spielbar.com

Ähnlichkeiten wären rein zufällig

Vergleiche zwischen Spielen gibt es seit Anbeginn der Zeit. Bereits die Römer hatten Mühle als Backgammon-Clon abgetan. Und mich würde nicht wundern, wenn die Ägypter das Spiel von Ur gesehen haben und sich gedacht haben: „Das ist ja wie Nilopoly!“.

Doch es gibt Vergleiche die immer wieder auftauchen, ohne dass ich den Autoren „hirnloses Nachplappern“ attestieren könnte. Aktuelle Beispiele sind „Arcana bzw.Fürstenfeld sind Dominion-Varianten“ , „7 Wonders ist wie Fairy Tale“ oder „König Arthus und die Tafelrunde sieht aus wie Die Tafelrunde“. Aus pädagogischen Gründen ergänze ich diese Liste noch um ein Beispiel: Die Westpark Gamers berichten über den Test eines Prototypen, bei dem Bäume im Schwarzwald gefällt werden und ein Kommentar verglich das gleich mit „Die Flößerei“ von eggertspiele. Wie kommt es zu diesen Vergleichen?

Nun imho gibt es drei Arten von Ähnlichkeiten:

1) Echte Ähnlichkeit: Die Spiele sind tatsächlich ähnlich, siehe Bisikle und Carabande.

2) Strukturelle Ähnlichkeit: Die Spiele sind eigentlich von Thema und Mechanismus her unterschiedlich, das Spielgefühl ist aber ähnlich. Beispiele sind z.B. viele Kartenversteigerungsspiele oder die „Geschichtenerzählspiele“. Diese Ähnlichkeit kommt natürlich daher, dass man mit unterschiedlichen Regeln ähnliche spielerische Effekte erzeugen kann. Es ist mehr eine „Bauchgefühlähnlichkeit“, aber letztlich ist das ein Problem, gerade bei einfachen Spielen: Ähnliche Regeln können ganz unterschiedliche Spielverläufe ergeben (Bei Skat spielen sich etwa Grand und Ramsch völlig unterschiedlich, obwohl die Regeln bis auf die Punkteregelung gleich sind) und unterschiedliche Regeln können einen ähnlichen Spielverlauf erzeugen (etwa Anno Domini und -ich glaube es hieß so, ich hoffe ich verwechsel es nicht – Timeline, wobei erstes sich aufgrund deutlich einfacherer Regeln durchgesetzt hat).

3. Gefühlte Ähnlichkeit. Und da sind wir bei den obigen Beispielen.

Was haben 7 Wonders und Fairy Tale eigentlich wirklich gemein? Bei beiden gehen Karten rum, aus denen man sich eine nimmt und den Rest weitergibt. Nun spielt man die ausgesuchte Karte bei 7 Wonders sofort aus, während man sie bei Fairy Tale erst einmal auf der Hand behält. Die FT-Karten werden erst in einer zweiten Phase nacheinander und gleichzeitig (wie bei 7W) ausgespielt. Diese Phase gibt es bei 7W so nicht. Und bei FT behält man Karten auf der Hand, man kann also dem anderen Karten vorenthalten ohne sie selbst spielen zu müssen, was bei 7W auch nicht geht. Vor allem sind aber auch die Karten selbst völlig anders: Bei 7 Wonders baut man auf und -Rohstoffe vorrausgesetzt – kann auch alles bauen, was man will. Bei Fairy tale legt man zwar auch Karten raus, aber oft mit dem Ziel Karten bei Mitspielern zu verhindern. Bleibende Effekte wie bei 7 Wonders gibt es hier (fast) nicht: Es geht nur um Punkte und darum, welche gegnerische Karten deaktiviert (bzw eigene aktiviert) werden. Im Prinzip sind die beiden Spiele nicht ähnlicher als jedes mit Notre Dame, das ja ebenfalls einen Draft-Mechanismus benutzt (man könnte auch sagen sie sind so unterschiedlich wie Favoriten und Mensch-Ärgere -Dich-Nicht, beides Würfellaufspiele).

