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Spielevorstellung: Tackle

Es ist zwar zweiwöchiger Sommerbetrieb in der Spielbar, aber das hält uns nicht davon ab, Verlagsvorstellungen, Rezis (hier eine neue Doppelrezi) oder eben eine Spielevorstellung außer der Reihe zu posten. In diesem Fall eine Vorstellung von Tackle, erschienen beim Verlag der Süddeutschen Zeitung und erdacht von Thomas Sing und Ralf-Peter Gebhardt, die schon mit Miss Lupin gezeigt haben, was sie können.

Warum nun eine Spielvorstellung und keine Rezi? Nun, ich habe das Spiel gespielt und zwar mehrfach (daher kein Ersteindruck), aber bei weitem nicht genug, um das Spiel zu rezensieren. Ich habe bislang nur an der Oberfläche des Spieles kratzen können, aber nicht den regelmäßigen Mitspieler, um tiefer zu bohren.

Aber von vorne: Tackle kommt mit einem eher spartanischen Brett und  jeweils 11 Blöcken in Schwarz und Weiß und einem Sonderstein aus. Tatsächlich werden von diesen Spielsteinen nur selten alle benutzt.

Ziel ist es, eine bestimmte Figur auf dem Brett zu bilden – z.B. eine Diagonale aus vier Steinen. Wer das schafft, hat gewonnen. Dabei gibt es verschiedene Zielfiguren, man einigt sich vor Spielbeginn um was es geht. Schon allein deshalb bietet Tackle viel potentiellen Wiederspielreiz.

Erreicht wird das Ziel durch reines Positionsspiel (ohne Schlagen). Wer an der Reihe ist, setzt einen Stein orthogonal so weit über freie Felder, wie es eben geht (Überspringen und Schlagen ist verboten). Liegen mehrere Steine in einer Reihe, so können sie entlang dieser Reihe zusammen bewegt werden und andere Steine wie bei Abalone sogar wegschieben. Bis auf ein paar Details sind das auch schon die Regeln – die sind also glasklar.

Das bedeutet aber nicht, dass das Spiel ebenso glasklar wäre. In den ersten Partien hatte ich (und mein Spielpartner) gar keinen Plan, wie man vorgehen sollte. Steine wurden hin- und hergeschoben, Gewinnstellungen übersehen, es gewann wer tatsächlich mal eine Chance erkannte. Auch Blitzgewinne kamen vor, weil ein Spieler es versäumte eine Schlüsselstelle rechtzeitig zu blockieren – er übersah schlicht die Gewinnstellung des Gegners. Erst nach einigen Partien entwickelte sich sowas wie Spielverständnis: Die Partien wurden länger, die Züge raffinierter, die Siegstellungen zwingender. Das Hin- und Zurücksetzen der Steine nahm rapide ab. Das Spiel begann interessant zu werden. Mittlerweile würde ich sagen, dass mir Tackle gut gefällt: Es ist wirklich originell und spielt sich hinreichend anders als die Gazillionen anderen abstrakten Zweier da draußen. Auch die kühle Ästhetik des Spieles spricht mich an – Minimalismus vom feinsten, was hier praktiziert wird. Besonders gut gefallen mir die Zielfiguren, die Diagonalen enthalten, denn eigentlich will man ja die Steine orthogonal benachbarn, um sie gemeinsam zu ziehen (und damit Steine schieben) – ein schöner Konflikt! Ein reines Defensivspiel ist nur schwer aufzuziehen, was ich als Vorteil empfinde (Abalone z.B. entwickelte sich zu sehr in eine reine Defenisvschlacht)

Nun ist es aber so, dass man sich mit dieser Art von Spiel intensiver befassen muss. Diese Klasse von Spielen leben davon, dass man sie gut spielt und dazu muss man sie häufiger spielen. Das gilt für Schach, Hive und das gilt im besonderen Maße für Tackle, dass erst einmal erkundet werden muss und bei dem die Zielfiguren unterschiedliche Taktiken verlangen. Und im direkten Vergleich mit meinen Lieblingen Hive, Nuba, Zertz und Kamisado (und im Prinzip Towers of Hamburg, wenn ich es dann mal wieder spielen würde) bleibt Tackle etwas zurück; Eben weil die Spielweise nicht so intuitiv ist, braucht man nach einer Pause immer wieder einige Versuche, bevor sich interessante Partien ergeben. Vor allem aber bin ich nach einem knappen Dutzend Partien immer noch nicht soweit, dass ich wirklich langfristige Strategien ausknobeln könnte. Natürlich überlege ich mir: Wenn ich den Zug mache und mich mein Gegner nicht blockt, dan kann ich das und das machen – aber wenn mich mein Gegner blockt? Dann mache ich irgendetwas anderes. Ich reagiere immer noch mehr als dass ich agiere. Gewinnstellungen sind immer noch eher das Resultat eines fehlenden Blocks des Gegners, als zwingend herausgespielt. Ich glaube schon, dass man auf dem Level spielen kann, in dem man Stellungen erzwingt, gegen die der Gegner nichts machen kann (anders als z.B. bei Drumlin oder ähnlichen Spielen, bei denen einer etwas übersehen muss, damit der andere gewinnt) und ich glaube auch, dass Tackle dann wirklich zeigt was es kann. Nur erscheint dieses Level für mich zu weit weg – ich habe zu viele Alternativen und zu wenig Mitspieler für diese Art Spiel, als dass ich es erreichen würde. Daher ziehe ich andere Spiele im Moment einfach vor. Damit ist Tackle freilich in guter Gesellschaft – auch Go spiele ich aus diesem Grund nicht (wobei eine Partie Go noch deutlich länger dauert – ein Vorteil von Tackle sind die kurzen Partien.

ciao

peer

Peer Sylvester
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