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Live aus Costa Rica

Alle erwarten jetzt bestimmt wieder scharfsinnige Kommentare über den Deutschen Spielepreis von mir. Oder wenigsten über die Essener Feder. Nun ist es aber so, dass der DSP (wie immer) eigentlich wenig bis keine Überraschungen bereits hält:

  1. DOMINION von Donald Vaccarino (Hans im Glück) 4735
  2. LE HAVRE von Uwe Rosenberg (Lookout Games) 2559
  3. PANDEMIE von Matt Leacock (Pegasus Spiele) 2504
  4. FINCA von Ralf zur Linde und Wolfgang Sentker (Hans im Glück) 1695
  5. SMALL WORLD von Philippe Keyaerts (Days of Wonder) 1155
  6. VALDORA von Michael Schacht (ABACUSSPIELE) 1002
  7. DIAMONDS CLUB von Rüdiger Dorn (Ravensburger) 911
  8. IM WANDEL DER ZEITEN von Vlaada Chvátil (Pegasus Spiele) 718
  9. SHERWOOD FOREST von Nils Finkemeyer (eggertspiele) 679
  10. FAUNA von Friedemann Friese (Hutter Trade/Huch & Friends) 657

Allenfalls Sherwood Forrest überrascht, hat es doch in den einschlägigen Foren kaum die Präsenz gehabt, die für einen Top-Ten-Platz in der Regel nötig ist. Aber Spiele von eggert schneiden beim DSP eigentlich immer gut ab (Die Zielgruppen von DSP und eggert sind halt identisch) Was den Preisträger betrifft hätte wohl jeder vor der Bekanntgabe blind auf Dominion getippt (was auch bedeutet dass die Goldstrategie wohl in der Praxis tatsächlich kaum jemanden stört)

Über den Preisträger der Essener Feder kann ich auch nichts verlautbaren lassen, denn ich habe die Regel nie gelesen (mir wurde das Spiel erklärt). Generelles über den Preis (den ich für bedeutender halte als den DSP) habe ich bereits letztes Jahr geschrieben.

Also berichte ich mal über den Spielepreis in Costa Rica. Das ist wenigstens mal was originelles!

Nun kann ich über die Szene in Costa Rica nur weitergeben, was die Verantwortlichen schreiben: Sie steckt noch in den Kinderschuhen, Spieleverlage konzentrieren sich auf Klone bekannter Spiele (wie Monopoly), in der Öffentlichkeit sind Brettspiele bestenfalls Kinderspiele und schlechtestenfalls nicht vorhanden. Doch es gibt begeisterte Brettspieler, die das Hobby fördern wollen.

Und womit ginge das besser als mit einem Spielepreis, um die Öffentlichkeit auf gute, originelle Spiele aufmerksam zu machen? (In Deutschland hats ja wohl geklappt) Gesagt getan und die ersten Nominierungen sind:

  • Agricola, by Uwe Rosenberg (HomoLudicus)
  • Duel of Ages, by Brett G. Murrell (Venatic Games)
  • Runebound, Second Edition, by Martin Wallace (Fantasy Flight Games)
  • Ticket to Ride: Märklin, by Alan R. Moon (Days of Wonder)

Nun die Frage an den Leser: Sind diese Spiele geeignet, die Ziele der Jury (Bessere Verbreitung von Spielen, Aufmerksamkeit der Normalverbraucher auf gute Spiele zu lenken) geeignet?

Es sind alles sicherlich gute Spiele, aber wie bei vielen ambitionierten Projekten gehen auch hier Fragestellung und Aktion in verschiedene Richtungen. Immerhin gibt es eine solche, nicht selten wird schließlich erst einmal irgendwas gemacht, ohne dass die Macher sich selbst darüber im Klaren sind, was sie eigentlich erreichen wollen. Sicherlich lebt die Szene von den Hobbyasten (bin ja auch einer), aber bevor man anfängt, sollte man rudimentäre Vorstellungen haben, was man erreichen will. Aber Spiele zu nominieren, die einem gefallen, ist nicht immer angebracht…

Bei Spielepreisen gibt es generell zwei Ansätze: Man möchte bestimmte Leute ehren (der „Echo“-Musikpreis ist ein gutes Beispiel – der geht immer an die Künstler mit den besten Verkaufszahlen. Der Australische Spielepreis folgt ähnlichen Kriterien) oder man möchte Leute auf bestimmte Spiele aufmerksam machen (wie beim SdJ). Ist letzteres das Ziel sollte man die Nominierten den Leuten anpassen, sonst geht der Preis an der Zielgruppe vorbei. Und das ist hier klar geschehen – bei den Nominierten handelt es sich ausnahmslos um Vielspielerspiele, die wohl kaum dazu geeignet sind von absoluten Nichtspielern auf Anhieb erfasst zu werden. Aber das ist keine Schande; Der Österreichische Spielepreis schwankt auch ein bisschen zwischen „Empfehlungspreis“ (Kategorien) und „Ehrungspreis“ (Hauptpreis für ein Konzept, nicht unbedingt für ein geeignetes Spiel). Der DSP fällt klar in die Kategorie Ehrenpreis, denn ein Spiel, dass eine Wahl gewinnen will, muss per Definition bereits bei der Zielgruppe bekannt sein.

Was übrigens auch der Grund ist, warum der DSP außer Kopfnicken selten größere Reaktionen bei der Szene hervorruft. Den Verlagen und Autoren seis gegönnt, mich interessiert er allerdings nicht (es sei denn, ich gewinne ihn mal, aber das ist z.Z. wohl eher unwahrscheinlich ;-) )

ciao

peer

Peer Sylvester
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3 Kommentare

  • Naja, ob das SdJ wirklich nur auf das Spiel aufmerksam machen will und nicht bestimmte Personen ehren will, ist fraglich. Nehmen wir z.B. „Keltis“. Reiner Knizia hat vorher noch nie ein SdJ gewonnen, er „hat’s wohl mal nötig gehabt“. Und, ganz ehrlich, das gelbe vom Ei ist Keltis nun wirklich nicht. Wenn es wirklich darum gegangen wäre, auf ein gutes Spiel aufmerksam zu machen, hätte „Stone Age“ SdJ werden müssen. Viele Spieler bezeichnen ja im Nachhinein „Keltis“ als das schlechteste SdJ überhaupt, bei hall9000 wurde es gar „Flop des Jahres“. Spricht nicht unbedingt dafür, dass die Jury auf das Spiel aufmerksam machen wollte…

    Ähnlich sehe ich es bei „Thurn & Taxis“, das zwar deutlich besser ist, als „Keltis“, aber wo Gloria von Thurn und Taxis bestimmt ein ernstes Wörtchen mitzureden hatte…;-).

  • Ich will keine SdJ-Debatte anfangen, aber was Vielspieler meinen ist doch ziemlich unerheblich ;-) Ixh hätte auch lieber Stone Age gesehen, aber zumindest bei meinen Eltern und Schwester kam Keltis besser an. Und wurde sogar als bestes SdJ seit Alhambra gekührt. Kann man also so und so sehen.

    Aber wen Gloria v. Thun & taxis beeinflusst haben soll (und warum und wie) versteh ich gar nicht. Ich bin kein fan des Spieles – beileibe nicht – aber es war insgesamt ein schwacher Jahrgang.