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Verlagsvorstellung Devious Weasel Games

Originelle Spiele sprechen mich immer gleich an. Natürlich finde ich nicht alle originellen Spiele auch gleich toll, aber zumindest mein Interesse ist geweckt. Als ich über ein angekündigtes Spiel las, bei dem kosmische Frösche Länder verschlucken, um sie woanders wieder hochzuwürgen, musste ich folgerichtig sofort den Verlag kontaktieren… Das Resultat lest ihr unten. Und weil Cosmic Frog noch nicht erschienen ist, Devious Weasel Games aber freundlich genug war, mir ein Rezensionsexemplar von Dȗhr zur Verfügung zu stellen, lest ihr unten auch ein paar Eindrücke.
Bitte stelle Dich und Deinen Verlag kurz vor
Ich heiße Jim Felli, ich lebe in Indianapolis, Indiana in den U.S.A., wo ich beruflich als Wissenschaftler arbeite und als Hobby Spiele erfinde. Ich finanziere alle meine Projekte selbst und verkaufe sie über meinen Verlag  Devious Weasel Games.
Was können wir von einem Spiel aus Deinem Verlag erwarten?
Das ist eine gute Frage! Ich mache überhaupt keine Werbung oder Marktforschung, weil mich der Spielemarkt ehrlich gesagt überhaupt nicht interessiert. Ich mache Spiele, die ich gerne spielen würde. Wenn mich ein Prototyp wirklich anmacht, dann bringe ich ihn zu meiner Spielegruppe und entscheide dann, ob ich ihn weiterentwickeln möchte. Meine Design-Philosophie ist, dass ich Spiele entwickele, die mir Freude bereiten und die ich interessant finde und dann andere einlade daran teilzuhaben.
Generell kann man von einem Devious Weasel Spiel erwarten dass es seltsam, ungewöhnlich, sehr interaktiv ist, mit hohem Wiederspielreiz und sehr subtil ist. Soziale Interaktionen und das Erzählen einer Geschichte sind kritische Aspekte eines Devious Weasel Spieles. Jemand, der Siegpunkte optimieren will, strikt in Mechanismen denkt oder Regeln als Funktion mit fest definiertem Ausgang begreift, wird meine Spiele nicht mögen. Ich lege sehr viel wert auf Zufall und das Unvorhersehbare, das menschliche Element und die menschlichen Interaktionen am Tisch, sowie das gemeinsame Erleben einer Spielegeschichte. Bei Devious Weasel Spielen geht es um die Geschichten, die man sich noch erzählt, wenn das Spiel bereits ausgespielt ist.
Ergänzen muss ich noch: Wenn Du ein Devious Weasel – Spiel mit der Erwartung auf den Tisch bringst „Das spielst sich bestimmt wie dieses oder jenes Spiel“ und entsprechend agierst, wirst Du sicherlich enttäuscht. Wenn Du dagegen denkst „OK, ich probiere das einfach mal aus und werde ja feststellen, wohin es mich führt“, dann wirst Du sicherlich geafllen an dem Spiel finden!
Was hast Du für die Zukunft geplant?
Kurzfristig wird mein nächstes Spiel Cosmic Frog sein, ein Spiel wo die unverletzbaren, unsterblichen , namensgebenden Frösche, die zwei Meilen groß sind, wertvolle Ländereien einer zerstörten Welt sammeln. Das erscheint im Sommer. Wer mein erstes Spiel Shadows of Malice wird desen Spielwelt Aethos wiedererkennen, denn sie ist eine der großen Fragmente von Aeth, dem Schauplatz von Cosmic Frog.
Langfristig gesehen arbeite ich an einem Kartenspiel namens Options & Outcomes und einem großen epischen Spiel namens Dȗhr: The Greater Houses. Alles sehr merkwürdig und noch sehr geheim…
Vielen Dank für das Interview!
Dȗhr: The lesser houses (also die weniger wichtigen Adelsfamilien, im Gegensatz zum oben angekündigten Epos Greater Houses)  habe ich spielen können und ich sehe absolut was Jim meinte, wenn er über die Spiele geschrieben hat, die er gerne mag. Es ist definitv ein ungewöhnliches, ja m.E,, durchaus sperriges Spiel, dass die richtige Gruppe braucht, um sich entfalten zu können.
