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Playte 2025: Zombie Dot! Meow 10, Digit Code, Orapa Space, Dance of Ibexes

Die Spiele des Koreanischen Verlages Playte habe ich schon häufiger besprochen (hier, hier und hier). Auch dieses Jahr habe ich einen kleinen Teil des Verlagsprogrammes ausprobieren dürfen und gebe die Eindrücke hier gerne weiter!

Zombie Dot!

Autor: Tetsuya Nishimura

Für 2-4 Personen (eigentlich 2 oder 4) ab 6 Jahren

Spieldauer: 15 Minuten

Die einfachste Beschreibung ist: Zombie Dot ist so quasi kompetitives Bandito: Drei Personen versuchen ihre Wegekarten regelgerecht einzubauen, die vierte Person (Zombie) versucht das zu verhindern. Die Waffe des Zombies ist dabei, dass er Karten, an die er anlegt, auf die Zombieseite dreht, wo die anderen dann nicht mehr anlegen dürfen. Die anderen können sich mit Sonderkarten wehren, die Zombiekarten entfernen oder wieder zurückdrehen.

Im nachhinein keine gute Idee mit einer Sackgasse zu beginnen

Aus Zombie-Sicht ist das Spiel wie der Kampf gegen eine Hydra: Kaum hat man einen Weg geschlossen, öffnen die anderen zwei neue. Wie soll man das je schaffen? Doch bald stellt man auch fest: Der größte Feind der anderen ist nicht der Zombievirus, sondern die geringer werdende Kartenhand und das Füllen der Auslage. Wie bei Bandido wird es bisweilen schwierig überhaupt noch einen Platz für eine Karte zu finden;  Zombies hin oder her – da Wege nicht einfach abgeschnitten werden können und zudem die Ausdehnungen der Gesamtauslage begrenzt sind, braucht das Bauen der Auslage eine gewisse Planung, die man bei der ersten (zum Glück kurzen) Partie nicht haben kann. Das Spielen der Karten wird somit gegen Ende immer kniffliger.

Thematisch ist es schon etwas seltsam, dass der Zombie gar nicht unbedingt versucht, möglichst viele Menschen zu zombifizieren, sondern es eher darauf ansetzt möglichst schwierige Wegekonstellationen zu bauen. Und es ist allemal besser eine Kreuzung umzudrehen als zwei einzelne Gänge, die nach ihrer Verbindung eh verschlossen sind (alle Wege mögen verbunden bleiben. Überhaupt erwartet man ein sehr viel konfrontativeres Spiel, als Zombie Dot tatsächlich ist. Das ist kein Nachteil; Bandido, aber konfrontativ bedeutet hier, dass beide Seiten Wege bauen dürfen. Ob man die Wege dabei offen oder geschlossen gestaltet macht vom Spielgefühl kaum einen Unterschied. Daher steht das konfrontative weniger im Vordergrund und man kann sich auf das kleine, klare Wegepuzzle konzentrieren.

 

Meow 10

Autor: David Pyo

Für 2-5 Personen (eigentlich ab 3) ab 8 Jahren

Spieldauer: 15 Minuten

 

Süße Katzen – Schöne Karten! Das Spiel dazu liegt voll im Trend: Karten loswerden im Mau-Mau-Stil, aber ohne Sonderkarten, sondern mit speziellem Kniff. Passt Nicht war letztes Jahr die prominenteste Vorhut, jetzt etabliert sich dieses Genre neben den Stichspielen und den aus Big-Two– abgeleiteten Ladder/Climbing – Kartenloswerden-Spiele (á la Odin).

10 Katzen für ein Hallelujah

Meow 10 hat zwei Kniffe: Zum einen gibt die oberste Karte des Stapels vor, wie viele Karten man in seinem Zug maximal spielen kann (1-4) und zum anderen wie viele Karten man aufnehmen muss, wenn man nicht kann. Oder man aufnehmen darf, obwohl man könnte, denn der zweite Kniff ist tatsächlich eine zweite (Runden-)Siegbedingung: Wer zehn verschiedene Katzensorten auf der Hand hat, beendet die Runde ebenfalls und schenkt den anderen auch noch besonders viele Minuspunkte ein.