Warum nun der Vergleich: Wir haben in beiden Fällen einen sehr typischen und relativ seltenen Kernmechanismus: Den Draftmodus. Zudem werden in beiden Spielen Karten gleichzeitig gespielt. Das macht schon zwei typische Mechanismen. Und das scheint zu reichen. Bei Arcana/Dominion reicht schon ein Mechanismus: Das Karten in ein Deck kommen und dieses dann immer wieder verwendet wird, also ein Deckbaumechanismus. Das Arcana ansonsten komplett anders funktioniert ist nebensächlich: Je prominenter ein bestimmter Mechanismus ist, desto eher werden Spiele, die etwas ähnliches machen als „ähnlich“ wahrgenommen. Spiele mit bekannteren Mechanismen werden nicht miteinander verglichen – siehe die vielen Aufbauspiele, bei denen es aber nie heißt: A ist ja wie b! Das hat gewisse Probleme. Denn ein Spiel, dass jetzt ein Draft-und-gleichzeitig-Ausspielen-Mechanismus verwendet wird zwangsläufig mit 7 Wonders verglichen werden -egal wie sich das Spiel ansonsten ähnelt oder unterscheidet. Erst wenn der Draft-Modus verbreitet genug ist, wirds vermutlich aufhören. Das konnte man gut bei El Grande beobachten: Die erste Welle von Mehrheitenspiele wurden noch mit El Grande verglichen (bei Faidutti heißt es heute noch „El Grande and its followers“), mittlerweile redet man nur noch von „Mehrheitenspielen“. Ähnlich war die Lage bei Worker Placementspielen und Caylus. Ich propheziehe dass es bei Deckbau- und Draft-Spielen ähnlich zugehen wird (insbesondere wenn strukturell komplett unterschiedliche Spiele mit diesen Mechanismen erscheinen).

Und genau wie ein prominenter Mechanismus ausreicht, um gefühlte Ähnlichkeit herbeizuführen, so reicht ein prominentes Thema: Das zeigt z.B. das Westpark-Gamers-Beispiel. Sicherlich werden bei beiden Spielen Bäume gefällt und mit Flüssen transportiert – aber das bedingt ja das Thema! Genauso könnte man behaupten zwei Autorennspiele wären paktisch gleich, weil Regeln bzgl. Kurvendrift und Windschatten vorkommen. Zooloretto wurde damals mit Zoosim verglichen, obwohl die Spiele außer dem Thema schlicht gar nichts gemein haben. Aber: Zoospiele sind selten. Turmbauspiele sind häufig und darum vergleicht niemand Firenze mit Asara.

Und beim kommenden Alea-Spiel „König Arthus und die Tafelrunde“ haben wir zwar kein ganz ungewöhnliches Thema (Tafelrunde) und keinen ganz ungewöhnlichen Mechanismus (Punktwert hängt von der Position des Tisches ab), aber diese Kombination gab es eben schon in einem anderen Spiel (Tafelrunde). Hinzu kommt, dass man sonst eben wenig über das Spiel weiß. Daher konzentriert sich der Eindruck auf diese Ähnlichkeit (wobei wohl niemand behauptet, das eine wäre vom anderen inspieriert).

Fassen wir also zusammen: Ein Spiel, dass mit der Masse schwimmt, was Thema und Mechanismus betrifft, wird eher selten mit einem anderen Spiel verglichen. Ein Spiel das völlig neuartig in beiden Bereichen ist auch nicht. Wer aber einen Mechanismus oder ein Thema verwendet, dass es nur 1 oder 2 mal gab, der muss sich darauf einstellen, dass sein Spiel ungerechtfertigt verglichen wird. Weniger Ähnlichkeiten sind in diesem Fall anscheinend mehr…

ciao

peer

Peer Sylvester
Letzte Artikel von Peer Sylvester (Alle anzeigen)

5 Kommentare

  • Oft werden schon seltsam rasch „Paralleln“ entdeckt. Dass sich der Tisch beim neuen „König Artus“ von Kramer / Kiesling sich eben mit dem platzwechselnden König mitdreht und so die Wertungen aller anderen Herumsitzer verändert, ist genau der Kern, nicht das bloße im Kreis sitzen.

    M.E. kommt es schon sehr darauf an, worin der Kern eines Spieles besteht, nicht auf äußerliche Ähnlichkeiten.

    Und dann gibt es natürlich noch (leider) den Grenzbereich zum Plagiat.

