Nicht jeder mag Metagaming. Das ist nichts ungewöhnliches und auch nichts besonderes. Es soll ja auch Leute geben, die ihre Toasts gerne weich essen. Ich selbst mag meine Toasts gerne knusprig, allerdings nicht tiefschwarz. Das geht mir beim Metagaming ähnlich.
Metagaming kann aber auch eine großartige Bereicherung für eine Spielrunde sein, wenn man die Kunst es anzuwenden verstanden hat. Aber der Reihe nach. Was ist denn dieses Metagaming überhaupt?
Kurz gesagt: beim Metagaming gehen die Spieler über die Grenzen des Spiels hinaus, um ihre Spielziele zu erreichen. Wenn man davon ausgeht, dass ein Spiel durch seine Regeln bereits Anreize und strategische Möglichkeiten ausweist, die man als Spieler verfolgen kann, so setzt man sich beim Metagaming darüber hinweg und sucht auf einer höheren Ebene sein Ziel zu erreichen.

Ja, das ist es. Zumindest wird es als solches empfunden und es lohnt sich durchaus genauer hinzuschauen warum dem so ist. Metagaming ist ja schließlich auch eine Form das „gaming“, also des Spielens oder zumindest des Wettbewerbs. Würden wir uns allein am Spielakt erfreuen, d.h. würden die Aktivität des Spielens selbst uns schon zufriedenstellen, so wäre Metagaming kein Thema. Spiel ist Spiel und ob man nun die einen oder anderen Mittel dafür nutzt, ist unter‘m Strich eigentlich unerheblich. Es gibt durchaus Spieler und Spielgruppen, die das so sehen. Klassiker wie (Siedler von) Catan haben sich auch gerade bei diesen Spielgruppen durchsetzen können, weil sie den Wettbewerb des Spiels nur als eine Facette von vielen verstanden haben. Das Tauschen, Handeln und Aufbauen war bereits unterhaltsam genug. Sicherlich war das Spiel auch irgendwann zu Ende, weil jemand seinen 10 Punkt errungen hatte, aber ein Großteil der Spielerfahrung wurde nicht am Sieg gemessen, sondern daran was vorher stattfand. Für diese Gruppen war Metagaming kein Thema. Zumindest kein kritisches.
Allerdings gibt es auch Gruppen, die den Wettbewerb mit der Zeit immer ernster nahmen oder bereits von vornherein das Spiel primär als Wettstreit zwischen Konkurrenten begriffen. Für diese Leute ist Metagaming ein Problem am Spieltisch. Denn Metagaming untergräbt ein wichtiges Element welches den Wettstreit vorantreibt: der Sieg als Beweis für besseres Spielen.
Im Kern eines jeden Wettstreits steckt der Gedanke sich messen zu wollen. Die Spieler beginnen das Spiel mit dem erklärten Ziel den besseren Spieler zu bestimmen. Das Spiel, das auf dem Tisch liegt, ist quasi eine WM und der Sieger wird zum Weltmeister gekürt. Ja, vielleicht hat Glück eine Rolle gespielt, aber ein Sieg ist ein Sieg. Zumindest ist er das, wenn er nach den vereinbarten Regeln errungen wurde. Und hier kann Metagaming für Schwierigkeiten sorgen.
Denn Metagaming, wie anfangs umschrieben, geht über die Ebene der Regeln hinaus und fungiert auf Spielerebene. Metagaming ist (zumindest in seiner bekanntesten Form) die auf den Spielsieg ausgerichtete soziale Interaktion mit seinen Mitspielern, jenseits des Spiels selbst.
Hier nun gilt es zwischen den unterschiedlichen Spielarten zu unterscheiden. So gibt es Spiele, welche allein auf mechanischer Ebene funktionieren und die wenig, bis gar keinen Raum für soziale Interaktion lassen. Wenn Spieler weder miteinander kommunizieren können oder dürfen, wird es schwer hier ins Metagaming zu rutschen.
Sobald jedoch Spieler frei miteinander kommunizieren können, dürfen oder auch sollen, kann es passieren dass Spieler mehr oder minder starke Elemente des Metagamings in ihr Spielerlebnis einfließen lassen. Gerade Verhandlungsspiele sind dafür sehr anfällig. Nicht zuletzt, weil es immer noch üblich ist das völlige Fernbleiben irgendwelcher Regeln und Richtlinien als “freien Handel” schönzureden. Wer sich ein Bild darüber machen möchte wie unsinnig diese Gleichsetzung ist, der kann sich ja mal fragen warum der Brexit so schwierig umzusetzen ist. Frei Verhandeln kann man nun mal erst, wenn die Rahmenbedingungen fest stehen.

Genau hier setzt dann also die Schwierigkeit beim Metagaming an. Verlässt man den Rahmen des etablierten Regelwerks, so muss man erst neu ausloten und klären, welche Richtlinien und Verbindlichkeiten nun gelten. Damit Metagaming funktionieren kann, benötigt man also “rote Linien”, welche man nicht überschreiten darf. Eine der Richtlinien, die sich als besonders praktisch und robust bewiesen haben, ist der Gedanke der Fairness. Pandemie funktioniert dann am Besten, wenn man die Entscheidungsgewalt fair zwischen allen Spielenden aufteilt. Sobald das Gleichgewicht kippt, und ein Spieler – aus welchen Gründen auch immer – mehr Stimmrecht erhält als andere, droht auch das Spielerlebnis zu versauern. Dabei ist es fast unerheblich, ob man Ende die vier Seuchen bezwungen hat oder nicht.
Metagaming funktioniert dann am Besten, wenn es dem Spielzweck dient. Dieser lautet bei Pandemie Kooperation und die ist, wie man weiß, nur unter Menschen auf Augenhöhe möglich. Wer also sein Metagaming-Können bei Pandemie nicht dafür einsetzt mit allen Mitspielern auf Augenhöhe zu sprechen, hebelt den Zweck des Spiels aus.
Bei Spielen wie Der Widerstand und anderen sog. social deduction Spielen, geht es um Vertrauen und Misstrauen. Auch hier muss das Metagaming darauf ausgelegt sein eben diese Dinge zu fördern oder zumindest in den Mittelpunkt zu stellen.
Die Kunst am Metagaming besteht vor allem darin, es dem Spielzweck unterzuordnen. Denn dann ist es für alle eine Bereicherung, und nicht nur eine Strategie für den Einzelnen.
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