Theoretisch ist das Dilemma also: Spiele ich auf viele Karten, dann bekomme ich viele Minuspunkte, wenn jemand anderes beendet. Spiele ich auf das Loswerden von Karten, wird die Runde vermutlich nicht viele Punkte zählen, aber ich riskiere nicht, viele Minuspunkte zu bekommen.

Manchmal kommt es auch tatsächlich so. Leider bei weitem nicht immer: Gerade mit wenig Personen (die dafür mit mehr Karten anfangen) können die zehn Katzen mitunter schnell eingefangen werden – wir hatten schon eine Runde, die nach einem einzelnen Zug einer Mitspielerin zu Ende war, bevor jemand anderes an der Reihe war! Aber auch von diesem Extremfall ab, ist es schlicht zu einfach zehn Katzen zusammen zu bekommen – zu dritt war das bei fast zwei Dritteln der Partien der Fall. Nur wenn am Anfang der Partie überwiegend Einsen gespielt werden, also niemand mehr als eine Karte ziehen kann, endet das Spiel auch mal durch das Leerspielen einer Hand. Das lässt sich aber nur begrenzt steuern (bzw. haben Katzensammler kein Interesse daran, dass so zu steuern).

Mit mehr Personen beginnt man mit weniger Karten, so dass das Problem weniger stark auftritt, doch „weniger stark“ heißt nicht nicht; Die Anzahl der Minuspunkte die man durch zehn Katzen verteilt sind in der Regel so viel höher, als die Minuspunkte durch das Leerspielen der Hand, dass es sich in den meisten Fällen mehr lohnt, auf ersteres zu spielen – zumal die eigenen Handkarten keine Bedeutung haben, wenn jemand anderes die zehn Katzen erreicht. Am Ende des Tages spielt man daher entweder immer, wenn es irgend geht, auf zehn Katzen oder versucht aus Prinzip und Sturköpfigkeit zu beweisen, dass man auch durchs Leerspielen gewinnen kann. Die alternativen Möglichkeiten sind daher kaum vorhanden. Zu groß die Unwucht, um auf Dauer irgendetwas anderes zu erreichen als Frust. Schade um die schönen Karten.

 

Digit Code

Autor: Shotu Hasulke

Für 2 (oder auch mehr, aber eher theoretisch) Personen ab 8 Jahren

Spieldauer: 20-25 Minuten

 

Digit Code ist ein neues Spiel, dass sich anfühlt, wie ein altes; Es ist ein sehr klassisches Deduktionsspiel, bei dem die Spielenden mit ihren Block gegenübersitzen und denken. Ein Hauch von Schiffe Versenken wabert bei dem Frage-Antwort-Spielchen durch den Raum: Der Code besteht aus digitalen Ziffern, die wie beim 80er- Jahre-Wecker aus geraden Linien bestehen. Die Fragen beziehen sich auf eben diese Linien: Wie viele gerade Linien in der obersten Reihe? Wie viele in der dritten Spalte von rechts? Gelegentlich darf man auch grob Informationen über die Ziffern einholen: Ist die erste Ziffer größer als die zweite? Ist sie ungerade?

„Spielerisch“ ist nicht die Bezeichnung, mit der ich Digit Code bezeichnen würde. Vielmehr ist es ein sehr klar ausgestaltetes Logikrätsel. Optisches wie spielerisches Design ist kompromisslos: Das hier ist eine knackiges Deduktionsaufgabe. Man spielt nur in dem Sinne, als dass man sich gegenseitig die Aufgabe stellt und die Fragen beantwortet. Dabei ist die Aufgabe durchaus interessant: Sie ist klar in der Aufgabenstellung und die Anzahl der verfügbaren Informationen ist weder zu viel noch zu wenig. Zum Lösen muss eine Menge Hirnschmalz verwendet werden, zumindest wenn man den Ehrgeiz entwickeln möchte, einigermaßen effizient zu spielen. Es gibt hier halt keine Zufallsfaktoren oder ähnliches, die einen retten, wenn man nicht weiter weiß (oder einen Fehler beim Aufschreiben gemacht hat, was leider wegen des kleinen Blocks leicht passiert). Der Bogen einer Partie ist dabei interessant: Zu Beginn helfen die Fragen kaum weiter, die Fortschritte sind sehr vage. Das erinnert an den Sackson-Klassiker Sleuth (auch Diamentenjagd), wo die Fragen ebenfalls erst im Zusammenspiel brauchbare Hinweise lieferten. Doch ab einen bestimmten Punkt verengen sich die Möglichkeiten plötzlich geradezu exponentiell und die Lösung ist (hoffentlich) klar. Dieser Punkt kommt zumindest bei in etwa gleichstarken Personen recht zeitgleich, was den Charakter als Aufgabe, die man sich gegenseitig stellt, noch verstärkt.

