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4 erste Frusterlebnisse

Als Kind hatte ich natürlich den Klassiker 4 erste Spiele von Ravensburger. Die erste Edition ist übrigens im selben Jahr erschienen, wie ich. Als meine erste Tochter alt genug für Spiele wurde, schenkte meine Mutter mir die aktuelle Ausgabe. Und die habe ich gerade wieder mit meiner jüngeren Tochter gespielt.

Interessanterweise hat sich seit der ersten Auflage praktisch nichts geändert – eigentlich nur der Aufdruck „Meine ersten Spiele“ (die Reihe gab es damals noch nicht) und die Altersempfehlung „Alter: 3 bis 7“ vorne auf der Schachtel. Warum auch was ändern? Das graphische Design ist nach wie vor genau richtig für die Kleinen!

Das spielerische Design ist aber fragwürdig. Und das war es eigentlich schon immer. OK, das ist etwas übertrieben: Es sind vier Spiele drin und zwei davon sind als Einstieg für die Allerkleinsten durchaus gut geeignet – das Blumenspiel und das Schloss nämlich. Wie alle Spiele dieser Sammlung sind die Spiele zu 100% glücksabhängig, aber das ist OK, soll hier doch nicht mehr gemacht werden, als dass die Kinder an fundamentale Spielprinzipien herangeführt werden sollen: Würfeln und mit der eigenen (!) Figur vorsetzen. Nicht die anderen Figuren bewegen. Warten bis man dran ist. Regeln befolgen. Sowas halt.

Das Vogelspiel aber, das erste Spiel der Sammlung ist aber eine totale Katastrophe. OK, die Graphik ist sehr ansprechend und alle Kinder wollen das Spielen, wenn man die Schachtel aufmacht. Und laufen dann weg, wenn man das Spiel länger als 5 Minuten spielt. Woran das liegt? Die wesentliche Mechanik ist Aussetzen. Ja, tatsächlich! Die Regeln sind wie folgt: Man würfelt udn darf auf das nächste Feld, wenn man die passende Farbe würfelt. Wenn nicht ist der nächste an der Reihe. Die Chance, die richtige Farbe zu würfeln ist 1:6. Mit anderen Worten: In einem normalen Spiel setzt man über 80% des Spieles aus!

Ich will eines klarstellen: Mir ist absolut bewusst, dass es sich um ein Kleinkinderspiel handelt. Und mir ist absolut bewusst, dass es hier nicht darum geht, Strategien zu entwickeln oder Entscheidungen zu treffen. Aber es geht darum zu spielen. Aussetzen ist kein spielen. Die Kinder verlieren spätestens nach dem dritten Würfeln die Lust. Entsprechend werden die Regeln abgewandelt – und da fragt man sich dann schon, warum Ravensburger die Regeln nicht ein klitzekleines bisschen anpasst. Irgendwie.

In allen Spielen der Sammlung kommt aussetzen vor und tatsächlich haben wir die entsprechende Regel immer verändert. Weil aussetzen immer eine dumme Regel ist – Kinder wollen spielen, nicht zusehen. Kinder im Zielgruppenalter (und ich frage mich ernsthaft, welche Siebenjährigen noch gerne 4 erste Spiele spielen) empfinden auch noch keine Schadenfreude, wenn jemand anderes aussetzen muss. Nein, diese Regeln sind einfach langweilig.

Natürlich sind die 4 ersten Spiele nicht die einzigen Kleinkinderspielen mit diesem Mechanismus. Immerhin haben sie die Ausrede, dass es ein alter Mechanismus ist, den gab es quasi schon immer (genau wie „Noch einmal ziehen“) und 4 erste Spiele ist ja auch schon sowas wie ein Klassiker. Entsprechend unverständlich ist es mir, wenn mir immer noch Kinderspiele begegnen, wo die Kinder stumpf aussetzen müssen. Mittlerweile gibt es genug Alternativen, die den Kleinen mehr Spaß machen. Und den Erwachsenen auch.

ciao

peer

 

Peer Sylvester
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1 Kommentar

  • Erstaunlich, dass Ravensburger noch nicht mal auf die allernaheliegendste Idee gekommen ist: Man setzt nur aus, wenn man die passende Farbe würfelt (also jedes 6. Mal, statt 5 von 6 Mal. ;-)