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Vergeben und Vergessen

Ich lese etwa ein Buch pro Woche und dennoch geht es mir mit Büchern wie mit Spielen: Sie sammeln sich irgendwie an. Meine Amazon-Wunschliste ist mittlerweile fünf Seiten lang (Wer mir also was spenden will und den Flattr-Button vermisst…). Daher ist es wenig überraschend, dass ich auch sehr auf die Autoren achte. Letztes Jahr habe ich zwei Graupen erwischt (Wens interessiert: Popco und Fairweather oder Die Spiegel des Herrn Bartholomew, bei den Links sind auch meine Amazon-Rezis zu finden) und  die Chance, dass ich noch ein weiteres Buch dieser Autoren anfasse ist sehr, sehr  gering.

Bei Spielen ist das komischerweise anders. Es gibt kaum einen Spieleautoren, von dem ich nicht mindestens ein Spiel gespielt habe, dass mir nicht gefallen hat. Mehr noch: Es gibt durchaus Spiele, die bei mir komplett durchgefallen sind, was mich aber nicht davon abgehalten hat, weitere Spiele des Autoren auszuprobieren. Tatsächlich geht das Phänomen noch weiter: Wenn es (privat oder bei Abstimmungen be BGG oder so) um die Frage: „Was sind Spitzenautoren?“ geht, werden immer die guten Spiele hervorgehoben und die Flopps vernachlässigt. Gehts z.B um Francis Treshham, vergisst man sein „Shocks & Scares“ und Garfield hat man seinn „Rocketville“ ebenfalls verziehen.

Für mich als Autoren ist das beruhigend zu wissen, denn bei mir herrscht immer ein bisschen die Angst vor, ein Spiel, was durchfällt, kann meine Reputation beschädigen (und ehrlich gesagt geht es mir nicht wirklich ums Geld – ich habe ja eine anständig bezahlte Arbeit – sondern eher tatsächlich als „guter“ Autor akzeptiert zu werden). In der Praxis sehe ich aber, dass die Gefahr nicht wirklich besteht. Selbst wenn ich jetzt 10 „broken“ Spiele veröffentlichen würde (bei welchem Verlag auch immer), scheine ich doch alles vergessen lassen zu können, wenn danach ein „Hammerspiel“ erscheint.Wirklich beruhigend…

Aber warum ist das so? Immerhin kämpfen wir Autoren ja eigentlich dafür, dass unser Name quasi als Referenz dient. Und negative Referenz ist ja auch irgendwie eine Referenz… Leider…

Ich sehe mehrere Gründe. Erstens ist trotz aller „Da schaue ich lieber Farbe beim trocknen zu“-Rhetorik den meisten klar, dass ein Spiel eine Zielgruppe hat und das man nicht immer dazugehört. Und wenn einem ein Spiel nicht gefällt, aber akzeptieren kann, dass es anderen anders geht, ist die Kritik nicht so hart (und schon wieder dieser Link). Zweitens ist bei einer Spielebetrachtung immer der Verlag mit im Boot. Enthält ein Spiel ungenutztes Potential – oder ist eine unspielbare Verhöhnung alles menschlichen Seins- so hat auch die Redaktionsarbeit Wünsche offen gelassen. Man merkt schon dass es sehr unterschiedlich arbeitende Redaktionen gibt und dass die Spiele unterschiedlich stark und gut bearbeitet werden. Unterm Strich steht der Autor so nicht alleine im Kreuzfeuer (ggf. fragt man sich, warum der Verlag das Spiel überhaupt veröffentlicht hat). Bei einem Super-Spiel steht der Autor allerdings alleine im Rampenlicht – das Leben ist eben ungerecht…

Es gibt aber noch einen dritten, weniger klaren Grund. Spieleautoren haben irgendwie einfach größere Schwankungen in ihren Werken als Buchautoren. Das liegt sicherlich an den eben genannten Faktoren, aber sicherlich auch nicht nur. Vielleicht ist es so, dass Spiele mehr Mechanik beeinhalten als Bücher, also Faktoren die weniger durch Kreativität als duch Feinmechanik gehalten werden müssen. Vielleicht probieren Autoren auch mehr komplett unterschiedliche Genres aus. Vielleicht aber auch nicht. So richtig erklären kann ich es nicht – aber da es diese Schwnakungen gibt, verzeiht man sie auch leichter.

Und davon ab: Es gibt einfach sehr viel weniger ausgezeichnete Spiele als ausgezeichnete Bücher. Und auch sehr viel weniger Geschmäcker (einfach weil es weniger Vielspieler als Vielleser gibt). Daher hat man gar keine Chance, als einem Autoren zu vergeben, wnen einem nicht irgendwann die Spiele ausgehen sollen…

ciao

peer

Peer Sylvester
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6 Kommentare

  • Für die Gesamtheit mag das stimmen, für den einzelnen sehe ich das anders.
    Bei bestimmten Autoren, bei denen mir schon die letzteN SpielE nicht gelegen haben, warte ich ab, wie das Spiel von der Spielerschaft aufgenommen wird. Und würde es im Zweifel (wenig oder sehr unterschiedliche Reaktionen) wegen des Autorennamens nicht kaufen.

