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Spiel oder kein Spiel?

Spiel, Spielzeug oder Freizeitbeschäftigung? Das ist manchmal gar nicht leicht zu entscheiden. Wie bei vielen Dingen (z.B. Science Fiction, Porno oder Fischen) gibt es auch bei Spielen eine allgegenwärtige Vorstellung davon, was ein Spiel überhaupt ist, aber keine echte Definition. Daher wird beim ein oder anderen Spiel immer mal wieder der Vorwurf laut „Das sei ja überhaupt kein Spiel!“ – Aus der Vergangenheit sind mir da insbesondere Wer wird Millionär – Das Quiz („Eine reine Wissensabfrage ist kein Spiel, sondern ein Test“) und Pandemie („Da es eine optimale Lösung gibt, ist das ein Rätsel!“) im Gedächtnis geblieben. Jetzt dreht sich die Diskussion gerade um Cards.

Wie bei allen Definitionsdiskussionen ist das in erster Linie ein Streit um Worte. Ob etwas zu einer Oberkategorie („Spiel“) gehört, hängt eben davon ab, wie man diese Kategorie definiert. Bei der Definition von „Spiel“ gibt es aber keine allgemeingültige Definition. Jeder kann den Begriff so eng oder weit stecken wie er will und bei jeder Definition wird es Grauzonen geben. In meinem Studium wurden Spiele definiert als „Satz von Regeln, die es den Spielern erlauben, aktiv auf einen Spielsieg hinzuarbeiten“. Das ist eigentlich eine recht brauchbare Definition, zumal nicht festgelegt ist, ob da ein Spieler alleine oder im Team gewinnt oder aktiv ist (maW. auch kooperative oder Solospiele sind mitgefasst – anders als bei vielen anderen Definitionen). Cards ist demnach kein Spiel, denn es gibt (m.W.) keinen „Spielsieg“ in dem Sinne und auch keine Möglichkeit aktiv auf irgendetwas hinzusteuern; Man macht eben mehr oder minder das, was die Karten von einem verlangen. Oder lässt es bleiben und bricht das Spiel ab. Das ist in etwa auch mein Bauchgefühl: Ich sehe in Cards auch eher als eine Liste von Anweisungen (wenn auch in Kartenform) und damit eine Freizeitbeschäftigung und kein Spiel. Wäre „Cards“ ein Spiel, so wären es entsprechende Bücher -und davon gibt es viele – ebenfalls. Selbst „1000 Orte, die man besuchen soll, bevor man stirbt“ wäre dann ein Spiel und das wollen wir ja alle nicht…

(Kurzer Einschub: Ich beziehe mich hier auf „zweckgerichtete“ Spiele, nicht auf „freie“ Spiele. Letztere umfasst grob gesagt alles, was mit dem Verb „spielen“ verbunden wird, also ist auch dass, was der Nachwuchs mit einem Pappkarton anfängt natürlich und unbedingt ein „Spiel“. Aber es geht hier ja um Brettspiele und deren Umfeld und das sind eben alle Spiele, für die es ein festes, allen Spielern bekanntes Regelwerk gibt. Ergo „zweckgerichtete Spiele“).

Ist das eben geschriebene Wichtig? Natürlich erst einmal nicht. Ob Cards ein Spiel ist oder nicht, sagt nichts darüber aus, ob das Spiel Spaß macht (muss es das?), originell ist (nicht sonderlich)  oder jugendgefährdent ist (nein). Es gibt viele Aktivitäten, die mir Spaß machen und die ich jedem empfehlen kann, egal ob es sich um Spiele handelt – bei der oben genannten Definition fallen z.B. auch viele Rollen- oder Erzählspiele raus. Für eine Kritik/Rezension eignen sich Definitionen nicht wirklich. Viel entscheidender sind sie an anderer Stelle: Wenn ich weiß was ein „Spiel“ ausmacht, kann ich einerseits sehen, ob mein eigenes Design die Kriterien erfüllt – oder (wenn es um engere Kriterien wie „Stichspiel“ oder „Worker Placement“ geht), ob ich die herkömmlichen Definitionen vielleicht sprengen kann, um etwas völlig neues zu schaffen.

ciao

peer

Peer Sylvester
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1 Kommentar

  • Wenn man nach der Fernsehshow geht, ist WWM mehr als das reine Abfragen von Wissen, schon allein, weil die Fragen manchmal sehr kunstvoll formuliert sind. Und es hat Regeln und man kann auch als Spieler auf den Sieg hinarbeiten.