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Die 3 Meinungen

Ein alter Spruch lautet: „Es gibt nur zwei Meinungen: Meine und die Falsche!“

Ist natürlich Unsinn: Es gibt nämlich tatsächlich 3 Meinungen:

Meine, die Falsche, die ich aber noch irgendwie nach vollziehen kann und die echt ganz wirklich falsche.

Ein Beispiel: Es gibt Spiele die ich mag und solche die ich nicht mag. Von den letzteren gibt es eine ganze Reihe, bei denen ich nachvollziehen kann, dass jemand anders sie gut finden könnte: z.B. bin ich kein Freund von Doppelkopf. Da bin ich einfach zu Skat-verwöhnt, glaub ich. Aber natürlich: DoKo ist voll OK, ich kanns verstehen, wenns jemand gut findet. Oder Bluff. Gar nicht mein Ding. Aber gut, wers mag… (Als SdJ wars trotzdem ungeeignet… :-) )

Und dann gibt es noch eine Reihe von Spielen, bei denen ich beim besten Wissen nicht nachvollziehen kann, dass irgendjemand sie mögen könnte. Diese Spiele nenne ich „objektiv schlecht“, was natürlich eine irreführende Bezeichnung ist, denn die Güte eines Spieles lässt sich ja nunmal nicht objektiv messen. Aber seis drum: Die Bezeichnung kommt daher, dass ich viele Gründe angeben kann, warum partou niemand dieses Spiel gut finden kann. z.B. weil der Glücksfaktor nicht zur Spieldauer passt oder die Wertung am Ende völlig daneben ist oder, oder, oder…

Und dann lese ich irgendwo dass es tatsächlich Leute gibt, die das Spiel gut finden! Das kann doch nicht sein! Diesen unspielbaren Grind? Und dann womöglich noch Leute, aus der Szene, Leute, die es besser wissen müssten? Wie kann das gehen?

Nun, rein nüchtern betrachtet sollte es nicht überraschen, dass andere Leute auch mal ne Meinung haben können, die für mich nicht nachvollziehbar ist – Immerhin gibt es auch Leute, die glauben Homeopathie würde funktionieren oder die davon überzeugt sind, der unsichtbare Planet X würde auf die Erde zurasen und die Erdachse so bewegen, dass der Tag auf der Südhalbkugel bereits 30 Stunden dauert (Das ist kein Scherz – Googelt mal Nibiru).

Und genauso wie man als aufgeklärter Mitbürger weiß, dass die Nibiru-Geschichte Unsinn ist, weiß man, dass die eigene Meinung die einzig wahre ist und betreibt Ursachenforschung: Warum irrt der andere?

Ein schönes Argument las ich neulich auf Boardgamegeek: König von Siam ist in Wirklichkeit ein schlechtes Spiel, nur bemerken dies die meisten Leute nicht, da die Mechanismen den Spieler austricksen und glauben machen, ihm gefalle das Spiel, obwohl das gar nicht stimmt. Der Spieler glaubt also nur, ihm mache das Spiel Spass! Gut, dass der Poster das gemerkt hat, ich wäre niemals auf die Idee gekommen, sowas wäre überhaupt möglich! (Und ist das nicht eine herrliche philosophische Frage: Kann man glauben, man hätte Spaß, ohne dass das stimmt?)

Ein anderer Argumentationstyp ist die Objektivität des anderen in Zweifel zu ziehen: Ist der andere vielleicht Spieleautor? Ah, ja dann, schleimt der sich nur bei den Verlagen ein, damit diese seine Spiele veröffentlichen! Nein, kein Autor? Na, aber dann hat der bestimmt ne Webseite und geiert nach Rezensionsexemplaren! Oder er will demnächst eine Webseite eröffnen. Oder er würde zumindest gerne mal von irgendjemanden ein Spiel geschenkt bekommen oder so. Die Jury ist auch doof (Das ist auch immer gut, wenn man nicht mehr weiß was man sagen -oder in seinem Blog schreiben – soll, immer die Diskussion auf die Jury lenken. Klappt immer).

Der Nachteil dieses Arguments: Es wird sehr deutlich dass man keine Ahnung hat, wie die Szene funktioniert. Jedenfalls dürfte ein Verlag niemals ein gutes Spiel ablehnen, nur weil der Autor in einem Forum mal geschrieben hat, er fände ein anderes Spiel aus dem Verlagsprogramm doof. Geschweige denn, dass dieser Verlag ein schwaches Spiel produziert, weil der Autor ein anderes Spiel gelobt hat. Macht kein Verlag! Glaubts mir, ich habs probiert!

Viel einfacher wäre es, wenn alle meiner Meinung wären. Dann gäbs keinen Streit und ich hätte immer Recht. Wäre ein gutes Gefühl. Aber auch etwas langweilig…

ciao

peer

Peer Sylvester
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6 Kommentare

  • Jeder hat das Recht auf MEINE Meinung ;-)

    Mensch Peer, du musst die ironischen Teile deiner Texte doch als solche markieren. Wenn du das nicht tust, musst du dich über solche Reaktionen nicht wundern ;-)

  • Hi Peer,

    das ist ja mal wirklich eine nette und fundierte Meinung und ich gebe Dir wahrlich in allen Belangen Recht. Letztlich bleibt für mich der Schluss, dass es eine wirklich objektive Meinung nicht gibt. Als Verleger kann man nur versuchen die Gruppe der subjektiv positiven Meinungen so groß wie möglich zu halten, um den wirtschaftlichen Erfolg des Spiels zu gewährleisten. Es wird immer Personen geben, die mit dem oder das nicht zufrieden sind. Wenn die Anzahl dieser Personen allerdings größer ist, als die der Leute die ein Spiel mögen, dann hat man wie Du schreibst eher ein schlechtes Spiel produziert.

    Und was bleibt? Es bleibt das Raten was richtig ist und das Versuchen ob es gelingt. ;)

    Gruß
    Michael Weyermann

  • […] Eine neue Rezi gibt es: Takenoko. Und damit auch die Frage, ob der (vom Spiele-Veteranen Winnie Forster geprägte) Begriff “Graphikblender” auf Computerspiele beschränkt sein sollte   Aber vielleicht ist das auch nur meine Wahrnehmung… […]

  • […] aber akzeptieren kann, dass es anderen anders geht, ist die Kritik nicht so hart (und schon wieder dieser Link). Zweitens ist bei einer Spielebetrachtung immer der Verlag mit im Boot. Enthält ein Spiel […]