 

Orapa Space

Autoren: Junghee Choi, Wanjin Gill

Für 2 (oder auch mehr, aber eher theoretisch) Personen ab 8 Jahren

Spieldauer: 20-25 Minuten

 

Das meiste eben gesagt könnte auch über Orapa Space gesagt werden, außer dass die Aufgabe hier etwas spielerischer wirkt: Man sendet quasi einen Laserstrahl in das gegnerische Spielfeld, wo dieser von den Planeten reflektiert wird und je nach Farbe des Planeten seine Farbe wechselt. Wie und wo der Laser wieder auftaucht ist die Information, mit der man versucht, die Lage der Planeten herauszufinden.

Wem das Prinzip des Laser vage bekannt vorkommt: Orapa Space ist klar von Eric Solomons Black Box inspiriert, wo mit einem ähnlichen System versucht wurde die Lage mehrerer (gleichartiger) Atomkerne zu identifizieren. Orapa Space bietet den zusätzlichen Farbkniff und die Reflecktionsregeln sind intuitiver als bei Black Box. Und man spielt halt gleichzeitig beide Rollen, wo man bei Black Box nach einer Partie tauschte.

Wem das Prinzip des Lasers dagegen sehr bekannt vorkommt, denkt vermutlich an Orapa Mine, dem Vorgänger, der sich vor allem dadurch von dieser Version unterscheidet, dass die Mine abstrakter daherkam aber leichter handzuhaben war (die Rundungen der Planeten müssen als glatte Flächen betrachtet werden, was im Handling frickeliger ist, als es klingt). Der Weltraum ist quasi die Orapa-Luxusaufgabe. Schick,

Der Weltraum: Rechteckige Weiten

aber unpraktisch.

Wie dem auch sei: Das Ping-Pong des Laserstrahls abzuschätzen ist etwas anspruchsvoller im Handling, aber auch spielerischer als das Zählen von Linien  bei Digit Code. Es wirkt daher im  Vergleich mehr wie ein Spiel, auch wenn man sich natürlich hier genauso schlicht eine Aufgabe stellt und diese dann parallel löst. Auch wenn ich die Aufgabe bei Digit Code in ihrer Intuitivität durchaus zu schätzen weiß, gefällt mir das Orapa-Prinzip mehr, gerade weil es origineller ist und sich zudem so anfühlt, als würde man Wissenschaft betreiben. Es ist potentiell tatsächlich interessanter zu erfahren, wo die andere Person ihre Laserstrahlen reinschießt, als die Fragen nach Reihe x oder Spalte y- man hat hier selbst in der passiven Rolle interessanteres zu tun, als nur Linien zu zählen. Es ist eben schlicht spannend zu sehen, wie der Laserstrahl hin- und her-reflektiert wird. Der Denkprozess ist zudem etwas transparenter und so nimmt man auch vom Beantworten der Fragen etwas mit und nicht nur beim eigeneständigen Lösen.

 

Dance of Ibexes

Autor: Wolfgang Kramer

Für 2-8 Personen (eher 4-8) Personen ab 8 Jahren

Spieldauer: ca 30 Minuten

 

„Hornochsen“ gibt es nicht. Zumindest nicht als Wort im Englischen. Daher musste sie bei dieser neuen Ausgabe von „Tanz der Hornochsen“ zu Steinböcken mutieren.