    „Timeline“, das gerade bei Hazgaard erscheint / erschienen ist, geht so:
    – Die Spieler bekommen Karten, auf denen vorne ein geschichtliches Ereignis genannt (und abgebildet) ist, aber keine Jahreszahl dazu. In die Mitte des Tisches kommt ein Startereignis. Nun legt jeder Spieler reihum eine seiner Karten an, je nachdem, ob sein Ereignis vorher oder nachher stattfand – oder auch zwischen zwei bereits ausliegenden Ereignissen. So baut sich die Linie weiter fort.
    Es gibt verschiedene kleine Schachteln zu verschiedenen Themen wie „Erfindungen“ … Moment. Kennen wir das nicht schon?
    Am Stand in Nürnberg sprach ich den Erklärer auf „Anno Domini“ an. Jaja, meinte der, ABER 1. werde hier gleich nach Anlegen gelüftet, ob der Spieler Recht hat oder nicht und nimmt entsprechend als Strafe eine weitere Karte auf die Hand oder eben nicht und 2. habe „Timeline“ jetzt ganz tolle Illustrationen.
    Aha.
    Das heißt, eine Regel weglassen, die im Grunde den Spielreiz ausmacht, heißt schon ein neues Spiel erfunden zu haben. Kein Bluffen, keine wachsende Spannung, ob die ganze Linie stimmt – bloßes Legen und checken. Oh, wie öde.
    Irgendwie kommt das in letzter Zeit gefühl häufiger vor …
    Ich bringe nächstes Jahr „King of Thai“ raus – im Prinzip wie „König von Siam“ ABER ohne Engländer! Und außerdem hat jeder Spieler 9 Karten statt 8. Und viel hübschere! Ich habe da auch schon einen französischen Verlag, der Interesse hat … ;-)

  • Ja Timeline ist wieder so ein Beispiel für strukturelle Ähnlichkeit: Das Regelset nicht gleich, aber der Effekt ist es (wobei es vermutlich sogar schwächer ist als Anno Domini, aber dazu müsste man es spielen).

  • Ob man in 5 Jahren von Timeline noch sprechen wird? Me toos verschwinden ja schneller als die Originale.

  • Als derjenige, der hier direkt angesprochen wird (von mir kam der Vergleich bei den Westpark Gamers) möchte ich hier noch ein paar Dinge ergänzen .Der obige Text hat bezüglich dieser Vergleiche nämlich einen eher negativen Tenor à la: „Kaum haben zwei Dinge eine Winzigkeit gemeinsam, schon kommt irgendjemand daher gerannt und behauptet, es handle sich um identische Spiele“.

    Zum einen ist es meiner Meinung nach nicht automatisch so, dass ein gleiches Thema auch gleich einen ähnlichen Mechanismus bedingt. Im Falle der beiden Tafelrunde-Spiele war es aber zumindest so, dass mehrere mir bekannte Personen unabhängig voneinander nach Erklärung der grundlegenden Mechanismen des Alea-Spiels in Nürnberg spontan gesagt haben, „Das ist ja wie…“. So weit hergeholt scheint ein solcher Vergleich also nicht zu sein. Zumindest auf theoretischer Basis, d.h. ohne das Alea-Spiel gespielt zu haben.
    Was spräche denn dagegen, das Tafelrunden-Thema ganz anders anzugehen, anstatt mit irgendwelchen Wertungen links und rechts des Königs und ändernder Sitzreihenfolgen? Man könnte es z.B. als Erzählspiel bringen (Die Ritter erzählen von ihren Abenteuern). Aber nein, man hat einen Mechanismus aufgegriffen, der zum einen schon mal da war, und zum anderen gar nicht intuitiv, sondern möglicherweise völliger Käse ist (gemessen an der Realität: Ist es denn belegt, dass der Platz direkt rechts neben dem König der beste war, wogegen der links neben dem König die A-Karte hat?).

    Mein Vergleich bei den Westpark-Gamers dagegen hatte einen völlig anderen Hintergrund. Hier wurde ein Prototyp getestet, der ein bestimmtes Thema hat. Da ich nicht davon ausgehe, dass jeder Spieleentwickler jedes Spiel kennt, wollte ich (in Unkenntnis beider Spiele – habe keines der beiden selbst gespielt) einfach nur einen kleinen Hinweis geben: „Achtung, da gab’s schon was in die Richtung, kuckt es mal an, damit es kein Plagiat wird“.

  • Hallo Micha, nur zur Klarstellung: Ich wollte dich auf keinen Fall angreifen! Es passte als Beispiel sehr schön und ich hatte selbst in der Vergangenheit schon ähnliche Aussagen gemacht.
    Was König Artus betrifft, hast du vermutlich recht – ich verwende daher auch lieber etwas ungewöhnlichere Themen (die dann aber manchmal tatsächlich mit dem einzigen anderen Spiel mit demselben Them,a vergleichen werden)