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Playte-Verlagsübersicht mit Mahé, Tonga Bonga und Express Cross

Playte ist ein Koreanischer Verlag, der vor allem ältere Spiele in coolen, kleinen Verpackungen wieder aufleben lässt. 2022 hatte ich bereits eine Übersicht über das Verlagsprogramm geschrieben, 2023 kam noch Barrel Dice hinzu. Über die Neuauflage von Can´t Stop – erstmals in einer Version, die dem Spiel gerecht wird – hatte ich hier gesprochen. In der Zwischenzeit sind zahlreiche weitere Titel erschienen, einige werde ich hier vorstellen.

Tonga Bonga

Autor: Stefan Dorra

Für 3-4 Spielende ab 10 Jahren

Spieldauer: 45 Minuten (eher 30-45 Minuten)

Piraten gehen ja immer – wobei wir in diesem Fall, glaube ich, einfach nur so in der Südsee herumkurven und niemanden überfallen. Damit wären wir nur Segler. Oder Piraten im Dienste von Monkey D- Luffy oder Stede Bonnet. Egal. Jedenfalls ist Tonga Bonga eigentlich ein Wettrennen, denn wer als erster auf einer der Inseln anlandet, bekommt mehr Geld als etwaige Nachzügler und allein ums Geld geht es hier. Das lustige ist, dass man erst einmal versucht, hohe Würfel quasi „anzulocken“, denn niemand darf selbst gewürfeltes für sein eigenes Boot nutzen, sondern muss die eigenen Würfel auf die fremden Boote verteilen. Für die höchsten Würfel auf jedem Boot hat dessen Besitzer:in Geld in Aussicht gestellt; eine Partei bekommt Geld, die andere hohe Augenzahlen -Win-Win!

Nur: Was ist, wenn die anderen gar nicht so hoch würfeln? Gelegentlich fallen sogar einzelne Würfel krankheitsbedingt aus und dann werden Augenzahlen knapp – Lamdesweite Würfelzahlarmut!. Oder es würfeln alle plötzlich hoch und wissen gar nicht wohin mit den tollen Zahlen.

Theoretisch ist Tonga Bonga schön ausgeglichen: Entweder man bekommt viel Geld über Würfel oder hohe Augenzahlen. Praktisch ist es ein Würfelspiel. Und als solches hat es viel Spielraum zum ärgern! Da blockiert jemand mit deiner 2 einen Würfelplatz, jemand anderes hat nichts angeboten, bekommt aber dennoch eine fette Fünf, weil dieser Würfelplatz als letzter übrig bliebt – Das Leben ist ungerecht! Und Tonga Bonga sowieso. Ich hatte das vor 30 Jahren gespielt und gar nicht mehr so emotional in Erinnerung. Vielleicht mochte ich damals nur keine Würfelspiele – heute ist es eine ideale Ergänzung des Verlagsprogrammes von Playte: Ein kleines Spiel, eine kleine Box, ein schöner Zock zwischendurch. Da stört es auch nicht, dass eigentlich in jeder Partie eine Person weit von den anderen entfernt ist (ob weit vorne oder weit hinten ist jeweils unterschiedlich). Der Würfelmechanismus ist auch nach 30 Jahren noch cool, das Spiel war viel zu lange nicht mehr auf dem Markt. Und hat jetzt die ideale Ausgabe bekommen.

Ene Seefahrt, die ist lustig, vor allem wenn es ungefähr ausgeglichen zugegeht.

 

 

Mahé

Autor: Alex Randolph

Für 2-7 Spielende ab 6 Jahren (eigentlich erst so ab 4 Personen)

Spieldauer: 20 Minuten

Einer der ganz großen Klassiker ist Alex Randolphs Mahé, dass bereits 1974 als Känguruh (damals noch mit h – schreiben die Neue-Rechtschreibungs-Verweigerer wie der Spiegel eigentlich noch immer so archaisch?) erschien. Besprochen wurde es bei Die Zwei als „Die heiße Schlacht vom kalten Buffet“ hier.  Wie zeitlos das Design ist, erkennt man daran, dass sich regeltechnisch seit damals so gar nichts geändert hat – nur die Spieleranzahl hat sich ein bisschen nach unten (auch 2) und nach oben (auf 7) ergänzt. Was sich im Laufe der Zeit geändert hat, sind die Themen: Neben Kängurus und Schildkröten (Mahé) kämpft man mal ums Buffet,  reitet mit Kosaken nach Moskau (!) oder flieht vor einem T-Rex. Nicht alle diese Themen passen tonal zum Spielverlauf.