Ich bin ja ein großer Fan von 6 Nimmt! Insbesondere mag ich die Variante, bei der die Karten im Deck an die Anzahl der Personen angepasst wurden. Es ist ein recht einmaliges Gefühl, wenn man das Gefühl hat, man müsste eigentlich ganz gezielt spielen können, aber dies in der Praxis irgendwie immer gaaaanz knapp nicht gelingt. Ich habe auch den Nachfolger Hornochsen durchaus zu schätzen gelernt, wenn ich es auch schon seit Jahren nicht mehr gespielt habe – es ist in Struktur und Wirkung bei aller Qualität doch um einiges gewöhnlicher als 6 Nimmt. Mit den recht zahlreichen anderen Spinoffs und Nachfolgern habe ich mich nie befasst, auch nicht mit dem Brettspiel Tanz der Hornochsen – schon alleine weil es ein großes Brettspiel war, statt einem kleinen Kartendeck. Die hier besprochene Playte-Version ist aber Playte-typisch schön kompakt (wenn auch immer noch größer als meine 6-Nimmt-Metalldose.

(Nebenbei: Ich finde es großartig, dass Playte so viele alte Klassiker in schrankfreundlichen Versionen herausbringt, auch wenn ich die nicht alle mag. So ein nice-to-have wie Tonga Bonga würde ich mir sonst nicht zulegen, stelle ich mir aber in der Kompaktfassung gerne ins Regal. Ich liege da quasi am anderen Ende der Deluxe-Ausgabe/Big-Box-Skala)

Dance of Ibexes ist schon sehr dicht an der Kartenspielvorlage dran. So dicht, dass man aufpassen muss, die einzige wirkliche Regeländerung nicht zu übersehen: Zahlen die niedriger sind, als alle Zahlen, ersetzen Reihen nicht, sondern man bekommt eine Strafe und legt die niedrige Zahl dann neben die höchste ausliegende Zahl. Mit deren Wegfall wird noch einmal mehr Chaos erzeugt als mit der Originalregel. Das war für mich erst einmal überraschend, denn in meiner Erinnerung hieß es, dass das Brettspiel taktischer sein sollte als das Kartenspiel. War das so? Denn wenn, könnte ich das so nicht bestätigen, das Spielgefühl unterscheidet sich doch eher in Nuancen- zumindest bei größeren Spielerzahlen.

So sind die Negativpunkte, die man für das Abräumen erhält, nicht von den Karten abhängig, sondern werden durch das Spielbrett gesteuert, wodurch es automatisch eine gewisse Eskalation gibt. Zudem brechen einige Sonderfelder den Spielablauf etwas auf. Das ist auch deswegen nötig, weil es anders als im Kartenspiel keine einzelnen Runden gibt, nach denen man abrechnet und mit neuen Karten von vorne beginnt, sondern vielmehr alle Wertungsrunden am Stück spielt. Neue „Karten“ gibt es in Wellen in den Rest integriert und so spielt man ständig neue Zahlen, wertet und spielt Zahlen etc. ohne klare Brüche zwischendurch. Die Sonderfeder verhindern so, dass der Tanz repetitiv wirkt. Es sind aber auch keine Effekte, die ich im Kartenspiel vermissen würde – jenes schafft die benötigte Eskalation und Abwechslung einfach durch die sich immer verengenden Kartenhände und die Reihen, die immer viel zu voll zu sein scheinen.

Insbesondere mit weniger Personen halte ich das Brettspiel daher dem Kartenspiel insgesamt für unterlegen – zu lange dauert hier die Progression im Spannungsbogen.

Ironischerweise geht das Spiel mit vielen Leuten schneller, weil eher mal jemand die (negative) Ziel-Punktzahl erreicht, es ist auch dynamischer. weil Reihen schneller abgeschlossen werden und so schneller die unterschiedlichen Sonderfelder freigeschaltet werden. Hier bedient das Brettspiel bei etwas gleicher Qualität eine leicht andere Geschmacksrichtung, vielleicht vergleichbar mit den Unterschieden zwischen dem grünen und dem blauen Carcassonne oder dem Unterschied zwischen Zitronen- bzw. Limettensorbet.

 

 

#Essen2025

Peer Sylvester