Bei Dȗhr verkörpert jeder Spieler eine Familie in iner Fantasy-Stadt und versucht, wie bei solchen Spielen oft, seine Familie zu Ruhm und Ehre zu führen. Das heißt, das stimmt nicht ganz, denn das Spiel trägt den Untertitel „Social Combat Game“ nicht zu Unrecht – Es geht primär darum, alle anderen runterzuziehen, so dass diese bei Volk unbeliebt oder gar verhasst werden. Verhasster als man selbst zumindest.
Spielmechanisch ist dies ein Take-That-Kartenspiel, bei dem man schlechte Karten auf andere Spieler spielt (Gute Karten gibt es eigentlich nicht). Dabei ist originell, dass es nur zwei Kartensorten gibt: Skandale sind besonders schlimm und sorgen für den tiefen Fall auf „verhasst“, sind aber umständlicher zu spielen. Misstrauenskarten können nur auf bestimmte Familien gespielt werden (wirft man Karten ab, die sich auf die eigene Familie beziehen, darf man eine Sonderfähigkeit nutzen), sind aber im Überfluss vorhanden. Wehren darf man sich mit Zwillingspaaren von Misstrauenskarten.
Die Spielstruktur ist somit eigentlich einfach, aber man muss doch erst einmal verinnerlichten welche Aktionen mit welcher Karte machbar ist, welche Sondefähigkeiten im Spiel sind, was man mit einem Zwilling erreichen kann und wie Punkte es ggf beim Spielende gibt. Das Spiel ist in dieser Hinsicht sehr abstrakt und bietet m.E. nicht viele narrative Anker an denen man sich festhalten kann. Für weitere Partien muss ich definitv Übersichten für jeden Spieler basteln- schon alleine deshalb, weil Dȗhr ein Verhandlungsspiel sein will. Um aber mit einander zu verhandeln, muss man erst einmal sehen, warum überhaupt jemand irgendetwas für einen tun sollte. Und dazu müssen prinzipiell die Siegpunkte klar sein, so dass jemand z.B. überzeugt werden kann, das Spiel noch nicht zu beenden. Zumindest wenn man zielgerichtet spielen will und nicht -wie Jim ja ausdrücklich empfiehlt – auf die Achterbahn aufsteigt und wie bei Werwölfe die Ziele von Hinder und Hilfeaktionen nach Bauchgefühl auswählt.
Die Übersicht wird dadurch erschwert, dass die Handlungsmöglichkeiten vom Status abhängen: Ein beliebtes Haus kann zwei Aktionen durchführen, ein unbeliebtes Haus nur eines. Unbeliebte Häuser können auch nur einen Teil der Kartenhand nutzen. Aber verhasste Häuser sind noch schlimmer dran: Sie haben gar keine Handkarten, sondern sind darauf beschränkt Skandale zu verteilen – Verhasste Häuser reißen alle anderen runter. Dadurch kann man ein Interesse haben, jemanden zumindest zu „enthassen“, insbesondere, wenn dies zum eigenen Geheimauftrag (den man auch noch hat) passt. Das ist ein origineller Mechanismus, der mir durchaus gefällt, das Spiel aber noch etwas sperriger macht.
Das Besondere an dem Spiel ist gleichzeitig auch das Schwierige: Da die Karten (bis auf wenige Ausnahmen) alle gleich funktionieren, ist dies ein Kartenspiel, bei dem die Karten nicht entscheident sind, sondern das Beziehungsgeflecht mit dem sie verbunden sind. Dieses Beziehungsgeflecht zu durchschauen und daraus dann Kapital zu schlagen ist das Spiel. Darin erinnert es mich an einen anderen Kleinverlag, nämlich Small Box Games, die auch Kartenspiele machen, die sich oft durch ungewöhnliche Kniffe originell und sperrig anfühlen und gerade deswegen eine große Fanbasis haben.
Ich hoffe Jim nimmt es mir nicht übel, wenn ich schreibe, dass Dȗhr ein Nischenspiel ist: Eine Runde muss willig sein, zu lernen dieses Beziehungsgeflecht zu durchschauen und es zu Verhandlungspositionen zu nutzen. Uns es nicht ganz gelungen diesen Status zu erreichen, aber ich finde es definitiv originell genug, dass ich es in meiner Sammlung behalten werde.
Peer Sylvester
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