    Dagegen haben andere Autoren (aktuell z.B. Feld, Bauza) einen Vertrauensvorschuss, weil die Art Spiele mir oder meiner Frau einfach liegt.

    Ich muss auch zugeben, dass Spiele, die ich mir vor Ansehen einer Rezension zugelegt habe (Santa Cruz, Macao, 7 Wonders, Takenoko) mir häufig besser gefallen als den Rezensenten. Dagegen kamen hoch gelobte Spiele (Dominion, Agricola), die ich mir wegen der Rezension gekauft habe, oft bei mir nicht so an.

  • Ich denke es gibt da einen relativ einfachen Grund, wieso einem Spieleautor Flops nicht so anhängen und weitere ihrer Spiele trotzdem ihre Chancen bekommen. Ein Spiel kann man komplett ausprobieren, bevor man es sich kauft. Und man kann es viel besser rezensieren. Man kann in der Rezension auf alles genau eingehen und jeden Mechanismus erklären, während man bei einem Buch im Grunde um den heißen Brei herumreden muss, damit man nicht alles spoilert. Und schließlich kann man sich mittlerweile ja zu fast allen Spielen Anleitungen runterladen und diese im Vorfeld lesen, woraus Vielspieler schon einen sehr guten Eindruck über ein Spiel gewinnen können. Der Ottonormalspieler tut das zwar nicht, aber der kennt auch nicht die Autoren, geschweige denn deren Flops.

    Grüße
    Florian

  • Ich denke, dass der Schreibstil eines Buchautoren viel prägender ist, als der Mechanismus eines Spiels. Beim Mechanismus eines Spiels hängt ja auch einiges von der Grafik und der Machart/Bedienerfreundlichkeit des Spiels ab. Das sind wohl Aspekte, die bei einem Buch wegfallen. Wenn ich daran denke, was es für Endlosdiskussionen in Foren über zu dünne Pappe, Spielanleitungen, Farberkennbarkeit … gibt, finde ich beim Buch nichts vergleichbares.

    Bei einem Spiel hängt (also) unglaublich viel an der redaktionellen Arbeit. Damit möchte ich nicht die redaktionelle Arbeit eines Buchverlages schmälern, aber eine Spieleredaktion nimmt auch mal ganz prägende Elemente raus (oder rein). Eine Spieleredaktion experimentiert also auch mal herum …

    Der Vergleich fällt vielleicht leichter, wenn man von Verfilmungen eines Buches ausgeht. Das Buch ist top, der Film floppt.

    Und zu deiner „Beruhigung“: Ich mache um manche Spieleautoren einen großen Bogen, wenn Vorgängerspiele bei mir gefloppt sind und die Aufmachung des Spieles auf ähnliche Mechanismen, Spieldauer, Regelkomplexität schließen lässt.

    Johannes

  • Ich persönlich halte die Spieleentwicklung für wesentlich komplexer als das Schreiben von Büchern (weswegen ich auch die Finger davon lasse). Der Hauptunterschied liegt wohl darin, das Bücher linear sind, Spiele simultan. Im Brettspiel wirken alles Mechanismen mehr oder weniger gleichzeitig – und hier werden dann Schwächen besonders deutlich, weil sie auch immer mehrfach auftreten – ein Spiel ist immer so gut wie sein schwächster Mechnaismus. Eine gut erzählte Geschichte, ein fundiertes Sachbuch verträgt auch ein paar schlechtere Seiten, in denen der Autor nicht in Form war – das ist 20 Seiten später wieder vergessen, wenn uns die Story mitreißt, wenn die Fakten wieder stimmen. Und es ist natürlich auch mehr Zeit vergangen – und Zeit heilt alle Wunden. Das aber ist beim Brettspielautor beim nächsten Spiel der Fall. Und so kann man da wieder hoffnungsvoll ein neues Kapitel der Ludografie aufschlagen. Während ein Autor, der ein komplettes Buch vergurkt, kaum auf Rehabilitation hoffen darf.

  • Vergleiche hinken war oft, aber ich würde Abrazzo im Prinzip zustimmen. Wir haben auf der Spieleautorentagung in Weilburg in einem Workshop zum Thema „Der Autor und sein Spiel“ festgestellt, dass ein besonderes Merkmal für Spieleautoren (in Abgrenzung zu anderen Autoren) ist, dass sie inter/aktive Erlebnissspielräme bieten und in ihrem Regelwerk jede mögliche Variation im Spiel vorhersehen müssen, damit ein Spiel befriedigend funktioniert. Der individuelle Spielraum unterscheidet sie auch von Entwicklern von digitalen Spielen, die dies zwar ebenfalls vorhersehen müssen, aber die Konsequenzen dann fest programmieren müssen. Hier ist der individuelle Spielraum also eingeschränkt.

  • […] bei Büchern oder bei Musik, z.T. auch bei Filmen orientiert man sich ja auch gerne bei Namen. Das gilt aber nur eingeschränkt für Spiele. Zwar haben bestimmte Autoren durchaus eine Handschrift (Martin Wallace, Stefan Feld oder Knizia […]