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Wir zwei sind auch ne Crowd – Part 2

Ein zweiteiliger Artikel! Wann hats das zuletzt auf der Spielbar gegeben? Der Grund ist einfach: Crowdfunding bekommt immer mehr Einfluss auf unser Hobby, da muss man sich dem auch ein bisschen widmen. Ich bin allerdings nun überhaupt kein Experte, sondern kann eigentlich wenig mehr tun, als über meine Erfahrungen berichten – aber das ist hier ja auch nur ein kleiner Überblick und nicht Stiftung Crowdsourcingtest.

Beginnen wir mit Kickstarter: Das ist natürlich der Marktführer. Und das merkt man schon daran, dass es eine unübersichtliche Anzahl von Projekten jeglicher Art gibt. Das hat den Vorteil, dass die Spiele hier sicherlich die größte Chance haben, auch ihr Finazierungsziel zu erreichen – aber den Nachteil, dass gerne etwas in der Masse verloren geht. Kein Wunder, dass nun viele Seiten – vor allem Boardgamegeek, regelmäßig über die interessanteren Spieleseiten berichten. Aus Käufersicht ist an Kickstarter sehr angenehm, dass der Geldeinzug über Amazon sehr bequem und transparent ist und zudem erst abläuft, wenn das Projekt tatsächlich sein Ziel erreicht und die Zeit abgelaufen ist – so läuft man sein Geld nicht hinterher. Wer ein Projekt starten möchte, braucht allerdings eine Bankverbindung in den USA. Das soll demnächst auf England ausgeweitet werden, aber wann auch Europa „angeschlossen“ ist, steht noch in den Sternen. Hauptkritikpunkt ist hier einfach die Übersichtlichkeit – Brettspiele sind nicht so leicht von der Hauptseite aus zu finden. Es sei denn man möchte Kartenspiele mit französischen Blatt und neuen Graphiken haben…

Startnext ist dagegen eine Deutsche Seite, die sich zudem über Spenden und Premium-Dienste finanziert. Der Vorteil vor allem für Projektstarter ist daher natürlich, dass alles in Deutsch ist. Und dank der Premiumdienste könnten auch Dinge wie „Video erstellen“ ihren Schrecken verlieren. Die Kehrseite der Medaille ist dann, dass sich deutlich weniger User auf die Seite verirren, man muss also kräftig die Werbetrommel rühren. Und internationale Backer werden ja schon durch die Sprache abgeschreckt. Die potentiellen Kunden aus Deutschland muss man dann überzeugen, sich bei einer weiteren Seite mit Kreditkartendaten anzumelden. Zudem wird das Geld sofort abgebucht und beim Scheitern des Projektes wieder zurückgebucht. Allerdings erst nach einigen Tagen und erst wenn man sich aktiv entschieden hat, das Geld nicht der Seite zu spenden. Auch wenn ich eine Seite, die sich über Spenden finanziert, da verstehen kann, hat mich das doch etwas genervt – irgendwie muss man seinem Geld hinterherlaufen und das ist nicht so schön.

IndieGogo  zieht das Geld auch sofort ein, ist aber ansonsten ganz anders. Erst einmal ist es eine internationale Seite und das wortwörtlich: Projekte können von überall auf der Welt eingestellt werden (und werden es auch). Das Grobkonzept orientiert sich klar an Kickstarter, aber wer ein Projekt einstellt ist sehr flexibel mit seinen Einstellungen. Einzigartig eine Option, bei der das Geld auch bei Nichterreichen eines Zieles an den Gründer geht (und man seine Belohnung bekommt). Das ist schon etwas merkwürdig, denn derjenige, der so ein Projekt startet, muss es auch bei nur einem Backer berücksichtigen. Das erinnert dann mehr an „Spenden sammeln“ oder „Vorbestellungen abfragen“ als an klassisches Crowdsourcing und der Vorteil bei Spieleprojekten ist mir nicht klar (anders bei Dingen wie „Helft den Lakota-Indianern ihr Land zurückzukaufen“ – ja das gibt es). Auch bei normalen Projekten wird meines Wissens erst abgebucht und dann zurückgebucht. Ansonsten aus meiner Sicht am ehesten eine Kickstarter-Alternative für Europäer.

