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Der Spieler ist König – und Marionette

Die Olympischen Spiele interessieren mich nicht mal rudimentär. Ich würdige selbst dem Medaillenspiegel keine Aufmerksamkeit, weil ich den ganzen Sportarten einfach nichts abgewinnen kann. Ich habe kein Problem wenn es andere Interessiert, aber ich nehme mir die Freiheit davon abstand zu nehmen.

Gäbe es allerdings ein Spiel über das austragen von Olympischen Spielen oder eins wo die Spieler in vielen verschiedenen Disziplinen gegeneinander antreten müssten, würde ich es mir zulegen. Solange es gut ist. Zumindest sollte es nicht so sein wie die aktuellen Spiele. Oder im konkreten Fall Badminton.

Da hat ein Team von Badminton-Spielern versucht zu verlieren. Nicht weil sie bestochen wurden, oder gegen sich gewettet hätten, das wäre ja noch alles nachvollziehbar. Nein. Sie versuchten zu verlieren um es leichter zu haben zu gewinnen.

Das Turnierformat ist nämlich derart aufgestellt, das sie auch als Gruppenzweiter weitergekommen wären und gegen eine Team hätten antreten können wo sie sich besser Chancen ausgerechnet haben. Also versuchten sie zu verlieren. Um diese Situationen im Vorfeld zu verhindern werden z.B. bei Fußball-WM und EM die letzten Gruppenspiele gleichzeitig ausgetragen.

Nun wurde das Thema hier mal auseinandergenommen und ich gebe dem Schreiber Recht. Das Problem liegt in den Regeln.

Ich habe dies auch oft genug bei Magic The Gathering Turnieren erlebt. Spieler die oft genug gewonnen haben, fangen an sich auf ein Unentschieden zu einigen und bringen sich so gegenseitig in die Playoffs. Der Rest ist raus. Gerade Spielern die das erste Mal auf diese Turniere kommen erscheint dies als Ungerechtigkeit und sie zweifeln am System. Etwas was immer schlecht ist.

Die Macher haben jahrelang versucht mit verschiedenen Mitteln dagegen zu steuern. Erst musste der Oberschiedsrichter zu jeder Partie gerufen werden wo einer aufgeben wollte und die Spielsituation bewerten ob das Sinn macht. Dann wurden Preisgelder nach Siegen und nicht nach Platzierung verteilt. Alles Versuche die löblich waren, aber unterm Strich sind diese ausnahmefrei gescheitert. Inzwischen wird damit gelebt. Die Leute lernen es halt.

Beim Yu-Gi-Oh! TCG wurde Ende 2004 eingeführt, dass es kein Unentschieden mehr gibt. Ausreichend viele Tiebreaker sorgen dafür, dass es einen Sieger gibt. Jede Runde und in jedem Match. Eine Errungenschaft die viele zu schätzen wissen. Leider wurde es mit viel Sorge betrachtet, als diese 2011 von Konami wieder abgeschafft wurde.

Aber auch normale Brettspiele leiden unter solchen Regeln. Spiele wo andere für einen entscheiden ob man gewinnt sind sehr unbefriedigend. Schon öfter bin ich in Spielen auf solche Situationen gestoßen. Das schlimmste ist, wenn dies auch noch absichtlich verwendet wird.

Die Regeln sehen vor dass immer weniger Spieler eine Chance haben und damit die Spieler, die ausgeschieden sind – ob offensichtlich oder unbewusst – auch noch am Spielteilnehmen können, wird ihnen Macht über das Schicksal der anderen gegeben. Das ist für den der dadurch rausfliegt mehr als nur unbefriedigend und hinterlässt nach dem Spiel einen Nachgeschmack der von Ausgereiftheit so weit entfernt ist wie die neusten Bravo-Stars von Klassischer Musik.

Aber auch Spiele wo man dem Gedeih und Verderb der anderen ausgeliefert ist sind oft nicht mein Fall. So kann eine Runde manchen Partyspiels schnell mal in eine Zankerei ausarten, weil absichtlich gegen bestimmte Spieler entschieden wird. Das ist soziales Beisammensein in allen seinen Facetten.

Es wird immer Spiele geben, bei denen die Problematik des Königsmachers nichts ausgeschlossen werden kann. Aber sie sollten die Ausnahme sein. Die meisten Spiele sollten durch eigene Leistung den Sieger bestimmen und nur dafür sorgen, dass jeder bis zum Ende dafür kämpfen muss und kann. Und sei es nur, damit uns weitere Meldungen über die Olympischen Spiele und die Badminton-Strategen erspart bleiben.

Matthias Nagy
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4 Kommentare

  • Ich stimme dir zu, wobei ich bei Partyspielen auch nicht verstehen kann, wenn jemand z.B. absichtlich falsche Präferenzen bei Einschätzspielen angibt, um zu gewinnen. Da würde ich dem Spiel und dem Spieler dieselbe Schuldmenge zugestehen :-)
    Bei Sportarten merkt man oft, dass da kein Spieleerfinder am Werk ist – die Regeln beim Badminton sind ebenso vorhersehbar „broken“ wie die Vorteilsregel beim Fechten (die Defensivspiel herausfordert). Vom Fussball wil ich gar nicht reden (So könnte eine gelbe Karte gegen einen Gegner dazu führen, dass mein Tema herausfliegt, weil der Betroffene Spieler gegen meinen Konkurrenten fehlt)… Aber das ist wohl der Unterschied zwischen einem Autor und „Public Domain“ ;-)

  • Da gibt es nur eins: K.O.-System von Anfang bis Ende … da gibt es kein rum-ge-eiere und freiwilliges Verlieren. So einfach ist das.
    Spiele mit Königsmacher-Syndrom gibt es immer wieder. Sowas lässt sich auch nicht unbedingt immer vermeiden. Selbst bei Puerto Rico kann das passieren. Nur fällt es einem da nicht auf, weil ja am Schluss abgerechnet wird. Auch bei Zepter kann das vorkommen, Ich denke da gilt für jedes Spiel welche auch nur irgendeine Interaktion zulässt mit mehr als 2 Personen. Die Frage ist wie gut das Spiel das „verschleiert“.

  • Beim Sport spielen auch andere Dinge ein Rolle und es kann durchaus erwünscht sein, das es unfaire und strittige Situationen gibt. Ich denke z.B. das die Popularität des Fußballs auch durch die vielen Ungenauigkeiten und Ungerechtigkeiten kommt. Sowas schürt Emotionen und hält Spiele auch damit spannender.
    Von den ganzen bedeutenden Mannschaftssportarten ist Fußball mit Abstand am beliebtesten und gleichzeitig geht es dort unfair zu wie sonst nirgends. Bei allen anderen Sportarten wird die Spielzeit auf Sekundenbruchteile eingehalten und bis auf wirklich heftige Unsportlichkeiten bleiben Strafen immer auf das aktuelle Spiel beschränkt. Und so wie sich einige „Bosse“ im Fußball gegen elektronische Hilfen wehren, wird das denen auch klar sein.

  • Die Badmintonspieler waren einfach zu offensichtlich, vielleicht hätten sie subtiler verlieren müssen.
    Elektronische Hilfen soll es um Fußball demnächst geben.