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Das große Quadratische mit dem Geldschuh

Erst vor drei Monaten redete ich über die Anwandlungen eines Verlags, bzw. Vertriebs, der damals als großes Stück Days of Wonder sich einverleibt hatte. Und während das schlucken eher als natürlich und völlig logisch rüberkam ist dieser Schritt nun ein größerer. Fantasy Flight Games, die neben Wizards of the Coast unbestreitbar zu den größten Verlagen in den USA gelten dürfen, ist nun auch ein Produktionshaus im Hause Asmodee und wird von diesen komplett geschluckt.

Der Grund der angegeben wird und der zwischen den Zeilen gelesen wird ist dabei sehr logisch. FFG hat die Produktionsexpertise und den Verlag als starkes Element. Asmodee hat den deutlich größeren Zugriff auf den europäischen Markt und die Vertriebsexpertise in Asien. Die Synergien sind sichtbar, vor allem weil Fantasy Flight einen Bereich abdeckt, den andere Verlage bei Asmodee kaum bisher abgedeckt haben. Der Zugriff auf Lizenzen wie Star Wars wird da vielleicht euch mitgespielt haben, wobei ich das als kleineres Argument sehe. Vor allem dürfte Petersen als Gewinner gelten. Nicht nur das er Chef bleibt, sondern er hat sich auch gleich in den Vorstand von Asmodee muteingekauft und alle anderen Teilhaber von Fantasy Flight scheinen raus zu sein.

Diese Nachricht ist mit Sicherheit die größte seitdem Hasbro im Jahre 1999 Wizards of the Coast gekauft hat. Natürlich werden Vergleiche zu diversen Übernahmen in den USA laut, also werfen wir einen Blick auf diese.

  • Hasbro kauft Avalon Hill. Viel ist da nicht passiert Avalon Hill war zu dem Zeitpunkt gefühlt am Ende und der Verkauf bot sich da an. Hasbro sicherte sich den Zugriff auf erfolgreiche Titel. Später wurde das ganze in Wood übergeleitet, aber inzwischen ist die Marke weg vom Fenster. Wood könnte Leute einstellen und versuchen die Marke zu beleben, aber das Interesse scheint gering zu sein. Vielleicht ist es dafür auch schon zu spät.
  • WotC kauft TSR. TSR war der Marktführer im Bereich Rollenspiel, aber durch den Erfolg mit Magic waren sie beflügelt mitzuziehen. Ihre Versuche mit Spellfire und dem teuer zu produzierenden Dragon Dice, waren nicht so erfolgreich wie sie sein müssten. Der Katalog wuchs auf zu viele Produkte und die Belegschaft wurde zu groß. TSR musste schließen und so wurden sie gekauft. Ein logischer Schluss.
  • Blatz kauft Schmidt. Schmidt hatte ich auf der TCG Welle mit ihren Pogs verrannt und ordentlich bluten müssen. Platz kauft den Namen aus der Insolvenymasse und heute ist Schmidt wieder groß und stark. Aber vergleichen kann man das hier eigentlich nicht.
  • Hasbro kauf Wizards of the Coast. WotC war zu dem Zeitpunkt ein großer Fisch. Oder besser gesagt gerade zu diesem aufgestiegen. Der vorderste Grund war eindeutig Pokémon. WotC hatte bis zum erscheinen von Pokémon ordentlich Geld verdient mit Magic. Diese Menge war dann Mitte 1999 immer noch auf dem selben Niveau, nur das es nicht mehr 90% ihres Umsatz ausmachte, sondern nur noch 4%. So groß war Pokémon damals. Es war ein Riesenhit. Hasbro war hier in erster Linie auch an der Lizenz interessiert und so war logischerweise das erste Produkt ein Pokémon Monopoly. Peter Atkinson nutzte die Chance aber sich aus dem Unternehmen rauslaufen zu lassen und mit dem Geld was anderes zu machen. Er war Rollenspieler und WotC hatte bis auf D&D wenig mit Rollenspiel zu tun. Hasbro hat die Firma auch gut alleine gelassen und ich würde behaupten, der Zusammenschluss ist ein vorbildliches Beispiel wie es laufen kann.
  • Ein Vergleich zu Electronic Arts, der auch geäußert wurde ist aber lächerlich. EA scheint oft nur Interesse an den Spielen und nicht an den Entwicklern oder deren Studios zu haben. So das das vielleicht aus, als Hasbro, MB und Parker schluckte, aber die Zeiten sind heute nicht mehr gegeben.

Warum kann Asmodee hier so stark auftreten, wie sie es dieses Jahr nun tun. Asmodee ist selber seit Januar diesen Jahres in Besitz der Gesellschaft Eurazeo. Diese investiert Geld in Firmen und baut diese auf. Teile der Firmen werden dann später wieder für Gewinn abgestoßen, aber scheinbar verlassen sie diese nie zu 100%. EuropCar gehört ihnen zu über 90% und einige andere Firmen wie Desigual, welche alle nichts mit Spielen zu tun haben. Von dem was es an Firmen gibt die mit ihrem Geld verschiedene Sachen anstellen, wie kaufen, zerschlagen und wieder verkaufen, oder einfach nur kaufen und verkaufen, scheint mir diese einen Blick auf eine Zukunft zu legen. Wenn es dafür nötig ist Geld in die Hand zu nehmen, dann passiert es. Und dieses wird da in die Hand genommen, wo ein Vorteil entsteht. Der Kauf von FFG gehört ganz sicher zu diesen.

