die beiden Spiele doch schon unterschiedlich. Das Spielgefühl ist aber tatsächlich recht ähnlich, wobei das verrückte Labyrinth dann doch insgesamt etwas besser ist: Zwar ist die Erkundungsphase bei Fondue recht spannend, doch ist das entstehende Gangsystem sehr viel statischer und wenn die Gänge erst einmal stehen, dann stehen sie doch ziemlich sicher und werden von allen Spielern genutzt. Die Käsediebe sind so ein zweischneidiges Schwert: Am unteren Ende der Spielerzahl sind sie ziemlich zahnlos, da sie sich nur 1 Feld pro Zug bewegen. Bei vielen Spielern können die Spieler zusammenarbeiten und dann wird’s sehr schwierig für einen Führenden dauerhaft zu fliehen. Dadurch wird das Spiel künstlich in die Länge gezogen und es entsteht zudem ein leichtes Königsmacher-Problem. Ich denke das eine mittlere Spieleranzahl hier den besten Ausgleich bietet. Unterm Strich weiß ich nicht, was ich von den Käsedieben halten soll – sie sind einerseits ein originelles und z.T. spannendes Element, um den Führenden etwas abzubremsen (etwas, was beim verrückten Labyrinth durch das blockieren des Gangsystems läuft), andererseits schwanken sie nicht selten zwischen „Stumpfsinnig und keine Gefahr“ und „absolutes Ärgernis“, ohne jedoch dazwischen ein sinnvolles Mittelmaß einzunehmen.

All das bedeutet nicht, dass Fondue ein schlechtes Spiel wäre – Im Gegenteil! Es ist ein solides Familienspiel, das nur das Pech hat, das es ein recht ähnliches Spiel, deutlich besser ist.

Peer Sylvester
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