Spieleschmiede abzuhandeln geht schnell – Irgendwie ist nicht klar, ob das Projekt auf das eine Spiel beschränkt war oder ist oder so. Und da es damals anscheinend aus einer Idee entstand sind auch solche Dinge wie Geschäftsbedingungen in irgendwelchen Foren versteckt. Es bleibt die Frage ob eine Deutsche Crowdsourcing-Seite ausschließlich für Spiele sinnvoll arbeiten kann, aber da hat das For-Heads Network immerhin viele Kontakte und das könnte den Ausschlag geben. Nichtsdestotrotz muss da erst einmal was sein, bevor man was empfehlen kann…

Zum Vergleich noch einmal kurz das P500-System: Im Prinzip „pledged“ man auch hier, der große Unterschied ist, dass die Laufzeit im allgemeinen nicht begrenzt ist – wenn das Ziel erreicht ist gehts los, vorher nicht. Und wenn es 10 Jahre dauert… Dafür wird das Geld dann abgebucht, wenn das Spiel fertig ist, die Sicherheit für den Nutzer ist also von allen vorgestellen Seiten am größten. Der Nachteil liegt hier beim Verlag: Als Anschubfinanzierung (und die soll durch Crowdsourcing ja hauptsächlich gewährleistet sein) ist das System nicht geeignet. Was vermutlich der Grund ist, warum die meisten Verlage das Crowdsourcing-Prinzip vorziehen.

Abschließend sei für weitere Informationen (und CS-Seiten, die noch nie ein Spieler zuvor betreten hat) auf diese Webseite verwiesen – nicht Spieleorientiert und in englisch, aber für jemanden, der ein Projekt starten will, vielleicht nicht uninteressant!

ciao

peer

 

Peer Sylvester
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3 Kommentare

  • Hallo Peer,

    zunächst einmal vielen Dank für den Zweiteiler! Auch wenn ich lieber zu „Part 2“ nicht nur den zweiten Kommentar geschrieben hätte – denn Crowdfunding lebt ja von der Beteiligung vieler, und das nicht nur finanzieller Art. Aber was nicht ist …

    Deinem „kleinen Überblick“ möchte ich lediglich ein paar Anmerkungen hinzufügen, die ich für die Beurteilung der vorgestellten Crowdfunding-Plattformen – so denn jemand „so weit“ gehen möchte – für wichtig halte. Und wie du dir sicherlich denken kannst, aus eigener Erfahrung vor allem zu Startnext. Die bieten nämlich die Möglichkeit, Projekte auch 2-sprachig (deutsch/englisch) zu präsentieren; vorausgesetzt natürlich, man nutzt diese Funktion. Die Rückzahlung hängt übrigens nicht unwesentlich von der Bezahlmethode ab: wenn per PayPal bezahlt wurde, wird die Unterstützung m.W. automatisch zurückgezahlt, normale Überweisungen funktionieren allerdings so wie du es beschrieben hast. Die Transparenz seitens Startnext halte ich für vorbildlich und die Funktionen für innovativ. Momentan feilen Sie an ihrem nächsten Projekt (siehe: http://www.startnext.de/supporten), bei dem „wir zwei“ uns direkt in die Weiterentwicklung der Plattform (nicht nur in Form von Kommentaren) einbringen können. Und ein eigenes Projekt kann jeder unabhängig und jederzeit starten: ein Verlag und/oder Vertriebspartner im Hintergrund ist vielleicht hilfreich aber bei Startnext keine Voraussetzung.

    Ob ein Projekt letzen Endes erfolgreich ist, hängt von vielen Faktoren ab. Die Werbetrommel muss man eigentlich in jedem Fall und bei jeder Plattform „rühren“. Mag sein, dass auf Kickstarter die sprachliche Nähe zu boardgamegeek von Vorteil ist. Automatisch passiert aber auch da nichts und eigentlich hindert es doch hierzulande niemanden, auch Projekte auf hiesigen Plattformen weiter zu empfehlen (was in meinem Fall ja auch geschehen ist; die Gründe des Scheiterns waren andere)!

    Unterstützende Grüße
    Gerhard Junker

  • Sean McDonald hat eine (etwas missglückte) Kickstarter-Campagne auseinander genommen (hier: http://www.boardgamegeek.com/blogpost/12571/crowdfunding-round-up-steel-stars-dragons-bard-gau ) und das ist als Tippsammlung vielleicht schon einmal ein guter Anfang:
    „Filling up a dozen of backer levels with expensive crap that is not relevant to what you are making and most people don’t want. $25 key chains and $50 shirts are absurd things to be adding to a KS about a game travel case.

    Charging for shipping. Shipping should be included, if it is going to be expensive than make the price of that level include that expected cost. If I am going to pay for something I want to pay for it once. I don’t want amazon to pull the funds for the item and then have to go to paypal or some site crap to pay for shipping, that’s just stupid.

    Kickstarting something is supposed to be getting in on the ground floor. Charging more to be more exclusive is silly. If I have to debate whether I want to get it first or if I want to pay less it’s just one more reason not to back something. „