Es zeigt aber auch das Asmodee noch lange nicht fertig ist, sondern noch weiter wachsen wird. Übernahmekandidaten in anderen Ländern wo Asmodee noch nicht aufgestellt ist dürften bald folgen. Polen, Italien und Spanien an erster Stelle. Asmodee strebt in die Gruppe der großen Firmen neben Hasbro, Mattel, Spinmaster und Ravensburger. Wen sie dabei einholt oder überholt kann ich gar nicht sagen, dazu fehlen mir zu sehr die Blicke auf die Zahlen. Hier will einer zu den großen gehören. Weltweit. Und Asmodee wächst hier ohne Schulden zu machen. Das ist immer eine gute Position. Das Geld dafür ein probates Mittel ist, weiß, jeder der den Aufstieg Hoffenheims in die erste Fußball-Bundesliga miterlebt hat. Ich hatte mich gefragt ob das der Wachstum ist, mit dem Frankreich uns Deutsche gefühlt überholt hat, kann dies aber noch nicht beantworten. Auf der einen Seite ist Asmodee schon länger auf Wachstumskurs und der französische Markt seit einiger Zeit am blühen. Auf der anderen Seite ist Eurazeo auch erst seit Januar bei Asmodee dabei.

Was wird sich nun also ändern? Erstmal nicht viel. So ein Zusammenschluss geht nicht von heute auf morgen und vor allem nicht in einer Form wo alle offenen Fragen schon vorher geklärt wären. So haben sich der Heidelberger Spieleverlag, der FFG in Deutschland seit Anfang an vertritt und Asmodee Deutschland erst diese Woche hingesetzt und miteinander geredet. Vermutlich wird sich am Anfang auch eher auf den Vertrieb auswirken. Marketing und gerade bei FFG auch OP Aktionen kommen im nächsten Schritt. In wie weit hier zusammengearbeitet wird oder Aufgaben neu verteilt werden kann ich nicht ergründen. Eine Frage die dabei im Raum steht ist ob Asmodee die Heidelberger übernehmen wird. Natürlich ist das möglich, aber ich kann mir das nicht vorstellen. Ich sehe die Synergien hier zu wenig. Heidelberger ist in erster Linie ein Vertrieb. Ein Vertrieb wie Asmodee Deutschland es auch ist. Erst in zweiter Linie ist es ein Verlag. Dazu sind die Firmenkulturen gerade bei diesen beiden Kandidaten so unterschiedlich wie ich es mir nur vorstellen kann. Unmöglich wird es nicht sein, aber ich glaube es einfach nicht.

Wie sieht die Landschaft in fünf Jahren aus? Eine gute Frage, von deren Beantwortung ich jedoch Abstand nehme. Vor fünf Jahren habe ich noch in Essen am Stand von Upper Deck gestanden und wir spielten mit dem Gedanken einer größeren Fläche. Im nächsten Jahr waren wir nicht mehr vor Ort und seit zwei Jahren ist Upper Deck Europa tot. Das ganze natürlich auf Grund dummer Verflechtungen, aber wer sagt, dass das anderen Firmen nicht auch passieren kann. Wenn ich raten sollte was in einem Jahr sein sollte, dann glaube ich, das es Asmodee weiter gewachsen ist und Heidelberger immer noch selbstständig da ist. Und wenn Eurazeo in vier Jahren seine Beteiligung an Asmodee von über 80% auf unter 10% runterfahren möchte, dann wird die Lage in der Welt eine andere sein. Das wird dann wieder spannend. Schauen wir erstmal wen Asmodee als nächstes kauft.

Matthias Nagy
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6 Kommentare

  • So wie ich den Deal interpretieren dürfte sich für Deutschland tatsächlich sehr wenig ändern. FFG wird hier weiterhin von Heidelberger lokalisiert und vertrieben. Da bleibt wenig für Asmodee Deutschland, außer vielleicht ein paar mehr Vertriebskontakte und einer gemeinsamen Messepräsenz.
    Ich denke der FFG-Asmodee-Deal hilft den beiden eher in Asien und Osteuropa (und vielleicht Frankreich, da weiß ich nicht, wie FFG dort bislang vertreten war).

    Und außerdem wollte ich noch einmal darauf hinweisen, dass ich auf die Deutschen Ausgaben von Imperial Aussalt und X-Com warte ;-)

  • In Frankreich (und Spanien) wird FFG durch Edge vertrieben. Mit denen sind sie so noch stärker verbandelt als mit den Bären. Edge hat sogar die komplette Webweite für FFG gemacht.

  • Interessant, dass du Pokemon als Hauptgrund der Übernahme von WotC durch HasBro anführst. Es ist zumindest der naheliegendste Grund. Aber es gab meines Wissens noch einen anderen Grund, der HasBro wichtig war: Damals besaß HasBro ALLE Lizenzen für Harry Potter im Bereich Spielwaren. Bis auf ein kleines Sammelkartenspiel aus dem Hause WotC. Und dieses war HasBro ein Dorn im Auge. Ich glaube, die letzte fehlende Harry Potter Lizenz einzukaufen war für HasBro noch viel wichtiger als Pokemon.

    Aber niemand von uns war dabei, von daher können wir nur spekulieren.

  • @Thygra
    Das stimmt wir waren alle nicht dabei. Ich hatte damals gute Kontakte bei WotC die mir das erzählt haben. Ob diese Personen völlig darüber im Bilde waren weiß ich allerdings auch nicht. Harry Potter war daher vielleicht auch ein Grund. Vielleicht wollte Hasbro auch Magic haben. Vielleicht war auch das Gesamtpaket so attraktiv.

    Aber du hast recht, wir können nur spekulieren.

  • @Thygra
    Bist du sicher, dass Hasbro der Master-Toy-Lizenznehmer für Harry Potter war? War nicht Mattel die Firma, die fast alle Lizenzen im Bereich Spielware innehatte?