Prinzipiell würfelt man auf einem Rundkurs vorwärts, wobei Motor ein Zock-Mechanismus ist: Ist die gewürfelte Summe aus bis zu drei Würfeln nicht größer als sieben kommt man für jeden Würfel die Summe vor – eine 6 mit einem Würfel  also 6 Felder, mit zwei Würfeln aber bereits 12. Wer über sieben würfelt muss zurück zum Start – Maximum sind also 21 Felder (3 mal 7) möglich- eine Umrundung. Das alleine ist aber nicht ausreichend: Wer auf jemanden landet, wird von diesem mitgenommen – und kann sogar entscheiden, wie gewürfelt werden soll. Bei jeder Umrundung bekommt man etwas, im Zweifel aber immer nur der oberste im Stapel. Wie witzig das ist, merkt man erst im Laufe des Spieles. Ich habe das Spiel immer mal wieder mit großen Abständen gespielt und nach regelmäßig langsamen Starts eskaliert die Situation schnell: Wenn die ersten Personen oben – oder unten – landen ist das Hallo schnell groß. Wie gesagt: Es gibt einen Grund, warum das Spiel so lange unverändert im Handel ist.

Aber das aktuelle Thema ist so ein bisschen Banane. Ist die Schlacht ums Buffet thematisch originell wie passend, bieten die Schildkröten nichts, außer schicker Graphik. Schicke Tiere, gibt es im Spielebereich viele. Thematisch sticht Mahé leider in keinster Weise heraus.

 

Express Cross

Autor: Yoshihisa Itsubaki

Für 2-99 Spielende ab 8 Jahren

Spieldauer: 15-20 Minuten (eher noch ein paar Minuten kürzer)

 

Express Cross ist das einzige neue Spiel auf dieser Liste (Mit der anderen Neuheit, Orapa Mine, wird sich Georgios gesondert befassen). Obwohl hier kein Spiel aus den neunziger Jahren re-iteriert wird, passt es ins Verlagsprogramm, weil es ein glückslastiges Würfelspiel ist – allerdings ein Roll and Write. Und innerhalb dieser Kategorie ein besonders einfaches. So einfach, dass man genau genommen nicht einmal den Block benötigt, der lediglich 20 Kästchen zeigt, die in einem Kreuz angeordnet sind. Ganz klassisch werden dort gewürfelte Zahlen eingetragen und zwar möglichst in aufsteigender Reihenfolge. Das kennt man aus Qwix &Co. Der Kniff ist hier, dass die Anzahl der gewürfelten Würfel sich in jeder Runde ändert.

Roll and Writes fallen nie durch besondere Tiefe auf. Das ist nicht ihre Aufgabe. Sie leben vor allem durch das Hoffen & Bangen, das durch das Würfeln entsteht – Mal verliert man, mal gewinnen die anderen. Hier wird die Achterbahnfahrt durch die unterschiedliche Würfelanzahl verstärkt: Eigentlich sollten die Würfelergebnisse mit jedem Wurf größer werden. Eigentlich. Die Realität hat anderes mit uns vor – Bei der einen Partie steigt die Augensumme trotz fünf Würfel nie über 18. Bei der nächsten Partie, findet sich partout kein Ergebnis unter 6 – auch nicht mit nur einem Würfel. Das man optional einen Spezialwürfel mitwürfeln kann, der besonders hohe, aber auch negative Zahlen zeigt, verstärkt die emotionale Achterbahnfahrt noch. Gute zehn Minuten ist Express Cross für einen kleinen Kick gut. Aber natürlich trägt man nur ein paar Zahlen ein und versucht das unvorhersehbare vorherzusehen. Sein Leben wird man nach einer Partie Express Cross nicht hinterfragen. Tatsächlich ist Express Cross von den drei hier vorgestellten Spielen vielleicht sogar noch das emotionsärmste. Aber das ist bei der Konkurrenz auch nicht unbedingt ein Makel.

Der Block ist so übersichtlich, dass sogar eine Lücke für die Würfel gelassen werden konnte

 

 

Peer Sylvester
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